Russland muss seinen eigenen Weg finden und gehen
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Die russische Wirtschaft brummt nun schon seit Jahren und die Börsenkurse erklimmen immer neue Höhen. Errungenschaften, für die ein Land eigentlich Lob einheimsen sollte. Doch im Falle Russlands ticken die Uhren anders. Vom Westen wird das Land derzeit jedenfalls so stark kritisiert wie lange nicht mehr. An fast allen Beschlüssen gibt es etwas zu Mäkeln. Die Vorwürfe reichen dabei von Demokratiedefiziten bis hin zu Staatsdirigismus.
Was die Wirtschaft angeht, wird vor allem die zunehmende staatliche Kontrollübernahme von Unternehmen skeptisch beäugt. Als Anhänger der freien Marktwirtschaft und liberaler Wirtschaftsmethoden missfällt uns diese Tendenz im Grunde genommen ebenfalls. Arbeiten Staatsunternehmen doch erfahrungsgemäß weniger effizient und rentabel als Privatfirmen.
Doch wer die Ausgangslage objektiv betrachtet, der muss sich auch die Frage stellen, wie die Alternativen zu dem von Präsident Putin eingeschlagenen Weg aussehen. Das bisherige System, in dem die wichtigsten Prunkstücke der russischen Wirtschaft einer Handvoll Oligarchen gehörten, führte jedenfalls nicht zu einer gerechten Einkommensverteilung. Vielmehr bestand früher oder später sogar die Gefahr einer politischen Machtübernahme durch die Oligarchen. Der entmachtete Chef des zerschlagenen Ölkonzerns Yukos hat vor seinem Fall aus seinen politischen Ambitionen jedenfalls keinen Hehl mehr gemacht. Und da er sich dabei Gerüchten zufolge nicht immer nur rechtstaatlichen Mitteln bedient haben soll, wurde er nach der Lesart ausgewiesener Russland-Kenner nicht zu Unrecht aus dem Verkehr gezogen.
Im Gespräch mit in Russland wohnenden Experten ist uns immer wieder aufgefallen, dass sich anders als in der Berichterstattung im Westen kaum Fürsprecher für den Ex-Boss von Yukos fanden. Putin dagegen kommt häufig besser weg als dies im Schnitt in den Urteilen westlicher Beobachter der Fall ist. Nachdem wir uns lange mit den Argumenten beider Seiten auseinandergesetzt haben, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Wahrheit vermutlich wie so oft in der Mitte liegt. Ein Teil der Missverständnisse hat dabei vermutlich damit zu tun, dass Russland mit Hilfe der vom Öl geschmierten Wirtschaft wieder erstarkt ist und dank seines Rohstoffreichtums auch abseits von Atomwaffen ein sehr wirksames Druckmittel hat.
Speziell in Amerika dürfte es einige Politiker geben, denen diese Entwicklung nicht passt, weil sie Russland lieber klein halten würden. Dass dies nicht mehr funktioniert, werden aber auch bald die Hardliner verstehen müssen. Einsehen sollte man auch, dass der missionarische Eifer, der beim Versuch an den Tag gelegt wird, anderen Ländern ein getreues Abbild unserer Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme aufzuzwingen, nicht von Erfolg gekrönt sein wird. So ist es im Falle Russlands wirklich fraglich, ob das institutionelle Umfeld reif ist für eine lupenreine Demokratie und eine absolut freie Marktwirtschaft.
Mit dieser Einschätzung befinden wir uns durchaus in guter Gesellschaft. Haben die Verantwortlichen der in Osteuropa sehr erfahrenen Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung doch jüngst den eingeschlagenen wirtschaftlichen Weg unter Verweis auf die spezielle Ausgangslage in Russland gegen Kritik verteidigt. Wir sehen das ähnlich und rufen dazu auf, Russland auf seinem Weg zu mehr Wohlstand so tatkräftig wie möglich zu unterstützen. Denn das Schlimmste was uns bei zu viel Bevormundung passieren kann, ist eine Abkehr Russlands vom Westen verbunden mit einer Hinwendung zu China.
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