Kommentar
14:37 Uhr, 14.09.2004

Skepsis auf dem Vormarsch

1. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland haben im September unerwartet deutlich nachgegeben. Der Rückgang um 6,9 Punkte auf 38,4 Punkte war weder von den durch Bloomberg befragten Volkswirten (Median: 45,0 Punkte), noch von uns (46,0 Punkte) erwartet worden. Die Lagebeurteilung konnte sich gleichzeitig -65,2 auf -61,5 Punkte verbessern.

2. Die ZEW-Konjunkturindikatoren geben nicht nur über die konjunkturellen Perspektiven, sondern auch über die Stimmung der Finanzmarktanalysten Auskunft. Blickt man auf die Ereignisse, die die Finanzmarktanalysten in den letzten vier Wochen bewegt haben dürften, hätte man sogar eine Verbesserung erwarten können: Die Aktienmärkte liefen gut, der Ölpreis sank und der US-Arbeitsmarkt zeigte sich robust. Wenn es angesichts dieser für die Stimmung der Finanzmarktanalysten positiven Faktoren trotzdem zu einer so deutlichen Eintrübung der Konjunkturerwartungen kam, muss die Konjunkturskepsis deutlich zugenommen haben.

3. Löst man sich von den Überlegungen zum Abstimmungsverhalten der Finanzmarktanalysten und kontrastiert die heutigen Daten mit unserem Konjunkturbild, so wird die Konjunkturskepsis sogar gestützt. Schon seit Dezember 2003 prognostizieren wir eine Abschwächung der Konjunktur im Jahre 2005 und liegen damit unter den Consensuserwartungen. Waren aber anfänglich die Chancen und Risiken ausgeglichen, so muss man inzwischen eher von Abwärtsrisiken sprechen. Immer mehr Anzeichen deuten auf eine Abschwächung der weltwirtschaftlichen Entwicklung hin, so beispielsweise die vom ifo-Institut erhobenen weltwirtschaftlichen Erwartungen oder die ZEW-Konjunkturerwartungen für wichtige Industrieländer. Vieles deutet auch darauf hin, dass die USA nach dem Auslaufen der Stimuli von Geld- und Fiskalpolitik einen Gang zurückschalten. Während also die globalen Impulse für die deutsche Volkswirtschaft abnehmen, gelingt es der Binnennachfrage aber nicht, die so entstehende Lücke zu schließen. Und angesichts eines Rohölpreises, der in den nächsten Quartalen nicht unter 40 US-$ für das Barrel Brent fallen wird, sowie zeitverzögert ansteigender Energiepreise - wie für Strom und Gas - könnte die Lücke sogar größer ausfallen als bislang geglaubt. Fügt man all das zusammen, so ist zwar immer noch nicht mit einer rezessiven Entwicklung zu rechnen, doch eine Abkühlung scheint vorgezeichnet zu sein. Unsere Konjunkturprognose für 2005 werden wir nach unten revidieren.

4. Kurzfristig können wir uns dieser Abschwächung nur fügen; weder Politik noch Wirtschaft kann schnell genug reagieren. Doch mit Blick auf die weitere Zukunft ist vieles möglich. Dies beginnt damit, dass den Menschen in Deutschland endlich die Wahrheit über den schlechten Zustand der deutschen Volkswirtschaft - verschleppte Reformen, überlastete soziale Sicherungssysteme, alternde Infrastruktur u.s.w. - gesagt werden muss. Öffnet man den Menschen in Deutschland die Augen, dann verringert man mittelfristig die Verunsicherung und schafft langfristig das Verständnis für die notwendigen Reformen, die dann aber auch folgen müssen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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