Kommentar
00:00 Uhr, 03.03.2009

Sie kippen um wie die Fliegen...

Ach, liebe Leser... Ich verrate Ihnen ein Geheimnis. Es geht um die Ukraine. Die Börsianer sagen schon lange, dass die Ukraine pleite sei. Irgendwann wird man das merken... Es ist soweit, naja, fast soweit...

Die Ratingagentur Standard & Poor`s ist aufgewacht und hat verkündet, dass das Kreditrating der Ukraine sich verschlechtert hat. Die Jungs und Mädels scheinen den lieben langen Tag gedöst zu haben, zeichnet sich doch schon länger ab, dass die Staatsfinanzen der Ukraine zerrüttet sein könnten. Und da S&P vertrauenswürdig ist, gab es heute ein kleines Blutbad bei ukrainischen Anleihen und der Währung. Die Versicherungen gegen Ausfälle flogen im Preis wie ein Kinderdrachen im Herbststurm.

Wer hätte den ukrainischen Politikern ein gebrauchtes Auto abgekauft? Ich weiß es nicht. Aber die Anleihen haben sich vermehrt wie Viren auf Partys im Karneval. Sie begannen sich weltweit in die Depots aufzumachen und liegen in Pensionsfonds, Rentenkassen, Fonds und anderen Auffangstationen für Schulden. Dort sind sie in guter Gesellschaft, je nachdem, was die seriösen US-Ratingagenturen so meinen...

Als die Aktienmärkte vor etlichen Monaten ausgelutscht aussahen, hat sich das Geld auf die Suche nach anderweitiger Rendite gemacht und dabei die Ukraine gesichtet. Banken strickten auf die schnelle Konstrukte zusammen und boten sie den Anlegern an. Es ist ihr gutes Recht, wenn Anleger danach schreien. Zugleich priesen Fondsmanager und Analysten die Vorzüge von ukrainischen Papieren.

Bislang lockte der Goldstrand von Bulgariens Schwarzmeerküste vor allem Touristen an. Inzwischen sind aber auch Europas Fondsmanager am Schwarzen Meer unterwegs. Vielen gilt die Region als nächste Erfolgsstory Osteuropas. Hintergrund: Die Börsen in Polen, Tschechien und Ungarn gelten als abgegrast. Das sieht auch Alexander Shalash, Co-Manager des Julius Bär Black Sea Fund. Daher setzt der Ukrainer zusammen mit Fondsmanager Erdinç Benli auf die Anrainer-Staaten des Schwarzen Meers. Dazu zählen die Ukraine, Kasachstan, Bulgarien, Rumänien, Georgien, Turkmenistan, Russland sowie die Türkei. (Quelle Fundresearch Mai 2007 )

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Das Ergebnis lässt sich sehen...

Und die Dummköpfe griffen zu, als die Party am Laufen war. Doch irgendwann ging die Musik aus. Die Investoren machten sich volltrunken auf die Suche nach den Autoschlüsseln und fuhren nach Hause. Heute hat ihnen S&P das TÜV-Siegel auf den Hintern geklebt. Schrott.

Das Ratingsystem von S&P lässt sich mit einem Hochhaus mit 22 Etagen vergleichen, so viele Einstufungsmöglichkeiten gibt es dort. Das Rating der Ukraine ist heute aus der 10. Etage in die 8. geschickt worden (CCC+), dort wo Pakistan derzeit logiert, nicht weit vom Boden entfernt, den einige Nasen schon geschnuppert haben. Im 22. Stock sitzen die USA, Deutschland, sogar Großbritannien, Belgien und Österreich sind dabei. Viele müssten eigentlich den Fahrstuhl längst nach unten benutzt haben. Bei Enron ging es damals ganz schnell. Da oben in der 22. Etage saßen bis vor einem Jahr noch die strukturierten Produkte mit den verrückten Buchstaben, die man landläufig jetzt als Giftmüll bezeichnet. Sie nahmen nicht den Fahrstuhl, sie wurden gleich aus den oberen Etagen gekippt, als es längst zu spät war.

