Schnabel: Unsicherer Gleichgewichtszins zwingt EZB zur Vorsicht
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Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones) - Die Europäische Zentralbank (EZB) kann ihre Zinsen nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel nur sehr vorsichtig senken - wenn denn der Zeitpunkt für Zinssenkungen gekommen ist. In einem Interview mit der Financial Times begründete Schnabel ihre Einschätzung damit, dass die EZB nicht sicher sein könne, wo der kurzfristige Gleichgewichtszins liege. Dabei handelt es sich um den Zins, der auf die Wirtschaft weder expansiv noch bremsend wirkt. Leitzinsen oberhalb dieses Zinsen wirken bremsend.
"Das bedeutet, dass wir, sobald wir mit der Senkung der Zinssätze beginnen - und wie ich bereits sagte, sind wir noch nicht so weit - vorsichtig in kleinen Schritten vorgehen müssen. Möglicherweise müssen wir auf dem Weg nach unten sogar eine Pause einlegen, wenn sich die Inflation als hartnäckig erweist und die Daten kein klares Bild darüber vermitteln, wie restriktiv unsere Geldpolitik ist", sagte Schnabel.
Die als geldpolitischer Falke geltende Schnabel stellte sich damit gegen die Erwartung von Marktteilnehmern und Analysten, die für das laufende Jahr mit Zinsschritten von 50 Basispunkten rechnen. Unter dem Eindruck des Inflationsschocks hatte die EZB ihre Zinsen mehrfach um diesen Betrag angehoben. Normalerweise bevorzugen Zentralbanken kleine Schritte von 25 Basispunkten.
In einem von der EZB am Mittwoch veröffentlichten Aufsatz weisen Ökonomen darauf hin, dass der Gleichgewichtszins des Euroraums ähnlich wie vor der Corona-Pandemie "innerhalb einer großen und unsicheren Spanne" bei rund 0 Prozent gesehen wird.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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