Kommentar
06:00 Uhr, 03.06.2009

Schlußfolgerung: Boomende Aktienbörsen ziehen die Konjunktur mit nach oben?!

Während die Volkswirtschaften noch darben und ihren Boden suchen, haben die Börsen in Europa und den USA gerade neue Jahreshochs gemacht.

Ist das überraschend?

Nicht wenn man die interagierenden Fakten bedenkt: Die Kurse laufen der ökonomischen Entwicklung voraus (mindestens 6 Monate, in der aktuellen Krise vielleicht auch etwas länger), die Indizes/Aktien werden nominal berechnet (nicht um Inflation bereinigt!), und es gibt eine wechselseitige Beeinflussung von Ökonomie und Aktienkursen, keineswegs nur einseitig!

Nicht nur Nachrichten machen Kurse, sondern Kurse machen auch Nachrichten (eingefleischte Börsianer verneinen gar ersteren Wirkungspfeil komplett). Soll heißen: Boomende Börsen können am Boden liegenden Wirtschaften über vielerlei Mechanismen wieder nach oben verhelfen; z.B. über bessere Refinanzierungsmöglichkeiten für Aktiengesellschaften oder aber auch durch eine allgemeine Stimmungsaufhellung, die Unternehmen ermutigt wieder zu investieren und die Bevölkerung zu konsumieren.

Deswegen darf es Sie nicht überraschen, wenn nun – mitten in der angeblich schlimmsten Wirtschaftskrise, seit der Neandertaler das Licht der Welt erblickte – Frühindikatoren nach oben schnellen und eine Erholung der Wirtschaft oder zumindest ein Ende des Sturzfluges signalisieren. Nebenbei bemerkt, sind die Indikatoren teilweise so konstruiert, dass ihre Aussagekraft bzw. Manipulierbarkeit eine politisch gewollte Steuerung doch recht gut vereinfacht. Einige sind sogar statistisch recht fraglich: So wird der viel beachtete Consumer Sentiment Index der Universität Michigan ermittelt, indem rund 500 Amerikanern jeden Monat 50 Kernfragen gestellt werden; eine zweifelhaft repräsentative Methode für ein 300 Mio.-Volk, bei der schon das Unterschieben weniger politisch angenehmer Antworten den Index auf eine Wende-Reise schicken kann.

Anzunehmen, dass so etwas nicht geschieht dürfte reichlich naiv sein, zumal in so rabenschwarz gesehenen Zeiten, in denen keine Maßnahme ungeprüft bleibt. Aber wenn der Zweck die Mittel heiligt, so ist das Manipulieren von Umfragen sicherlich nicht schlimmer als der Gelddruck aus dem Nichts heraus.

Jedenfalls haben die Volkswirtschaften – trotz oder gerade wegen den Dinosaurierpleiten Marke General Motors – eine reelle Chance, wieder zu wachsen. Ob die Raten der letzten Jahrzehnte wieder erreicht werden können, ist dabei erst mal sekundär. Aus China und Indien kommen sehr ermutigende Signale, und diese Wirtschaftsräume stehen immerhin für 2,5 Milliarden Menschen von gut 6 Milliarden gesamt. Die ökonomische Welt – sie ist noch nicht gerettet, aber sie geht auch wieder mal nicht unter. Und die Kommentatoren der Zeitungen und Börsenbriefe wechseln beschämt die Seiten, nach dem sie monatelang Aktienkäufer in diesen Zeiten mehr oder weniger als Idioten bezeichnet haben…

Daniel Kühn - Chefredakteur des http://www.tradersjournal.de

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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