Kommentar
08:48 Uhr, 29.07.2016

So bärisch sehen Credit-Suisse-Trader jetzt den Markt

Fast ungläubig schauen die Trader bei der schweizerischen Bank Credit Suisse auf das Kursgeschehen an der Wall Street. Obwohl der S&P 500 seit mehreren Tagen technisch „einfach nichts tut“ (Zitat CMC-Markets-Elliottwellen-Analyst Konstantin Oldenburger), ist der Ausbruch auf neue Rekordhochs als valide zu bezeichnen.

Dass sich die bärische Stimmung hält, ist aus antizyklischer Sicht ein gutes Zeichen.

Die Credit Suisse hat gestern die Ergebnisse einer spannenden Befragung veröffentlicht. Sie haben ihre aktiven Trader gefragt, wie sie die Märkte derzeit einschätzen und sind zu dem Ergebnis gelangt, dass sie sie kaum jemals in der Vergangenheit so bärisch erlebt hätten wie dieses Mal. Deshalb sind die Credit-Suisse-Trader so skeptisch:

  • Vielen sind Aktien aus fundamentaler Sicht schon zu teuer, in absoluten Begriffen also, wenn man sie nicht mit Anleihen, die durch die Zentralbanken verzerrt sind, bewertet. Das KGV liege tatsächlich 28 % über seinem 50-Jahresschnitt, wenn man das Shiller-KGV heranziehe dann könne man feststellen, dass es sogar 33 % über seinem 50-Jahresschnitt liege.
  • Gleichzeitig haben Firmen gerade in den USA wegen dem guten Arbeitsmarkt immer weniger die Möglichkeit, bei Neuanstellungen viel Druck auf die Gehälter zu machen, was den Schluss nahelege, dass der Höhepunkt der Gewinnentwicklung bei den Firmen jetzt schon erreicht ist.
  • Das US-Wachstum zeige sich weiterhin durchwachsen, heißt es bei der Credit Suisse weiter, und die chinesische Regierung gebe zwar offiziell vor, ihre Volkswirtschaft neu auszurichten, tut aber in der Realität herzlich wenig, um das zu erreichen. Vielmehr versuche China durch die Abwertung des Renminbi, der seit Jahresbeginn bereits 2,6 % gesunken sei, einen Vorteil auf dem Exportmarkt zu erlangen.
  • Sollte sich die Konjunktur ernsthaft abkühlen würden die Zentralbanken und Regierungen mit dem Rücken zur Wand stehen und hätten nur noch wenig, was sie einer Wachstumsschwäche entgegen setzen könnten.
  • Außerdem hätten sich viele Trader auf das abnormal hohe politische Risiko bezogen, was zu mehr Protektionismus führe, dem Wunsch, Immigration zu verringern und Mindestlöhne einzuführen, um den Wohlstand der Volkswirtschaften zurück in Löhne und weg von den Firmen zu lenken.

Vielleicht ist vor diesem Hintergrund die Annahme, die Zinsen werden längere Zeit tief bleiben die Annahme geworden, die Zinsen werden für immer tief bleiben. Tatsächlich liegen die Nettolongpositionen bei US-Staatsanleihen kombiniert auf dem höchsten Stand seit drei Jahren. In anderen Worten: Die Mehrheit glaubt, die Zinsen werden in den USA noch weiter sinken. Den Hinweisen der US-Notenbank zur Normalisierung der Zinsen mag also niemand wirklich Glauben schenken.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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