Kommentar
12:41 Uhr, 29.06.2011

Ron Paul for President!

Letzte Woche habe ich mir einen Kurzurlaub gegönnt – und eine interessante Lektüre. „The Revolution – a Manifesto“ von Ron Paul, US-Kongressabgeordneter und Beinahe-Präsidentschaftskandidat 2008 (auch 2012 wird er es versuchen). Was für klare Gedanken – was für ein geradliniger Mann!

Ron Paul ist ein Libertärer, was soviel heißt wie: So wenig Staat wie nur irgend nötig, so viel persönliche Freiheit wie nur möglich! Der Titel seines Buches ist nicht übertrieben, denn was er plant, ist tatsächlich eine Revolution. Wenn Sie von gewöhnlichem Politiker-Blabla gelangweilt sind, werden Sie dieses Buch lieben.
Paul fordert nicht weniger als die Abschaffung der Fed, der US-Notenbank, dem Heiligen Tempel der US-Finanz. Schluss mit chronischem Gelddrucken, aus und vorbei mit der nicht enden wollenden Schuldenpolitik, Rückkehr zu einem „gesunden Geld“ (sound money). Wenn Sie da skeptisch sind geht es Ihnen wie mir – ich vermag es mir auch nicht vorzustellen, andererseits würde ich dann doch gerne den Versuch sehen. Zurück zu dem kaputten System, das wir aktuell haben, kann man ja ohnehin immer, nicht wahr?
Hochinteressant sind Pauls Ansätze zur Finanzierung des US-Staates. Er will nämlich nicht nur das Ende der Fed, sondern auch die Beerdigung der amerikanischen Rolle als „Weltpolizist“. Im Jahr 2010 haben die USA gigantische 700 Mrd. USD in ihren Militärapparat gesteckt, wobei die realen Ausgaben weit höher liegen, denn die zahllosen Auslandseinsätze sind in diversen anderen Etats mit versteckt (zu den exorbitanten Kosten der diversen US-Kriege siehe auch hier). Ganz nebenbei würde das Ansehen der Amerikaner in der Welt wieder deutlich steigen, so meint Paul. Vermutlich hat er da sogar Recht.

Im Handel tritt Ron Paul grundsätzlich für die Beseitigung aller Zölle ein (natürlich immer auf bilateraler bzw. multilateraler Basis) und wendet sich strikt gegen jede Form der Subventionierung und andere Spielarten des Interventionismus, hier ganz der österreichischen Schule der Nationalökonomie folgend (Paul ist bekennender Ludwig von Mises-Fan). Er ist gegen die staatliche Krankenversicherung ebenso wie das herrschende Umlageverfahren in der Rentenversicherung. Er will den Staat so weit zusammenstauchen, dass er seine stark verkleinerten Aufgaben aus wesentlich geringeren Einnahmen als heute finanzieren kann.
Man könnte es auch so zusammenfassen: Ron Paul vertritt die reine Lehre des Kapitalismus, ein Begriff der leider derart negativ konnotiert ist, das man ihn im allgemeinen Sprachgebrauch sogar als Schimpfwort benutzt. Letztlich basiert das Gedanken-Gebäude auf nur einem wesentlichen Pfeiler: die persönliche Freiheit als oberste Maxime. Darauf aufbauend und daraus folgernd die unbedingte Achtung der Eigentumsrechte und das Prinzip der Selbstverantwortung.

Wenn Sie meinen das ist eine „kalte Denke“, dann sind Sie vermutlich nicht alleine, aber wahrscheinlich auf dem Holzweg. Paul selber zumindest erscheint sogar eher warmherzig und war auch als praktizierender Arzt nach Erzählungen von Weggefährten immer mehr als hilfsbereit (auch unentgeltlich, wenn die Patienten kein Geld hatten). Und wenn Sie meinen Paul ist ein Handlanger der US-Banken: Ganz im Gegenteil! Denn Banken und andere Finanzgroßkonzerne sind die klaren Profiteure der jetzigen US-Notenbankpolitik. Dementsprechend wären sie es, die einen Präsidenten Ron Paul am meisten fürchten würden
.
Hat ein Kandidat Ron Paul Chancen? Wahrscheinlich nicht. Er ist der „Mr. No“ im Kongress und hat es sich durch sein eisernes Rückgrat mit dem Establishment verscherzt. Tatsächlich dürfte ein überraschend doch gewählter Präsident Paul unmittelbar in Lebensgefahr schweben. Er könnte der eine, völlig ehrenhafte und in keiner Weise käufliche Politiker sein, den wir alle uns als Idealbild erträumen. Und der hat im Kampf gegen das Regiment der Etablierten kaum Aussichten.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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