Kommentar
08:24 Uhr, 18.05.2004

Situation an den Rentenmärkten entspannt sich

Nach den kräftigen Renditeanstiegen der jüngsten Zeit hat sich die Situation an den Rentenmärkten in der Vorwoche entspannt. Auch am Devisenmarkt gab es im Wochenvergleich keine nennenswerte Veränderung im Euro-Dollar-Wechselkurs. Der abnehmende Risikoappetit insbesondere institutioneller Anleger schlägt sich aber in steigenden Zinsaufschlägen bei Anleihen aus den aufstrebenden Ländern nieder.

Die jüngsten Ölpreisanstiege schürten vor allem in den Vereinigten Staaten Inflationsängste. In den Kursen inflationsgeschützter Anleihen ist bereits eine mittelfristige Teuerungsrate von mehr als 2,5 Prozent eingepreist, was deutlich über dem gegenwärtigen Niveau liegt. Vor diesem Hintergrund ist der massive Renditeanstieg am amerikanischen Bondmarkt zu sehen, in dessen Verlauf die Kapitalmarktzinsen im Zehnjahresbereich auf 4,8 Prozent 110 Basispunkte höher als noch Anfang April gestiegen sind. Für eine leichte Aufhellung sorgten die am Freitag veröffentlichten Verbraucherpreise. Im April ist die Inflationsrate um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat und um 2,3 Prozent im Jahresvergleich gestiegen, was etwas unter den Erwartungen lag. Im Wochenvergleich konnte sich der amerikanische Bondmarkt deshalb seit längerem wieder einmal stabil halten. Dazu trugen auch die zuletzt veröffentlichten Konjunkturdaten (Industrieproduktion, Verbrauchervertrauen) bei, die keine größeren Überraschungen mit sich brachten.

In der Eurozone fiel die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts besser als erwartet aus. Das Euroland-BIP stieg im ersten Quartal 2004 um 0,6 Prozent, wobei sich insbesondere Frankreich mit einer Zunahme um 0,8 Prozent als Wachstumsmotor entpuppte. Deutschland lag mit 0,4 Prozent Wachstum unter dem Durchschnitt des Euroraums, wobei die Impulse weiterhin in erster Linie aus der regen Exporttätigkeit stammten, was auch im Einklang mit dem erneut kräftigen Leistungsbilanzüberschuss steht. Der Rentenmarkt reagierte jedoch kaum auf diese Zahlen. Mit unverändert 4,3 Prozent rentierten zehnjährige Bundesanleihen weiterhin ca. 50 Basispunkte unter ihren US-Pendants, worin sich die unterschiedlichen Inflations- und Konjunkturerwartungen in beiden Wirtschaftsräumen widerspiegeln. Wir erwarten weiterhin moderate Renditeanstiege in den längeren Laufzeiten, da die europäischen Anleihen den US-Vorgaben weiter folgen werden. Rentenmarktinvestoren sollten daher insbesondere in den kürzeren Laufzeiten anlegen. Auf der Währungsseite sehen wir Chancen und Risiken in einem ausgewogenen Verhältnis.

Unter den schwierigeren Bedingungen an den internationalen Rentenmärkten hatten die Schwellenländer in jüngster Zeit besonders zu leiden. Der steile Renditeanstieg am US-Treasury-Markt führte bei den Anleihen aus den so genannten Emerging Markets zu deutlichen Ausweitungen der Zinsaufschläge (Spreads). Binnen eines Monats erhöhte sich der Risikoaufschlag des maßgeblichen EMBI+ um über 100 Basispunkte. Die Aussicht auf weltweit steigende Zinsen und ein Ende des Überangebots an Liquidität führte dabei zu einer Auflösung von Carry Trades Engagements in höherverzinslichen Anleihen aus den Schwellenländern, finanziert durch billige Kredite an den Niedrigzinsmärkten. Betroffen waren von dieser Entwicklung in erster Linie schwankungsanfälligere Anleihen aus Ländern wie Brasilien und der Türkei. Aber auch Bonds von Ländern mit höherer Ratingeinstufung wie Mexiko oder Russland haben erheblich unter der jüngsten Marktentwicklung gelitten. Bereits im Vorfeld hatten wir in unseren Fonds die Duration verkürzt und so die Folgen des starken Renditeanstiegs etwas abgemildert. Das Gewicht volatiler Titel wurde reduziert und dafür Anleihen mit Diversifizierungspotenzial verstärkt berücksichtigt. Wir halten die gesehenen Spreadausweitungen in Emerging Market Bonds jedoch generell für übertrieben. Das freundliche weltwirtschaftliche Umfeld sollte sich positiv auf die Wachstumsperspektiven der Emerging Markets auswirken. Von der anhaltend hohen Nachfragen nach Rohstoffen und den hohen Rohstoffpreisen vor allem beim Erdöl profitieren viele aufstrebende Länder in besonderer Weise. Der verbleibende Refinanzierungsbedarf für 2004 wird durch die Amortisierungszahlungen und Zinszahlungen weit übertroffen. Die Kursverluste der letzten Wochen bieten aus unserer Sicht daher durchaus Chancen für ausgewählte Zukäufe.

Ausblick: Stimmungsindikatoren wie der New-York-Fed-Index oder der Philly-Fed-Index aus den USA bzw. der ZEW-Index aus Deutschland stehen in dieser Woche im Mittelpunkt der Berichterstattung. Daneben wird noch die Industrieproduktion im Euroraum veröffentlicht. Nach den Zahlen aus den einzelnen Mitgliedsländern ist hier mit einem Rückgang zu rechnen.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 110 Milliarden Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2003.
Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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