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10:17 Uhr, 25.04.2024

Schnabel sieht Zustimmung zu ihrer "Letzte-Meile-Prognose"

DJ EZB/Schnabel sieht Zustimmung zu ihrer "Letzte-Meile-Prognose"

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - EZB-Direktorin Isabel Schnabel sieht eine zunehmende Zustimmung unter Ökonomen zu ihrer These, dass der Rückgang der Inflation im Euroraum auf glatt 2 Prozent schwieriger verlaufen wird als der anfängliche Rückgang, der bei zweistelligen Inflationsraten begann. In einer Rede bei der Gründungskonferenz des ChaMP Research Network äußerte sie die Befürchtung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Nachfrage im Dienstleistungssektor nicht genug dämpft. "Es sieht so aus, als würde sich die Meinung durchsetzen, dass wir eine ziemlich holprige letzte Meile sehen könnten", sagte Schnabel.

Der erste Teil der Disinflation war Schnabel zufolge ziemlich beeindruckend und schneller als von Vielen erwartet verlaufen. "Aber das war überwiegend getrieben von der Umkehr früherer Angebotsschocks - Energie, Nahrungsmittel, Engpässe -, während sich die binnenwirtschaftliche Inflation als viel hartnäckiger erwiesen hat", sagte sie. Genau an dieser Stelle aber werde die Transmission der Geldpolitik wirksam.

Besondere Sorgen bereitet Schnabel die Entwicklung im Dienstleistungssektor, wo 90 Prozent der Preise jährliche Steigerungsraten von über 2 Prozent aufwiesen. "Analysen des EZB-Stabs zeigen, dass die Weitergabe höherer Löhne an die Preise bei Dienstleistungen viel stärker (als im verarbeitenden Sektor) ist, und einer der Gründe dafür könnte auch die ziemlich starke Nachfrage sein", sagte sie.

Das müsse genau beobachtet werden, denn die These von der Absorption höherer Kosten über die Gewinne basiere auf der Annahme, die Nachfrage von der Geldpolitik gedämpft werde. "Die Frage ist, ob die Dämpfungswirkung bei Dienstleistungen so stark ist", sagte Schnabel.

Die EZB-Direktorin wies überdies darauf hin, dass die Transmission der Geldpolitik ihrer Meinung nach derzeit schwächer sei beziehungsweise langsamer als früher ablaufe. Verantwortlich dafür sei die geringere Verschuldung von Unternehmen und privaten Haushalten, deren bessere Liquiditätsausstattung, die hohe Sparquote der Haushalte (15 Prozent) sowie der hohe Anteil fest verzinslicher Kredite.

Schnabel wies aber darauf hin, dass Unternehmen derzeit wieder mehr fällig werdende Anleihen zu höheren Zinsen refinanzieren müssten als in den vergangenen Jahren. "In diesem Sinne hat die Straffung der Geldpolitik lang anhaltende Wirkungen", sagte sie.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/kla

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