Kommentar
11:20 Uhr, 14.12.2011

S&P - We are Standard, you are the Poors

Die Börse ist eigentlich grundsätzlich nichts für Menschen mit schwachen Nerven, aber was man seit der Finanzkrise durchstehen muss, verlangt einem doch einiges ab. Das ist wohl die Fleisch gewordene Definition eines Wechselbads der Gefühle. Am Freitag bejubelt die Börse noch die Ergebnisse des Euro-Gipfels, am Montag kommen dann die Rating-Agenturen und sind „nicht zufrieden“. Da muss man sich schon fragen mit welchem Maß gemessen wird, wenn die Staaten sich zu einem – im Verhältnis zu den USA geradezu extremen – Sparkurs verpflichten, dies aber in keiner Weise anerkannt wird.

Dennoch bin ich mit der Kritik an den Agenturen sparsam, denn im Endeffekt muss man das als freie Meinungsäußerung ansehen. Die Tatsache dass es tatsächlich mehr darstellt, haben die Regierungen zu verantworten. Denn sie haben das Rating der „großen Drei“ derart gesetzlich verankert, dass Fonds, Banken und Versicherungen es beachten MÜSSEN. Wen man also eine „Entmachtung“ der Ratingagenturen erreichen will, muss man die entsprechenden Gesetze ändern - so einfach ist das. Absolut daneben sind allerdings Forderungen die darauf abzielen, den Agenturen in bestimmten Phasen zu verbieten, ein Rating auszusprechen. Das ist geradezu lächerlich.

Am Ende entscheiden die Marktteilnehmer, welchen Einschätzungen – und Ratings sind nun mal nichts anderes – sie vertrauen. Die Regierungen haben lediglich dafür zu sorgen, dass niemand an bestimmte Ratings gebunden wird. Auch eine europäische Agentur macht nur unter dieser Einschränkung Sinn. Wenn das Diktat der US-Agenturen ersetzt wird durch ein Sufflieren von europäischer Seite, dann ist nichts gewonnen.

Fonds, Banken und Versicherungen beschäftigen ohnehin immer eigene Spezialisten, die durchaus in der Lage sein sollten, Risiken einigermaßen einzuschätzen. Ich sage einigermaßen, weil übertriebene Genauigkeit eigentlich albern ist. Was soll denn der faktisch-praktische Unterschied sein zwischen einem AAA und einem AA+? Wenn man dann noch bedenkt, dass die „besicherten Wertpapiere“, welche die erste Finanzkrise 2008 mit auslösten, Topratings erhielten…

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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