Kommentar
18:47 Uhr, 11.01.2018

So extrem ist die Risikofreude derzeit!

Anleger kennen derzeit nichts. Sie kaufen alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Das ist mindestens bedenklich.

Die Risikofreude kennt derzeit keine Grenzen. Das gilt nicht nur für den Aktienmarkt, wo Anleger in nie dagewesenem Ausmaß auf Kredit spekulieren. In den USA erreicht die Margin Debt inzwischen fast 600 Mrd. Dollar.

Aktien sind nicht die einzige Anlageklasse, die von großer Risikofreude profitiert. Allen voran kann man Kryptowährungen nennen. Dort geht es bunter zu als zu den besten Tagen des Neuen Marktes. Immerhin besteht die Chance, dass man irgendeinen Coin kauft, der das nächste Amazon wird.

So viel Hoffnung darf man sich andernorts nicht machen. Trotzdem sind Anleger ganz wild auf diese Anlage. Es geht um Anleihen und zwar Anleihen aus Griechenland. Die Rendite für zweijährige Anleihen ist inzwischen tiefer als die von US-Papieren. Noch vor zwei Jahren rentierten die griechischen Anleihen bei fast 20 %. Das hatte einen Grund.


Die Gründe gibt es immer noch. Griechenland ist bankrott und hält sich nur mit dem Geld des Internationalen Währungsfonds und des Eurorettungsschirms über Wasser. Das Hilfspaket endet in diesem Jahr. Griechenland muss also demnächst wieder an den Kapitalmarkt.

Kurzfristige Schuldscheine platzierte Griechenland auch in den vergangenen Jahren. Papiere mit wenigen Wochen Laufzeit sind kein großes Problem. Schwieriger ist es, langfristige Anleihen zu tragbaren Zinsen unterzubringen. Zumindest war das viele Jahre lang schwierig. Die Rendite für 10-jährige Anleihen ist so niedrig wie zuletzt 2005.

Anleger reißen sich griechische Anleihen auf dem Sekundärmarkt praktisch aus der Hand. Das ist ein klares Zeichen der Euphorie und vollkommener Ignoranz gegenüber jeglichem Risiko. Die Lage stabilisiert sich zugegebenermaßen. Der Einkaufsmanagerindex ist so hoch wie seit 10 Jahren nicht mehr (Grafik 2). Das ist ein gutes Vorzeichen für höheres Wachstum.

Ein bisschen Wachstum löst die Probleme nicht. Zudem wäre es nicht das erste Mal, dass Griechenland an den Kapitalmarkt zurückkehrt und dann den nächsten Bailout braucht. Hält das Wachstum an und beschleunigt sich, ist Griechenland vielleicht, aber auch nur vielleicht in der Lage, auf eigenen finanziellen Beinen zu stehen. Kommt es in Europa zu einem Abschwung, dann sind griechische Anleihen praktisch sofort wieder wertlos.

Ich selbst spekuliere schon eine ganze Weile auf einen Rebound in Griechenland. Ich tue dies allerdings nicht mit Anleihen, sondern mit Aktien. Dahinter steht zumindest ein gewisser Wert. Hinter Anleihen steht ein Versprechen, welches ohne Rettungspaket und dem kleinsten Anzeichen eines Abschwungs nicht mehr zu halten ist.

Griechenland für 1,5 % für zwei Jahre Geld zu leihen ist so, als ob man einem Bekannten Geld leiht, dessen Haus zu 175 % belehnt ist, sonst kaum Assets hat und das monatliche Gehalt nur ausreicht, weil die Bank die Zinsen stundet. Das ist bei allen positiven Signalen, die es in Griechenland gibt, einfach nur Wahnsinn.

Vielleicht hat das nichts mit dem allgemeinen Marktumfeld zu tun. Vielleicht ist es aber auch Ausdruck überbordenden Selbstbewusstseins der Marktteilnehmer, die den Eindruck haben, dass einfach nichts mehr schiefgehen kann.

Clemens Schmale

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

6 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • netzadler
    netzadler

    solange Wohlstand in geldeinheiten gemessen wird, gibt es keinen echten fortschritt

    10:08 Uhr, 15.01.2018
  • Zukunft21
    Zukunft21

    es wird ein schlimmes Ende nehmen was hier an den Finazmärkten an irrationalität abgeht.

    Holzauge sei Wachsam kann man hier nur jedem mit auf den Weg geben.

    Wehe wenn das Dilemma los geht......

    17:04 Uhr, 12.01.2018
  • Hoeli
    Hoeli

    Wahnsinn! Einfach nur Wahnsinn, was aktuell auf den Märkten - allen Märkten - passiert.

    Man verleiht weiter Geld an ein Land, das die Stundung der in der Vergangenheit geliehene Mittel verlangt. Einfach nur irre.

    Aber....alles hausgemacht. Hätte man früher angefangen diese wahnsinnige Geldschwemme zurückzufahren, dann wären die Verhältnisse heute sicher etwas normaler. Das Geld, welches denen. die so oder so schon genug haben, hinterher geworfen wird, muss ja irgendwo hinfließen.

    Traurig! Aber die Untertasse der Geld-Elite hat sich leider vom Mutterschiff gelöst und wird erst wieder andocken, wenn das Chaos, das demnächst ausbricht, wieder einigermaßen eingedämmt ist.

    19:36 Uhr, 11.01.2018
    1 Antwort anzeigen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten