Kommentar
15:50 Uhr, 15.10.2011

Sind die guten Zeiten für Trader vorbei?

Liebe Leser

Eigentlich befinde ich mich noch bis Ende Oktober im wohlverdienten Urlaub. Aber leider hat mich der Virus Börse schon vor vielen Jahren so arg angesteckt, dass ich nie wirklich abschalten kann. Vielleicht kennen Sie das ja selber.

Mit einiger Besorgnis beobachte ich die aktuellen Ereignisse von „Occupy Wall Street“ bis zur leider nicht enden wollenden Diskussion um die Finanztransaktionssteuer.
Letzter Punkt muss einen bei intensivem Durchdenken richtig wütend machen. Kein einziges, ich wiederhole: KEIN EINZIGES der derzeitigen Probleme im Finanzsystem hat auch nur entfernt etwas mit intensivem Handel, also Trading, in Wertpapieren zu tun (wer etwas anderes behauptet, soll bitte wenigstens den Ansatz eines Beweises vorlegen).

Der Ursprung der aktuellen Krise lag (jedenfalls der offizielle), wie hoffentlich noch einige wissen, in der Verbriefung „schlechter“ Kredite aus den USA, die ihren Weg dann bis zu deutschen Landesbanken fanden. Es ist ja nicht so, dass diese mit den Schrottpapieren Daytrading betrieben hätten. Ganz im Gegenteil, sie blieben bis zum bitteren Ende im Depot. Ich kann es auch drastischer formulieren, ganz Stammtisch tauglich:

Diese überbezahlten Manager hätten die Papiere natürlich auch gekauft, wenn es damals eine Finanzmarkttransaktionssteuer gegeben hätte.
Jetzt also den intensiven Handel zu bestrafen, um „die Finanzmärkte an den Kosten der Rettung zu beteiligen“, ist noch weit schlimmer daneben gelangt als einem Ladendieb zur Strafe den Führerschein zu nehmen. Es besteht überhaupt kein sachlicher Zusammenhang! (Wobei der Ladendieb wenigstens etwas verbrochen hat - aber tragen Sie und ich eine Schuld an der Finanzkrise?)

Insgesamt mache ich mir ernste Sorgen, dass Traden mehr und mehr „geächtet“ wird. Für den Mann auf der Straße ist man als Trader/Spekulant so etwas wie die Vorstufe zum Teufel geworden. Deswegen ist auch zu befürchten, dass sich nach den nächsten Wahlen die Rahmenbedingungen für uns verschlechtern werden. Die Grünen haben bereits gefordert, die Abgeltungsteuer wieder abzuschaffen und Spekulationsgewinne und Zinsen mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu besteuern. Das könnte also zu einer Finanzmarkttransaktionssteuer noch on top dazu kommen. So werden wir Trader vielleicht eine ganz eigene Finanzkrise bekommen. Und trotzdem wird man als Trader und Anleger weiterhin vernünftige Chancen erhalten, eine Performance weit jenseits der mageren Rendite von Anleihen zu erzielen. Man sollte gerade auf Grund der eventuell aufziehenden regulatorischen Wolken die jetzigen Gegebenheiten nutzen, um voll umfänglich am Markt aktiv zu sein. Was dann wirklich regulatorisch umgesetzt wird, steht noch auf einem zweiten Blatt Papier! So manch politischer Tiger ist ja bekanntermaßen schon als Bettvorleger gelandet...

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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