Kommentar
11:00 Uhr, 06.05.2008

Siegeszug der Sportwettenindustrie kaum aufzuhalten - Als Aktionär kann man gut verdienen

Im Bereich der Sportwetten polarisiert der Name Robert Hoyzer in Deutschland wie kein zweiter, seit bekannt geworden ist, dass er in seiner Funktion als DFB-Schiedsrichter an einem Wettskandal beteiligt gewesen ist. Durch bewusste Fehlentscheidungen wurde zwischen 2002 und 2004 der Ausgang mehrerer Spiele der 2. Fußball-Bundesliga und des DFB-Pokalwettbewerbs manipuliert, auf die wiederum Mitglieder einer kroatischen Wettmafia zuvor Geld gesetzt hatten. Der Skandal hat so hohe Wellen geschlagen, dass sogar ein neues Verb für den Betrugsvorgang Einzug in den Sprachgebrauch fand: hoyzern erreichte bei der Wahl zum Wort des Jahres 2005 Platz 7.

Derartige kriminelle Machenschaften sind in dem Milliardenmarkt aber bislang die Ausnahme geblieben. Das Grundprinzip der Branche ist denkbar einfach: Entweder man setzt klassisch und zu festen Gewinnquoten bei einem Buchmacher auf den Ausgang eines Sportwettbewerbs oder – die neuere und zunehmend beliebte Form – man wettet in einer Onlinebörse direkt gegen die Kontrahenten. Dabei zählt neben den Klassikern wie Pferde- und Hunderennen sowie Boxkämpfen heute vor allem der internationale Spitzenfußball zu den beliebtesten Wettobjekten. Insbesondere die letzte Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2006 hat der Branche einen enormen Wachstumsschub beschert. Allein in Deutschland und Großbritannien – den beiden größten Märkten in der EU – konnten die Umsätze um 30,0 bzw. 23,3 Prozent zulegen. Im Anschluss ist der Markt hierzulande allerdings stark eingebrochen. PricewaterhouseCoopers geht davon aus, dass sich die kumulierten Erlöse 2008 nur noch auf rund 1,26 Mrd. US-Dollar belaufen, ein Rückgang von fast einem Viertel in nur zwei Jahren (Quelle: PWC: Global Entertainment and Media Outlook 2007-2011).

Diese Entwicklung ist allerdings nicht auf die Nachwirkungen der Betrügereien, sondern vor allem auf die politischen Bestrebungen zurückzuführen, dass staatliche Glücksspiel-Monopol gegen konkurrierende Anbieter aus dem privaten Sektor zu verteidigen. Die Bemühungen gipfelten im Jahr 2007 in der Verabschiedung eines neuen Staatsvertrags für die Branche, der die Werbeaktivitäten der nicht-öffentlichen Gesellschaften stark einschränkt und für die Geschäftstätigkeit in vielen Bereichen eine inländische Lizenz voraussetzt. Da bei den Sportwetten allerdings lediglich der staatliche Anbieter ODDSET eine Genehmigung erteilt bekommt, bedeutet die Neuregelung faktisch das Aus für den privaten Sektor. Gegen diesen Eingriff in den lukrativen Markt regt sich seitdem heftiger Widerstand. Neben zahlreichen Verbänden und Branchen hat sich vor allem die EU-Kommission an die Spitze der Kritiker gestellt. Der zuständige Kommissar für den Binnenmarkt hat Ende Januar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, da u.a. die Regelungen zum Verbot von Sportwetten und Glücksspiel im Internet ebenso wie die Einschränkungen der Werbemöglichkeiten für Unternehmen der Branche nicht mit der Dienstleistungsfreiheit in der Union vereinbar sind. Lenkt die hiesige Politik in diesen Fragen in den nächsten Monaten nicht ein, dürfte der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Auch gegen sechs weitere Staaten – Dänemark, Finnland, Italien, die Niederlande, Schweden und Ungarn – laufen Verfahren, da hier im Gegensatz zum EU-Recht auch dann nationale Lizenzen notwendig sind, wenn bereits eine Genehmigung aus einem anderen Staat der Union vorliegt. Setzt sich die Kommission mit ihren Forderungen durch, dürfte eine umfassende Liberalisierung bevorstehen, die der Branche einen enormen Auftrieb verleihen könnte.

