Scholz: Absprachen mit Industrie sollen in die Tat umgesetzt werden
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der deutschen Industrie eine schnelle Umsetzung von Maßnahmen in Aussicht gestellt, die deren Vertreter bei einem geplanten Gipfelgespräch mit ihm vereinbaren. "Noch diesen Monat treffen sich auf meine Einladung im Kanzleramt viele, um daran zu arbeiten, wie das gelingen kann, dass wir in der Industrie Arbeitsplätze schaffen", sagte Scholz beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. "Was dort besprochen wird, muss dann natürlich auch tatsächlich in die Tat umgesetzt werden", machte Scholz klar. "Das ist mein Versprechen an die Industrie und auch an die Millionen Beschäftigten in dem Bereich", sagte er.
"Inflation, steigende Zinsen, geopolitische Konflikte, belastete Lieferketten - das alles hat unser industriell geprägtes und exportorientiertes Land stärker herausgefordert als viele, viele andere", sagte Scholz. Es trage dazu bei, dass die Bürger ihr Geld zusammenhielten und Unternehmen mit Investitionen abwarteten. "Die Konjunktur stagniert, und es wird natürlich auch noch gefördert, wenn die Stimmung nicht immer zum Besten ist", konstatierte Scholz und forderte: "Wir brauchen mehr Wachstum, und der Kuchen muss größer werden". Scholz verwies auf die von der Bundesregierung gestartete Wachstumsinitiative. "Wir haben vor, alles durchzuziehen bis zum Ende dieses Jahres, sodass man davon ausgehen kann, dass die Dinge auch kommen, die für das Wachstum unseres Landes wichtig sind."
Nötig seien auch Investitionen der Unternehmen in Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Ausrüstung, denn auch das sorge für Produktivitäts- und Innovationssprünge. Die richtigen Anreize für solche Investitionen zu setzen sei deshalb ein zentraler Aspekt seiner Wirtschafts- und Industriepolitik. Es gehe auch darum, den Finanzstandort zu stärken. Der größte Unterschied zwischen den USA und Europa sei, dass die Wachstumsfinanzierung von Unternehmen über Kapitalmärkte nicht in gleicher Weise funktioniere. "Das mit der Kapitalmarktfinanzierung von Wachstum, das muss in Europa endlich eine riesige Trendwende kriegen. Es ist unser größtes Wachstumsproblem, das wir überhaupt haben."
Für die nötige wirtschaftliche Modernisierung brauche man mehr qualifizierte Arbeitskräfte. "Wer qualifiziert ist und wer hier bei uns in Deutschland anpacken will, der ist hoch willkommen", betonte Scholz. Er mahnte auch eine Ausweitung der Arbeitsstunden in Deutschland an. Dafür müsse die Versorgung mit Kitas und Ganztagsschulen besser werden. Zudem machte er sich für eine mögliche Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern über das Rentenalter hinaus stark. "Es darf nicht sein, dass der Wunsch, im Rentenalter noch weiterzuarbeiten, am Ende an Bürokratie scheitert - oder weil es sich nicht rechnet. Deshalb werden wir die sogenannten Vorbeschäftigungsverbote bei befristeter Beschäftigung abschaffen." Eine Anhebung des Renteneintrittsalters halte er nicht für richtig.
Die auf den Weg gebrachten Verschärfungen beim Bürgergeld verteidigte Scholz. "Wir sind als Menschen dazu geboren zu arbeiten", sagte er. Scholz ließ zudem erkennen, dass er sich im vergangenen Jahr eine stärkere Erhöhung des Mindestlohns gewünscht hätte als von der Mindestlohnkommission beschlossen. "Aus meiner Sicht wäre es gut gewesen, wenn beim letzten Mal eine andere Entscheidung herausgekommen wäre", sagte er zu den Arbeitgebervertretern. Die Mindestlohnkommission ziehe ihre Kraft und Legitimation aus der sozialpartnerschaftlichen Verständigung. "Die ist nämlich die Grundlage dafür, dass Deutschland einen solchen Wohlstand in Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Beschäftigten in den letzten Jahrzehnten erarbeitet hat", betonte Scholz.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/sha
Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.