Nachricht
08:23 Uhr, 14.05.2024

Scholz stellt sich im Haushaltsstreit an die Seite von Lindner

BERLIN (Dow Jones) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich im Haushaltsstreit mit einer Sparansage an die Seite von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gestellt und an die Verantwortung der Ministerinnen und Minister appelliert. In einem Interview mit dem Magazin Stern erteilte er zudem Ausnahmen von der Schuldenbremse eine Absage und forderte eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro.

"Der Finanzminister hat den Ressorts Limits genannt - das war mit mir abgesprochen", sagte Scholz. Bis Anfang Juli müssten nun Wünsche und Wirklichkeit in Einklang gebracht werden. "Ich setze darauf, dass sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind und wir das gemeinsam hinkriegen." Der Finanzrahmen für den Bundeshaushalt sei klar, denn den gäben die Steuereinnahmen und die Verfassung vor. "Wir sollten uns das Leben nicht zu leicht machen. Jetzt ist erstmal schwitzen angesagt", sagte Scholz.

Er zeigte sich laut Stern zuversichtlich, dass die Koalition trotz des Haushaltsstreits den Sommer überstehe und machte seinen Anspruch deutlich, trotz des miserablen Rufs der Ampel-Koalition nach der nächsten Bundestagswahl weiter Kanzler bleiben zu wollen. "Ich möchte auch über Herbst 2025 hinaus Bundeskanzler bleiben", sagte er. Auf die Frage, wie groß die Chance für einen Millionär mit Privatjet sei, Kanzler zu werden, antwortete Scholz: "Das ist sehr, sehr unwahrscheinlich."

   Schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro 

Mit Blick auf den Mindestlohn, der aktuell bei 12,41 Euro je Stunde liegt, sprach sich Scholz für eine kräftige Erhöhung aus. "Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben", sagte Scholz. Der Kanzler verknüpfte seine Forderung mit harter Kritik an der Mindestlohnkommission. Nach der Anhebung auf 12 Euro zu Beginn dieser Wahlperiode hätten einige Mitglieder der Mindestlohnkommission, die die jährlichen Anhebungen vornehmen soll, mit der sozialpartnerschaftlichen Tradition gebrochen, einvernehmlich zu entscheiden. "Die Arbeitgeber haben nur auf einer Mini-Anpassung beharrt. Das war ein Tabubruch", sagte Scholz.

In der Debatte um die Vier-Tage-Woche attackierte der Kanzler all jene Experten, die meinten, die Deutschen seien zu faul. "Es ist nicht in Ordnung, wenn Vertreter aus einer gewissen Elite so über die Beschäftigten in Deutschland zu sprechen. Wer solche Behauptungen in die Welt stellt, sollte sich was schämen", kritisierte Scholz. Allein im vergangenen Jahr seien 1,3 Milliarden Überstunden geleistet worden. "Wer da von Faulheit spricht, hat aus meiner Sicht nicht mehr alle Latten am Zaun." Auf die Frage, ob er mit seiner Kritik auch Vertreter der FDP meine, sagte der SPD-Politiker: "Ich halte solche Äußerungen für ungerechtfertigt und schädlich, egal, wer sie tätigt."

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/apo

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.