Aber selbst bei einem Scheitern der EU-Initiative dürfte der Markt in denjenigen Ländern, die den Sportwettenbereich schon heute für den privaten Sektor geöffnet haben, weiter wachsen und von den kommenden Großereignissen – EM 2008, WM 2010 – profitieren. PWC schätzt vor diesem Hintergrund, dass die Umsätze in sieben ausgewählten EMEA-Nationen (Europe, Middle East, Africa) trotz einer schwachen Entwicklung in Deutschland im Jahr 2010 bei 4,6 Mrd. US-Dollar liegen werden, eine Steigerung von 26 Prozent gegenüber 2007 (siehe Abbildung).

Der deutsche Sonderweg führt dabei nicht nur dazu, dass der hiesige Markt kaum wachsen dürfte, sondern verhindert durch die Beschränkung der Lizenzvergabe an die staatliche ODDSET, eine Kooperationsgemeinschaft der 16 Landeslotteriegesellschaften, auch die Etablierung von im europäischen Kontext wettbewerbsfähigen privaten Anbietern. Dementsprechend stellt das Land derzeit kein Mitglied in dem im Jahr 2006 aufgelegten S-BOX-Sportwetten Performance-Index. Stattdessen dominieren neben der australischen Tabcorp. Holdings, dem einzigen nichteuropäischen Vertreter, vor allem Firmen aus wettfreundlichen EU-Staaten wie England, Irland, Österreich oder Spanien die Auswahl. Mit dem maximal möglichen Anteil von 20 Prozent ist beispielsweise die traditionsreiche britische Lotteriefirma William Hill, die bereits im Jahr 1934 das Geschäft mit den Sportwetten aufgenommen hat, ein Schwergewicht. Ein hoher Anteil entfällt auch auf die größten Anbieter aus Irland (Paddy Power, Anteil: 14,7 Prozent) und Österreich (bwin, Anteil 13,1 Prozent). Das Unternehmen aus der Alpenrepublik verdankt dabei seine heutige Größe vor allem der Pionierarbeit im Bereich der Online-Sportwetten und zählt in diesem wachstumsstarken Segment noch immer zu den ersten Adressen.

Allerdings musste bwin, ebenso wie zahlreiche britische Internet-Wettanbieter, in diesem Geschäft vor zwei Jahren einen heftigen Rückschlag verkraften, als die USA mit dem Unlawful Internet Gambling Enforcement Act amerikanischen Banken den Geldtransfer zu Offshore-Anbietern von internetbasierten Glücksspielen untersagt und damit ausländische Unternehmen vom Heimatmarkt de facto ausgeschlossen haben. Von dem damit einhergehenden Kursrutsch der Gesellschaften hat sich der S-BOX Index seitdem noch nicht wieder erholt. Allerdings findet seit dem Herbst 2006 eine Stabilisierung statt, die vor allem durch das dynamische Branchenwachstum in den weniger regulierten Ländern ermöglicht wurde.

Mittelfristig bestehen gute Chancen, dass sich die liberalen Kräfte auf breiter Front durchsetzen und die Kurse der Branchengrößen wieder beflügeln. Dafür dürfte vor allem der wachsende Druck durch die EU-Kommission oder die Welthandelsorganisation sorgen. Aber auch kurzfristig stellen die Sportwettenanbieter bereits eine interessante Option dar, da die EM 2008 gerade für die europäischen Unternehmen gute Geschäfte verspricht.

Wer vor diesem Hintergrund trotz der noch laufenden juristischen Auseinandersetzung um staatliche Monopole und restriktive staatliche Regulierung in den Sektor investieren will, ist bei dem stark europäisch geprägten S-BOX Index gut aufgehoben. Ein Investment kann dabei über ein Open-End Anlagezertifikat der Deutschen Bank (DB1BKX) erfolgen, das die Indexentwicklung 1 zu 1 nachbildet.

Christoph Scheuermann, Structured Solutions AG

Die neue SBOX-Seite finden Sie auf http://www.godmode-trader.de/front/?p=markets_sbox

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