Kommentar
17:49 Uhr, 26.08.2005

Rohstoff-Report: Kaffee attraktiv, Kupfer steigt und Heizöl wird viele schockieren

Energie: Ein neues Rekordhoch erreichte US-Leichtöl bei 68 Dollar, wenn auch nur im elektronischen Handel in Asien. Der Preis stieg im Wochenvergleich leicht über 2 Prozent. Nur wenige Wochen nach der gescheiterten Übernahme des US-Ölkonzerns Unocal nehmen die Chinesen ein neues Übernahmeziel ins Visier: Petrokazakhstan. Der chinesische Ölkonzern CNPC will das hauptsächlich in Zentralasien tätige kanadische Öl-Unternehmen für über 4 Milliarden US-Dollar übernehmen und setzte sich damit gegen ein Konkurrenzangebot des indischen staatlichen Ölkonzerns ONGC durch. Chinesische Medien, die größtenteils von Peking aus gesteuert werden, feiern dies als „Sieg“ gegen Indien, das ebenfalls nach Energiequellen suchen muss. In aktuellen Vorort-Berichten aus Florida vom Freitagmittag ist zu erfahren, dass der Tropensturm Katrina an den Öl- und Erdgasförderanlagen im Golf von Mexiko größtenteils vorbeiziehen wird. In den nächsten Tagen ist aus jetziger Sicht nicht mit großen Förderausfällen am Golf zu rechnen. Das Energieministerium meldete einen deutlichen Anstieg der Ölbestände in der zurückliegenden Woche. Öl ist reichlich vorhanden, was jedoch rasant schwindet, sind die Benzinbestände. Der Sommer 2005 und die damit nachfragestarke Reisezeit zeigt, dass Amerikaner sich von den hohen Benzinpreisen nicht beeindrucken lassen. Die Automobilnachfrage ist über die Sommermonate sogar noch weiter gestiegen, anstatt nachzugeben. Die Beliebtheit von spritfressenden Geländewagen ist ungebrochen.

Dem entgegen geht es hierzulande gemäßigter zu: Nach Angaben des Mineralöl-Wirtschaftsverbandes Deutschland fiel die Nachfrage nach Benzin in den ersten sechs Monaten des Jahres um 5 Prozent und damit stärker als erwartet. Wer diese Tage über eine Bahnfahrt nachdenkt, um Sprit zu sparen, muss folgendes lesen: Die Deutsche Bahn wird ihre Preise um 2,9 Prozent anheben. Die Bahn als größter Energienachfrager Deutschlands hatte erst im November 2004 eine Preiserhöhung um 3,5 Prozent durchgeführt. Beide Male wurden gestiegene Energiekosten verantwortlich gemacht. So sei der Einkaufspreis der DB für Strom um 30 Prozent und der Preis für Diesel seit dem letzten Jahr um 100 Prozent angestiegen. Die Industrie beginnt nun also, die höheren Energiepreise in verstärktem Maße an den Verbraucher abzuwälzen.

Den nächsten großen Schock wird es für viele Hausbesitzer geben, wenn es in den nächsten Wochen daran geht, die Heizöltanks für den Winter aufzufüllen: Der Liter Heizöl kostet mal eben 70 Euro-cents. Die Preise für Erdgas stehen den anderen Energie-Rohstoffen in nichts nach. Sie stiegen allein an den letzten fünf Tagen um 9,2 Prozent. Seit Monatsbeginn stiegen sie um fast 19 Prozent und damit stärker als Rohöl. In den USA können rund ein Viertel aller Kraftwerke und Unternehmen bei der Energieerzeugung je nach Preislage zwischen Öl und Gas wechseln und greifen freilich immer zum günstigsten der beiden Rohstoffe. Die Nachfrage steigt und die erschlossenen Gasfelder sind an ihrem Kapazitätslimit angelangt. All dies deutet auf steigende Preise bei Erdgas hin. Benzin verteuerte sich an den Terminbörsen um 3 Prozent. Heizöl stieg um 2,1 Prozent.

Industrie- und Edelmetalle: Gold trat in der letzten Woche auf der Stelle. Auf der einen Seite standen schwache Konjunkturdaten aus den USA, auf der anderen Seite Rekordpositionierungen spekulativer Anleger auf der Long-Seite des Marktes. Während die Wirtschaftsdaten ceterus paribus für steigende Goldkurse hätten sorgen sollen, besteht anhand der extrem hohen Long-Positionierung kurzfristig nicht zu unterschätzendes Korrekturpotential. Gold war in der letzten Woche in dieser Pattsituation gefangen. Es scheint sich kurzfristig keine große Gruppe am Goldmarkt herausbilden zu können, die eine gemeinsame Meinung vertritt.

Silber fiel um 3,18 Prozent und erreichte das niedrigste Niveau seit Anfang Februar. Fonds haben Silber in der letzten Woche vor dem Hintergrund des schwächeren makroökonomischen Gesamtbildes der Weltwirtschaft massiv abverkauft. Der Silberpreis ist derzeit stark an die Entwicklung der anderen Metalle wie Gold, Platin und Kupfer gebunden.

