Scholz pocht auf Prioritätensetzung bei Entlastungen
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts von Entlastungsforderungen der Wirtschaft an die Adresse des Staates die Notwendigkeit von Prioritäten betont. "Ganz auf einmal geht das alles nicht", betonte Scholz in einer Rede bei einer Festveranstaltung zum 60. Geburtstag des Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger. Es gebe Wachstumsprogramme, die kein Geld kosteten, Bürokratieabbau etwa oder Planungsbeschleunigung. Das sei "dringend notwendig ", betonte der Kanzler. "Und das machen wir ja auch, das treiben wir sogar ganz massiv voran." Aber wenn es um Geld gehe, könne man "nicht allen Wünschen zugleich nachkommen" - dann müsse man auch Prioritäten setzen. "Und auch das tun wir", betonte der Kanzler.
Die Union forderte Scholz auf, dem Wachstumschancengesetz im Bundesrat zuzustimmen. "Wenn das beschlossen werden könnte, wäre das eine erhebliche Erleichterung für viele Unternehmen", sagte er. "Es wäre gut, wenn das trotz aller politischen Konflikte jetzt schnell auch über die Bühne gehen könnte."
Zugleich verwies er auf ergriffene Maßnahmen zur Energieversorgung, Planungsbeschleunigung und gegen Arbeitskräftemangel. Es gelte, alle inländischen Potenziale zu heben und Arbeitskräfte aus anderen Ländern zu gewinnen. Die Voraussetzungen seien mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz geschaffen. "Jetzt kommt es darauf an, dass die Wirtschaft die neuen Möglichkeiten auch nutzt", sagte Scholz. "Damit das gut klappt, arbeiten wir daran, die praktischen Verfahren für die Einreise, für die Visa-Vergabe und die Anerkennung ausländischer Qualifikationen zu verbessern."
Scholz betonte, die aktuellen Krisen und die nötigen Reaktionen darauf sorgten "auch für Verunsicherung". Deshalb sei es bei allen nötigen Veränderungen besonders wichtig, die soziale Balance und damit den Zusammenhalt der Gesellschaft zu festigen. "In dieser Zeit müssen wir in Deutschland Maß und Mitte wahren", mahnte der Bundeskanzler. Politik und Wirtschaft hätten "ein geteiltes Interesse am erfolgreichen Kampf gegen politischen Extremismus". Deutschland müsse sich verändere sich auch ziemlich rasant. "Diese Veränderung kriegen wir dann erfolgreich hin, wenn wir dabei als Gesellschaft - und zwar als demokratische Gesellschaft - zusammenbleiben", sagte er.
Nötig seien "starke Arbeitgeberverbände und starke Gewerkschaften", die gemeinsam ihre Verantwortung für ihre Mitglieder, aber auch für das Gemeinwesen als Ganzes wahrnähmen. Er sehe deshalb mit Sorge, dass die Tarifbindung in Deutschland abnehme. "Wir werden mit einem Tariftreuegesetz unseren Beitrag leisten, um das zu ändern", sagte Scholz zu. Um den Trend entscheidend umzukehren, brauche man aber vor allem auch gemeinsame Vorschläge von BDA und Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). "Die Umsetzung solcher gemeinsamen Vorschläge wird jedenfalls nicht an uns scheitern", versprach der Kanzler.
Dulger hatte zuvor bereits in seiner Rede betont, er wisse "sehr wohl" um die schwierige politische Lage. "Wir stehen an einem Punkt, an dem politische Entscheidungen auch wehtun werden. Das ist für ein wohlstandsgewöhntes Land wie Deutschland neu", sagte der BDA-Präsident. "Wir können uns aber nicht mehr alles leisten. Wir müssen Prioritäten setzen." Das Land müsse modernisiert und wettbewerbsfähig gehalten werden. "Das ist eine Aufgabe der Politik. Und das ist natürlich auch eine Aufgabe für uns Unternehmer", sagte Dulger. Er werbe als Unternehmer daher dafür, dass wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen wieder in den Mittelpunkt des politischen Handelns und oben auf die Agenda gehörten.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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