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15:38 Uhr, 25.04.2024

Scholz pocht auf "moderne Angebotspolitik"

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich vor deutschen Familienunternehmern für eine "moderne Angebotspolitik" stark gemacht und eine Fortsetzung von Entlastungen der Wirtschaft von hohen Stromkosten und der erbschaftssteuerlichen Privilegierung beim Übergang auf die nächste Generation in Aussicht gestellt. "Im Zentrum steht für mich dabei eine Politik, die das Angebot stärkt", sagte Scholz bei den Familienunternehmer-Tagen in Wiesbaden. "Eine solche moderne Angebotspolitik hat aus meiner Sicht vier entscheidende Elemente: erstens bezahlbare, sichere und nachhaltige Energie, zweitens Investitionen in Infrastruktur und neue Technologien, drittens weniger Bürokratie und nicht zuletzt gut ausgebildete Fachkräfte", hob er hervor.

Scholz betonte, statt Subventionen habe die Koalition die Stromsteuer radikal reduziert und zuvor schon die EEG-Umlage abgeschafft. "Aktuell sprechen wir in der Bundesregierung darüber, wie wir die Entlastung für die Unternehmen fortschreiben können. Denn das ist eine Entscheidung, die immer ein bisschen zeitlich befristet ist, und wir würden das gern verlängern", betonte der Kanzler. "Sie können sicher sein, wir behalten den Mittelstand auch künftig im Blick, und zwar nicht nur, wenn es um die diskutierte Energiepolitik geht." Der Vorsprung, den diese Unternehmen auf dem Weltmarkt hätten, sei und bleibe "ein Vorsprung durch Innovation". Deshalb sei es wichtig, dass Unternehmen und Staat in Deutschland mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung investierten.

"Wir wollen das ausbauen", kündigte der Kanzler an. Deshalb habe die Koalition im Wachstumschancengesetz neben den Abschreibungsbedingungen, der Verlustverrechnung und der Wohnungsbauförderung vor allem mehr steuerliche Forschungsförderung möglich gemacht. "Ich könnte mir da auch noch kraftvollere Impulse vorstellen. Da müssten wir allerdings noch ein paar überzeugen, bei den Ländern, bei mancher Gesetzgebung, auch bei der Opposition", sagte Scholz. Der Kanzler betonte auch, er finde es gerechtfertigt, "dass die Familienunternehmen weniger Erbschaftssteuer zahlen, wenn sie Arbeitsplätze sichern".

Mit Blick auf den Abbau von Bürokratie zeigte sich Scholz unter anderem zufrieden, dass es jetzt die Ankündigung der EU-Kommission gebe, dass Sie 25 Prozent der Berichtsvorlagepflichten auf EU-Ebene abschaffen wolle. "Wir haben der Präsidentin der Kommission gesagt, wir nehmen sie beim Wort", sagte er. Das wichtigste Element einer modernen Angebotspolitik seien genügend Arbeitskräfte, gerade angesichts der Demografie. Die Regierung wolle alles tun, damit das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch tatsächlich in der Praxis umgesetzt werde.

Nötig sei auch mehr Ganztagsbetreuung, und die Regierung wolle es attraktiver machen für Ältere, über den Renteneintritt hinaus freiwillig weiterzuarbeiten. "Wir brauchen keine Zwangsregeln, sondern dass die Menschen ihre Potenziale entfalten können, und das wollen wir gerne machen." Mehr Leute in Arbeit zu bringen, sei die beste Politik, um die sozialen Sicherungssysteme stabil zu halten, hob er zudem hervor. Der Sozialstaat dürfe "nicht allein auf karitative Aufgaben und als karitative Veranstaltung reduziert werden", machte Scholz klar.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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