Nachricht
09:50 Uhr, 11.02.2009

Roubini, Siglitz und Baker fordern Verstaatlichung von Banken, Obama ist dagegen

Erwähnte Instrumente

New York (BoerseGo.de) – Drei anerkannte Experten sehen die Verstaatlichung von Banken als die einzige Möglichkeit an, die Finanzkrise zu bekämpfen: Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, Center for Economic and Policy Research-Direktor Dean Baker und der Starökonom Nouriel Roubini. US-Präsident Barack Obama ist jedoch dagegen.

Siglitz:

„Wir leben heute in einer sehr verschiedenen Welt als zur Zeit der Großen Depression. Damals hatten wir eine Industrie, die auf der Herstellung von Gütern fußte. Heute haben wir eine dienstleistungsorientierte Wirtschaft. Viele Menschen in den USA arbeiten bereits Teilzeit, weil sie keinen Vollzeitjob bekommen können“, so Siglitz. Er sieht die Arbeitslosenquote in den USA bereits bei 15 Prozent. Im Gegensatz zur Großen Depression gebe es heute aber eine Arbeitslosenversicherung.

Die Banken seien in einer sehr schlechten Verfassung. Die US-Regierung habe den Banken Hunderte Milliarden US-Dollar hinterher geworfen – ohne nennenswerten Effekt. Es steht für Siglitz fest, dass die Banken versagt haben. Heute seien die Bürger die Besitzer in einigen der größten Banken. Doch hätten sich hierfür keine Kontrolle über diese Banken erhalten. „Jedes System dass eine Trennung zwischen Besitz und Kontrolle schafft, steht am Rande des Abgrunds“, so Siglitz. „Die Verstaatlichung der Banken ist die einzige Antwort. Diese Banken sind faktisch pleite.“

Baker:

Baker ist stellvertretender Direktor des Center for Economic and Policy Research in Washington, DC.

„Die Medien versorgen die Öffentlichkeit weiter mit falschen Informationen“, so Baker. „Reporter verstehen nicht, was Geithner tatsächlich will.“ Nach Bakers Auffassung will Geithner Steuergelder verwenden, um bereits insolvente Banken weiter am Leben zu halten.

Baker schreibt in seinem aktuellen Marktkommentar über das Editorial in der aktuellen Washington Post. Darin wurde die Verstaatlichung von Banken als Lösung abgelehnt – nur der Kauf der illiquiden Assets sei eine Antwort auf die Probleme. Dabei bestünde aber, so der Autor des Editorials, die Gefahr, dass die Regierung am Anfang zuviel bezahle.

Baker kommentiert: „Tatsächlich ist das keine Gefahr, sondern das eigentliche Problem. Wenn die Regierung den aktuellen Marktpreis für diese Assets bezahlen würde, würden die Banken damit für bankrott erklärt, und wir wären wieder ganz am Anfang – der Verstaatlichung. Das Problem beim Kauf von illiquiden Assets ist die Frage, wie viel dafür bezahlt werden soll, sodass die Banken genügend Einnahmen haben, um ihr Geschäft fortführen zu können.“

Roubini:

Starökonom Roubini schreibt in einem aktuellen Kommentar vom 10. Februar, dass es an der Zeit sei, die insolventen Banken zu verstaatlichen. „Vor einem Jahr habe ich vorhergesagt, dass die Verluste im Bankensektor bei 1 Billion US-Dollar, möglicherweise sogar bei 2 Billionen US-Dollar liegen könnten. Zu dieser Zeit wurden diese Schätzungen als grob übertrieben abgetan, und naive Optimisten rechneten nur mit Verlusten von 200 Milliarden US-Dollar aus Subprime-Hypothekenkrediten. Doch habe ich darauf hingewiesen, dass diese Verluste sich rasch über die Subprime-Hyothekenkredite ausweiten und sich auftürmen werden zu einer sehr schweren Finanzkrise und einer üblen Rezession.“

Roubini sieht die Verluste mittlerweile für das US-Bankensystem bei 3,6 Billionen US-Dollar, wovon die Hälfte von den Banken und Broker selbst zu tragen sei, also 1,8 Billionen US-Dollar. Der Rest gehe auf das Konto ausländischer Banken und anderer Finanzinstitutionen in den USA. Da die Banken und Broker im Herbst nur mit Kapital von rund 1,4 Billionen US-Dollar ausgestattet waren, sei das Bankensystem in den USA faktisch bankrott. Die einzige Lösung sei eine Verstaatlichung der Banken, so Roubini.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

Mehr über Jochen Stanzl
Mehr Experten