Kommentar
14:00 Uhr, 14.07.2011

Spekulation und Intuition - geht das zusammen?

Max Gunther, Autor der [Link "„Zürich-Axiome“" auf books.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar], stellte fest: Die Schweizer gehören zu den klügsten und besten Spekulanten der Welt – und orientieren sich dabei an Regeln, die als Zürich-Axiome bekannt wurden.
In einer
12-teiligen Serie behandeln wir im Traders Journal die Thesen Gunthers.
In der letzten Ausgabe haben wir über Mobilität geredet. Heute dreht sich alles um die Intuition.

Axiom 1 (Risiko): Hier
Axiom 2 (Gier): Hier
Axiom 3 (Hoffnung): Hier
Axiom 4 (Prognosen):Hier
Axiom 5 (Muster): Hier
Axiom 6 (Mobilität): Hier
Axiom 7(Intuition): Hier
Axiom 8 (Okkultes): Hier
Axiom 9 (Optimismus und Pessimismus): Hier
Axiom 10 (Konsens): Hier
Axiom 11 (Sturheit): Hier
Axiom 12 (Pläne): Hier

Axiom 7: Über Intuition - „Vertrauen Sie einer Ahnung, wenn Sie sie erklären können“.Intuition – ein auch abseits der Kapitalmärkte und der Spekulation hochinteressantes Thema, die Literatur dazu füllt Bibliotheken. Intuition hat viele Facetten und Ausprägungen, in unserem Zusammenhang ist sie in folgender Form interessant:

Sie haben bei einem Investment/einer Nachricht zu einer ihrer Aktien ein gutes/ungutes Gefühl, das sie zunächst nicht erklären können. Es ist einfach da, ein „Bauchgefühl“ wie man so schön sagt. Es kann z.B. sein, dass einige Faktoren FÜR ein Engagement in einem Wert sprechen (z.B. viele Empfehlungen in Magazinen) und Sie dennoch in sich eine Stimme hören, die sagt: Finger weg!

Intuition hängt eng mit dem Unterbewusstsein zusammen. Dieses ist ständig damit beschäftigt, Unmengen von Daten zu bearbeiten, auszuwerten, in Relation zu anderen zu setzen. Es bewältigt dabei eine Datenmenge, die ihr bewusstes Ich auf extreme Weise überfordern würde. Dazu gehört z.B. die Körpersprache bei Ihrem Gesprächspartner, oder bestimmte Formulierungen in Unternehmensmeldungen, die Ihnen bewusst nicht negativ auffallen. Der Körper macht etwas daraus – z.B. eben das ungute Bauchgefühl, ein sogenannter „somatischer Marker“. Der Körper signalisiert ihnen also im wahrsten Sinne „spürbar“, dass etwas nicht stimmt (oder aber auch auch sehr gut passt) – jedenfalls nach „Meinung“ des Unterbewusstseins. Nach Max Gunther gibt es nun drei Zugehensweisen zu diesem Phänomen:

- Spott: Diese Gruppe von Menschen sieht in Intuition Hokuspokus. Sie ignorieren sowohl die eigenen Ahnungen als auch die anderer, lachen sogar darüber und vertrauen nur „harten Fakten“.
- Unkritisches Vertrauen: Das genaue Gegenteil: Diese Gruppe vertraut praktisch nur dem eigenen Gefühl
- Kritischer Gebrauch: Gunthers Herangehensweise. Hier geht es um die Nutzung der Intuition als hilfreiches Werkzeug. Allerdings sollte sie kritisch hinterfragt werden.

Konkret rät Gunther, bei Auftreten einer intuitiven Ahnung intern und extern nachzuhaken, was dahinterstecken könnte. Denn während die Intuition zweifellos dem Unterbewusstsein zuzuordnen ist, bedeutet dies nicht, dass es unmöglich ist bewusst herauszufinden, was der Grund für dieses oder jenes Gefühl ist. Wenn Sie also ein ungutes Gefühl bei einem Unternehmen/Manager/einer Immobilie haben, dann sollen Sie laut Gunther dieses Gefühl weder als alleinige Basis ihrer Entscheidung nutzen noch es komplett verwerfen – es sollte Ausgangspunkt näherer Untersuchungen sein. Wenn dieses Untersuchungen ihr Gefühl in der Tendenz bestätigen, dann gab es eine „reale Basis“ für die Intuition. Es kann aber auch sein, dass dies gar nicht der Fall war.

Stellen Sie sich z.B. folgendes vor: Sie haben bei einer Person ein ungutes Gefühl, können sich aber zunächst nicht erklären woran es liegt. Dann fangen Sie das Überlegen an: Dabei fällt Ihnen ein, dass Sie einst einen Betrüger kannten, der der Person ähnlich sieht! Das ist eine wahrscheinliche Erklärung für Ihre Intuition - Es macht also in diesem Fall Sinn, sie zu ignorieren.

Anderes Beispiel: Die Pressemitteilungen eines Unternehmens, dessen Aktien Sie halten, erzeugen in Ihnen ein komisches Bauchgefühl. Das nutzen Sie für Nachforschungen. Dabei finden Sie heraus, dass ähnlich platte Formulierungen oft von Unternehmen verwendet wurden, bei denen es in Wirklichkeit nicht gut lief. Ihre Intuition hatte eine reale Grundlage und hat ihnen einen wertvollen Dienst geleistet. Dieser Intuition sollten Sie folgen!

Nebenaxiom XI: „Unterscheiden Sie zwischen Ahnung und Hoffnung“

Zu intensives Wünschen kann dazu führen, dass man sich Dinge einredet. Wenn Sie z.B. gerade ein Investment eingegangen sind und Sie DANN auf einmal positive Ahnungen beschleichen, seien Sie vorsichtig! Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Wunsch Vater des Gedankens ist. Andersherum sollten Sie negative Intuitionen dann umso ernster nehmen. Sie kaufen eine Aktie, sie fällt, Sie haben ein schlechtes Gefühl. Wahrscheinlich zu Recht!

Fazit:

- Es ist sowohl ein Fehler, Ahnungen grundsätzlich nicht erst zu nehmen als auch ihnen vorbehaltlos zu vertrauen
- Intuition kann ein mächtiges Werkzeug sein, wenn man es mit Vorsicht und Skepsis einsetzt
- Unterziehen Sie starke Ahnungen einem Test
- Vertrauen Sie der Ahnung nur, wenn Sie diese nach dem Test erklären können
- Verwechseln Sie nie Ahnungen mit Hoffnungen

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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