Nachricht
15:03 Uhr, 04.09.2024

Scholz verteidigt Stationierung von US-Raketen - sieht Russland als Aggressor

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die geplante Stationierung von amerikanischen Raketen in Deutschland gegen Kritik als notwendigen Schritt zur Abschreckung der russischen Aggression und zum Schutz Deutschlands verteidigt. Deutschland und Europa brauchten neben einer starken Luftverteidigung abstandsfähige Präzisionswaffen, damit auf diesem strategisch wichtigen Feld keine "gefährliche Lücke" gegenüber Russland klaffe. Bis in Europa entwickelte Systeme bereitstünden, werde man auf amerikanische Raketen zurückgreifen und diese ab 2026 in Deutschland stationieren.

"Allen, die Zweifel haben an dieser Entscheidung, möchte ich sagen: Es geht uns dabei einzig und allein darum, mögliche Angreifer abzuschrecken. Jeder Angriff auf uns muss ein Risiko für den Angreifer bedeuten. Es geht uns darum, den Frieden hier bei uns zu sichern und Krieg zu verhindern, zu verhindern - und um nichts anderes!", sagte Scholz in einer Rede anlässlich der ersten Indienststellung eines IRIS-T Flugabwehrsystems bei der Bundeswehr.

Besonders das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sieht die Stationierung von amerikanischen Raketen in Deutschland kritisch.

Bundesverkehrsminister Boris Pistorius sagte während der Zeremonie, dies sei eine gelebte Zeitenwende. Die feierliche Zeremonie fand in Todendorf statt, wo auch ukrainische Militärs an der Bedienung des Systems geschult werden.

Russland rüstet laut Scholz seit vielen Jahren "massiv" auf, gerade auch im Bereich von Raketen und Marschflugkörpern. Der russische Präsident Wladimir Putin habe Abrüstungsverträge wie den INF-Vertrag gebrochen. Er habe Raketen bis nach Kaliningrad verlegt, das Luftlinie 530 Kilometer von Berlin entfernt sei.

"Darauf nicht angemessen zu reagieren, wäre fahrlässig. Ja, durch Nichthandeln geriete der Frieden auch bei uns in Gefahr. Das lasse ich nicht zu", versprach Scholz.

Brauchen starke Luftverteidigung

Als Reaktion sei eine starke Luftverteidigung notwendig. Daher baue man in Europa mit der European Sky Shield Initiative eine starke Luftverteidigung auf. Scholz betonte, dass Deutschland stolz sei, mit dem Luftverteidigungssystem IRIS-T eine weltweit führende Hochtechnologie hier zuhause zu haben und dass auch die Bundeswehr künftig über diese Technologie verfügen werde. Die Übergabe des ersten von sechs bestellten Luftverteidigungssystemen sei ein "bedeutender Schritt für die Sicherheit unseres Landes" sowie für die europäische Sicherheit, wie Scholz betonte.

IRIS-T sei Kernbestand der von ihm vor zwei Jahren vorgeschlagenen European Sky Schield Initiative, an der sich inzwischen 21 Länder beteiligten. Der zugrunde liegende Gedanke sei simpel, denn man wolle, dass möglichst viele europäische Staaten dieselben Systeme beschafften. Dafür öffne man die Rahmenverträge mit der Industrie für Partner und arbeite auch bei der Ausbildung arbeiten eng zusammen.

"Ich bin sicher: Das, was hier gemeinsam entsteht, ist eine Blaupause für die europäische Verteidigungszusammenarbeit - weit über den Bereich der Luftverteidigung hinaus", sagte Scholz.

Er sicherte zudem der Ukraine zu, dass Deutschlands Unterstützung für das von Russland angegriffene Land nicht nachlasse und es sich auch weiterhin darauf verlassen werde.

Zum Abschluss seiner Rede betonte er, dass er als Kanzler und Verteidigungsminister Pistorius zu ihrem Wort stünden. Sie wollten die Bundeswehr im Licht der Zeitenwende "zur stärksten konventionellen Armee Europas" machen, so Scholz.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/kla

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.