Ach ja, auch die Firmen scheinen sich in die Nesseln gesetzt zu haben. Beispiel Praktiker vom Dezember 2007

Die saarländische Baumarktkette „Praktiker“ will den ukrainischen Markt erobern. Drei bis fünf Baumärkte pro Jahr plant das Unternehmen in der Ukraine zu errichten. ... Nach Berechnungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages wuchs der Einzelhandel in der Ukraine in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 17, 1 Prozent. „Seit der orangenen Revolution boomt das Land ohne Ende“, sagt Karin Rau, Delegierte der deutschen Wirtschaft in der Ukraine, dem Handelsblatt. Auf der Liste der beliebtesten Expansionsziele internationaler Handelskonzerne steht die Ukraine auf Platz fünf. (Quelle: Delegation der Deutschen Wirtschaft in der Ukraine )

Die Ukraine ist im Gespräch um einen 16,4 Mrd. USD schweren Kredit mit dem IWF. Verhandlungen sind schwierig, die Unstimmigkeiten groß. Vielleicht hat sich die Ukraine in der Geschichte umgeschaut und die Arbeit des IWF etwas genauer angeschaut. Wenn er zu Hilfe gerufen wurde, brachten seine Daumenschrauben oft noch größere Probleme. Jetzt fordert der IWF trotz der Wirtschaftskrise einen ausgeglichenen Haushalt von der Ukraine, was wegen der einbrechenden Steuereinnahmen dramatische Einschnitte bedeuten würde. S&P-Analyst Frank Gill schrieb:

"Schwache Institutionen und die hohe Fluktuation unter hochrangigen Politikern erhöhen das Risiko, dass der IWF-Kredit nicht zustande kommt. Die prekäre finanzielle Situation des Landes wird verschlimmert durch das Fehlen jedweden Budgetsspielraums. Das legt nahe, dass die Regierung zu inflationären Schuldenmethoden greifen könnte."

Etwas verwunderlich ist der Zeigefinger schon. Was andere Staaten machen, darf die Ukraine nicht. Mit der explodierende Verschuldung der USA und Großbritannien könnte es die Ukraine doch locker aufnehmen. Doch das sind sicherlich nur Kleinigkeiten. S&P ist schließlich ein US-amerikanisches Unternehmen. Hinter ihm steht die McGraw Hill Gruppe

Das Unternehmen publiziert Medien in den Bereichen Bildung, Fernsehen, Finanzen und Wirtschaft. McGraw-Hill ist der Herausgeber von vielen Fach- und Lehrbüchern und Magazinen, insbesondere von BusinessWeek und AviationWeek, und zum Unternehmen gehört die Tochterfirma Standard & Poor's sowie J.D. Power and Associates.(Quelle: Wikipedia)

Die andere Ratingagentur Moody`s ist auch amerikanisch und unter dem Kürzel MCO an der Börse notiert. Moody`s Anteilseigner sind unter anderem zu 20,42% Warren Buffetts Firma Berkshire Hathaway, daneben Morgan Stanley, Barclays und Goldman Sachs.

Doch zum Schluss ein Blick auf weitere „Kandidaten“ mit möglichen Schwierigkeiten im Gepäck. Die CDS (Kreditderivat zum Handeln von Ausfallrisiken von Krediten, Anleihen oder Schuldnernamen) für Russland, Türkei und vor allem für Venezuela zeigen an, wie teuer Versicherungen gegen Ausfälle in den letzten Monaten geworden sind.

Ein Blick auf die CDS-Raten für Ungarn, Polen, Mexiko sind ebenfalls aufschlußreich.

Aus Island habe ich nichts mehr finden können... Aber die Summe der Kreditausfallversicherungen ist feststellbar - 60 Billionen USD.
Ach, das wäre doch noch was... eine Übersicht über die CDS-Preise für 20 Länder.... Quelle

http://img.godmode-trader.de/charts/3/2005/CDSall.png

Frank Meyer - n tv Moderator und Blogbetreiber [Link "http://blog.frank-meyer.tv/" auf blog.frank-meyer.tv/... nicht mehr verfügbar]

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