Kommentar
11:29 Uhr, 21.10.2008

Staatliche Rettungspakete sollen Finanzkrise eindämmen

In der abgelaufenen Woche machten die internationalen Börsen eine wahre Achterbahnfahrt durch. Die Regierungschefs der EU konnten sich am vorangegangenen Wochenende (11./12. Oktober) darauf einigen, dass jeder Mitgliedsstaat ein eigenes Rettungspaket für seine heimischen Banken auflegt. Auf diese Nachricht hin beruhigten sich die Börsen am Montag und Dienstag und holten einen Teil der massiven Verluste der Vorwoche wieder auf. Doch bereits am Mittwoch gerieten die Sorgen um den offensichtlich nicht mehr aufzuhaltenden globale Wirtschaftsabschwung in den Vordergrund. Erst zum Ende der Woche beruhigte sich die Situation etwas. Per Saldo legten die Aktienmärkte mit Ausnahme der Emerging Markets wieder leicht zu.

Weltweite Achterbahnfahrt an den Aktienmärkten

Auf dem eiligst einberufenen Treffen der europäischen Regierungschefs wurde am Sonntag, dem 12. Oktober, eine konzertierte Aktion zur Stabilisierung der schwer angeschlagenen europäischen Finanzmärkte bekannt gegeben. Auf diese Neuigkeiten hin erholten sich die internationalen Börsen am Montag und Dienstag deutlich. Am Montag stieg der Dax beispielsweise um 11,4 Prozent, dem höchsten Tagesanstieg seiner Geschichte. Doch schon am Mittwoch und Donnerstag ging es nach der Veröffentlichung erneut schwacher US−Wirtschaftsdaten wieder spürbar bergab. So ist im Oktober in Amerika das Verbrauchervertrauen regelrecht eingebrochen und die Zahl der Baubeginne auf den tiefsten Stand seit Januar 1991 gefallen. Erst zum Wochenende hin beruhigte sich die Lage etwas, als Google unerwartet gute Ergebnisse präsentierte.

Angesichts dieses Aufs und Abs sind die Wertschwankungen an den Aktienmärkten auf ein historisches Hoch gestiegen. Denn nach dem ersten Aufatmen über das beherzte Eingreifen der Regierungen geriet bei den Anlegern die Angst vor einer weltweiten Rezession in den Vordergrund. Die seit Monaten anhaltenden Turbulenzen an den Kreditmärkten haben zweifelsfrei bereits auf die reale Wirtschaft übergegriffen. Privatleute und Unternehmen bekommen weniger beziehungsweise nur noch teure Kredite von den Banken. Besonders schwer wiegt jedoch die große Verunsicherung der Verbraucher, die angesichts der Hiobsbotschaften aus dem Banksektor Angst um ihre Ersparnisse und ihren Arbeitsplatz haben und ihren Konsum stark zurückgefahren haben.

Erste Anzeichen sind bereits in der Autoindustrie zu sehen. Bei vielen großen deutschen Autobauern wie Daimler oder BMW sind mittlerweile Produktionspausen eingeplant. Der im MDAX gelistete Automobilzulieferer Leoni hat in der letzten Woche bereits seine Ergebnisschätzungen zurückgenommen. Mit den sinkenden Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft geht auch eine rasanter Verfall der Rohstoffpreise einher. Insbesondere der Ölpreis hat sich seit seinem Höchstkurs im Juli auf aktuell rund 70 US−Dollar je Barrel Brent halbiert. Dies bekam in den letzten Tagen besonders die stark von den Ölnotierungen abhängige russische Börse zu spüren. Hier kam es letzte Woche zu einem wahren Ausverkauf, bei dem der Leitindex RTS um insgesamt 21 Prozent fiel.

Von Unternehmensseite kamen letzte Woche auch vereinzelt gute Nachrichten. So konnte Google den Q3−Gewinn deutlich erhöhen. Daraufhin stieg der Aktienkurs um rund 12 Prozent. Obwohl der Marktanteil von Nokia zuletzt leicht gefallen ist, kletterte die Aktie um 14 Prozent, denn nun hat die Steigerung der Profitabilität Vorrang vor dem Marktanteil. Dagegen musste das Internet−Auktionshaus Ebay seine Gewinnprognosen für 2008 zurücknehmen. Aufgrund der Verunsicherung der Verbraucher sind die Umsätze des dritten Quartals bereits rückläufig. Die niederländische ING Bank meldete für das dritte Quartal überraschend einen Verlust. Bislang konnte sich das Institut in der Finanzkrise recht gut behaupten.

Staatliche Rettungsaktionen allerorten

Am vergangenen Freitag, dem 17.10., verabschiedeten Bundestag und Bundesrat schließlich das Finanzmarkt−stabilisierungsgesetz, das bereits einen Tag später in Kraft trat. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern haben die Regierungen milliardenschwere Rettungspakete für ihre kriselnden Banken aufgelegt, da nur so ein Kollaps der international stark miteinander verwobenen Bankenbranche abgewendet beziehungsweise das Vertrauen in den Sektor wieder hergestellt werden kann. Der deutsche Staat hat sich also bereit erklärt, denjenigen Banken unter die Arme zu greifen, die Hilfe benötigen. Von dem bis zu 500 Mrd. Euro schweren Rettungsplan stehen 80 Mrd. als Eigenkapitalhilfe zur Verfügung.

Banken, die diese beanspruchen, müssen jedoch die Kröte schlucken, dass der Staat bei ihnen als Großaktionär einsteigt und auch entsprechende Mitspracherechte erhält. Vor allem stoßen sich viele Banker an der Regelung, dass das Gehalt der Manager und Aufsichtsräte bei 500.000 Euro gedeckelt werden soll. Wie viele Banken das staatliche Angebot tatsächlich in Anspruch nehmen werden, ist zurzeit noch offen, hängt aber nicht zuletzt davon ab, ob sie ihre Kernkapitalquote per Gesetz erhöhen müssen. Bislang hat nur die Bayern LB bekannt gegeben, dass sie die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen will, während die Deutsche Bank bereits abgewunken hat. Andere Institute denken noch darüber nach.

Ausblick

In der kommenden Handelswoche läuft die Berichtssaison für das dritte Quartal richtig an. Die Marktteilnehmer werden an den Unternehmensberichten ablesen können, ob die Gewinnschätzungen der Analysten schon ausreichend nach unten korrigiert wurden oder ob diese immer noch zu optimistisch ausfallen. Da viele europäische Autohersteller und mehrere Technologie− und Pharmaunternehmen berichten werden, wird sich das Bild bezüglich der wirtschaftlichen Situation dieser Branchen weiter aufklaren. Darüber hinaus bleibt die Frage, welche der deutschen Banken das staatliche Rettungspaket tatsächlich in Anspruch nehmen werden, ein Börsen bestimmendes Thema.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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