Kupfer gab in der letzten Woche um 0,7 Prozent nach. Nachdem in den letzten Wochen Lagerauffüllungen an der Londoner Metallbörse LME einige Marktteilnehmer bereits an ein Ende der Lagerverknappung glauben ließen, wurden sie in der letzten Woche von einer Meldung aus China enttäuscht. Die Börse in Shanghai meldete einen Rückgang um über 7000 Tonnen Kupfer für die letzte Woche. Die chinesische Nachfrage nach Kupfer ist ungebremst, was auch aktuelle Meldungen aus dem Reich der Mitte zeigten. Bei den Platingruppenmetallen gab es in der vergangenen Woche keine berichtenswerte Neuigkeiten.

Soft-Commodities: Die Weizenernte in der nördlichen Hemisphäre ist abgeschlossen. In den großen Weizenanbauländern der Welt wird es im Wirtschaftsjahr 2004/05 hohe Überschüsse bei der Ernte geben, die für den Export und somit für den Weltmarkt zur Verfügung stehen werden. Die Lethargie beim Verlauf des Weizenpreises in den letzten Wochen bildet diese Situation treffend nach. So fiel Weizen in den letzten fünf Tagen zwar nur um 2,9 Prozent. Seit dem Hoch Mitte März gab der Preis aber um satte 17 Prozent ab. Ausreichendes Angebot bei Rohstoffen geht nun einmal einher mit fallenden Preisen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Mais. Hier werden die Ernten in der nördlichen Hemisphere im September beginnen. In China sind die Ernten teils schon abgeschlossen, teils laufen sie noch bis Anfang Oktober. China wird in diesem Jahr voraussichtlich Mais exportieren, jedoch deutlich weniger als noch im letzten Jahr. Wie dem auch sei, die Schätzungen gehen von einem üppigen Weltangebot aus. Die Maispflanzen in den USA haben die Hitze in der kritischen Zeit des Pollenfalls gut überstanden. Mais gab im Preis um 1,9 Prozent ab.

Nach dem rasanten Preisanstieg bei Sojabohnen im Mai und Juni haben nun die Bären das Ruder in der Hand. Die befürchteten negativen Auswirkungen der Hitze in den letzten Wochen auf die Blütephase der Sojapflanzen im Mittleren Westen der USA halten sich in Grenzen. Die Bohnen gedeihen sehr gut, wenn auch nicht so gut wie im letzten Jahr. Die schlimmsten Befürchtungen des Marktes wurden nicht erfüllt, weshalb viele Händler wieder abspringen. Reichlich Regen sorgte für eine Reduzierung des Stresslevels für Sojapflanzen in den USA. Der Sojapreis fiel um 1,6 Prozent.

Der Preis für Orangensaftkonzentrat stabilisiert sich auf dem Niveau von Februar dieses Jahres. Zuvor war er seit Anfang Juli in einer rasanten Kurskorrektur um 18 Prozent eingebrochen. Spekulationen, der Tropensturm Katrina könnte zu Hurrikan Katrina aufgestuft werden, sorgt seit Mitte der Woche für Käufe bei Orangensaft. Händler spekulieren auf Schäden an den Bäumen, nachdem Katrina in den letzten Tagen über dem warmen Meerwasser vor der US-Küste immer mehr an Stärke gewann.

Der Preis für Lebendrind trat in der letzten Woche auf der Stelle. Es wird eine fallende Nachfrage in den USA befürchtet, da der hohe Öl- und damit Benzinpreis viele Haushalte dazu zwingt, weniger oft auswärts essen zu gehen. Auch privat werde bei Rindfleisch als erstes gespart. Das Angebot ist üppig. Zucker stieg um 0,6 Prozent. Der schwache Dollar und der hohe Ölpreis sind hier die Gründe, warum die Preise nicht weiter korrigieren. Denn das sollten sie eigentlich, betrachtet man alleinig die extrem hohe Long-Positionierung von Fonds.

Baumwolle ist auf den niedrigsten Stand seit Februar gefallen. Hier drückt das üppige Angebot und die hohe Qualität der erwarteten Ernte auf den Preis. Kaffee ist seit Anfang März in einem Bärenmarkt. In der letzten Woche erreichte der Kaffeepreis den niedrigsten Stand seit November 2004. Bis zum Jahresende wird hier ein Rückgang der Lagerbestände erwartet. Daher setzen einige Händler in den USA darauf, dass die jüngsten Preisabgaben das Ende der Konsolidierung bei Kaffee einläuten könnten.

Hinweis in eigener Sache: Der Rohstoff-Report ist eine zweiwöchentliche Publikation der BörseGo GmbH. Die erfahrene Redaktion analysiert in dem kostenlos erscheinenden Rohstoff-Report interessante Rohstoffe und Aktien. In einem Wochenrückblick und in aktuellen Nachrichten werden darüber aktuelle Ereignisse beleuchtet und analysiert. Wir analysieren interessante Rohstoffe wie Öl, Platin und Erdgas und stellen Möglichkeiten vor, in diese Rohstoffe zu investieren. Abgerundet wird das Angebot durch charttechnische Analysen der vorgestellten und interessantesten Rohstoffe. Eine kostenlose Anmeldung ist unter diesem Link möglich (Link).

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

Mehr über Jochen Stanzl
Mehr Experten