Kommentar
19:19 Uhr, 09.08.2007

Sehr gespannt....

Ich bin sehr sehr gespannt auf die nächsten Sentiment-Berichte bzgl. der konjunkturellen Aussichten – sowohl in Deutschland als in den USA. Denn die Geschehnisse der letzten Wochen können nicht ohne Folgen geblieben sein. Die Beinahe-Peite der IKB durch sich verzocken, das reihenweise Vor-die-Hunde-gehen von Hedgefonds in den USA, die Aussage eines bekannten Bankers, die jetzige Krise sei schlimmer(!) als die Internetblase 2000. So schnell kann es gehen – von einem fast unbeschränkten Konjunkturoptimismus hin zu bereits leicht panikartigen Zügen. Und tatsächlich muss man zumindest kurzfristig Auswirkungen auf die Realwirtschaft befürchten, denn nicht nur die Börse ist überwiegend Psychologie – auch das tatsächliche wirtschaftliche Geschehen. So kann man als Unternehmen durchaus die eine oder andere Großinvestitition nun überdenken, und Banken haben bereits größte Probleme schon vereinbarte Großdeals mit PrivateEquity-Unternehmen zu refinanzieren. Denn die restrukturierten Schulden, die zu einem Gutteil Schrott enthalten (neuenglisch Collateralized debt obligations= COD) will jetzt keiner mehr haben. Das ist auch nichts, was sich innerhalb kurzer Zeit wieder einrenkt – der Schock sitzt erst mal tief. Jetzt wird’s auch an der Zinsfront spannend – die ersten spekulieren bereits, ob Fed-Chef Ben Bernanke im Herbst erstmals seit 2004 wieder die Zinsen senkt. Auch die EZB wird wohl jetzt erstmal neuere Wirtschaftsdaten abwarten und dann entscheiden, ob sie mit den Zinserhöhungen weiter machen will. Dabei ist die Lage aus Sicht einer Notenbank wirklich unangenehm – denn der Preistrend zeigt jetzt langsam aber sicher aufwärts, dazu muss man nicht nur die Milchpreise zitieren. Die anziehende Lohnentwicklung tut ihr übriges, und Dienstleistungen sind im Warenkorb hoch gewichtet.
Wenn dann aber gleichzeitig die Wirtschaft schwächeln sollte, kommt es zum ekelhaftesten preislichen Phänomen, das die moderne Wirtschaft zu bieten hat, der Stagflation (Stagnation + Inflation).
Einigen Teilen der Welt täte eine Abkühlung allerdings ganz gut. Wenn ein Land wie China mal ein paar Jahre nicht mit 11% wächst sondern „nur“ mit 6 oder 7% wäre das sicher kein Beinbruch. Bei uns dagegen wäre es doch sehr schade – ist doch gerade erst der Arbeitsmarkt aus seinem Dauerschlaf erwacht. Und die Sockelarbeitslosigkeit, das hartnäckigste Problem in Deutschland, scheint gerade besiegt zu werden (darunter versteht man die bisher beobachtete Tatsache, dass nach jedem Aufschwung die Zahl der Arbeitslosen höher war als im Boom davor). Ich bleibe aber dabei: trotz ruppiger Zeiten, die uns kurzfristig bevor stehen mögen: Der langfristige Aufschwung der Weltwirtschaft ist noch lange(!) nicht am Ende. Da bin ich richtig fortschrittsgläubig – der einzige Glaube, dessen Erfolge man auch real beobachten kann.

Herzlichst,

Ihr Daniel Kühn
www.forex-report.de

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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