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15:00 Uhr, 13.12.2012

Rohstoff-Ausblick 2013: Experiment geglückt?

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Wie wird das Jahr 2013 bei den Rohstoffen? Hätte man diese Frage an die Anleger, Finanzpresse und Analysten zur Mitte des Jahres 2012 gerichtet, hätte man sich auf eine einstimmig negative Antwort verlassen können. Jetzt, sechs Monate später, obwohl sich die meisten immer noch die Augen reiben, wieso der DAX – ein Indikator für das allgemeine Befinden der Marktteilnehmer - in einem von so viel Unsicherheit geprägten Börsenjahr um 30% ansteigen kann, schätzen viele die Situation viel optimistischer ein. Es ist in Anbetracht dieser Entwicklungen naheliegend, für das Jahr 2013 ähnliche Stimmungsschwankungen der Anleger zu prognostizieren. Ob daraus ein ähnlich starkes Börsenjahr auch für die Rohstoffe werden kann, wenn wir uns an Weihnachten 2013 das Geschehene Revue passieren lassen, bleibt abzuwarten. Immerhin war der DAX-Anstieg der größte seit zehn Jahren, und gefühlt ist die Partizipation der Anleger auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt.

Daraus resultiert ein gewisses Potenzial. Dass Euphorie über die Konjunkturerwartungen nicht die treibende Kraft hinter weiter steigenden Preisen bei Metallen oder Energieressourcen sein kann verrät schon ein bloßer Blick auf die weltweiten Einkaufsmanagerindizes. Sie geben ziemlich genaue Hinweise über den Zustand der verarbeitenden Industrie, die schließlich Mineralölprodukte, Gas und Metalle aller Couleur benötigt, um überhaupt produzieren zu können. Diese Indizes deuten seit Monaten eine Stagnation an, nachdem sie sich im Jahresverlauf gefährlich nahe an ihre Rezessionsschwelle abgekühlt hatten.

Eine drohende Rezession ist aber nicht gerade das, an was man denkt, wenn man sich eine Kurstabelle in der Spalte „Ölpreise“ betrachtet. Dort wird das Barrel Brent-Rohöl zu 110 USD gehandelt – wegen dem schwachen Eurokurs tanken die Menschen in diesem Winter Heizöl und Benzin zu ähnlich teuren Preisen wie im Öl-Katastrophen-Jahr 2008, als für ein Fass 150 USD gezahlt wurden. Warum also ist Öl so teuer? Die Finanzpresse informiert uns, dass dies an China liegen müsse, dort wüchse schließlich der Ölbedarf auch bei mittlerweile reduzierten Wachstumsraten der Gesamtwirtschaft von rund 7% immer noch kräftig. Dass der eigentliche Grund in Saudi Arabien und bei der OPEC zu suchen ist, davon sprechen die Wenigsten. Warum wohl verlangen die Mitglieder des Kartells mittlerweile einen Mindestpreis von 100 USD pro Barrel, nachdem vor sechs Monaten noch 90 USD als ausreichend erschienen? Weil in den USA Ben Bernanke, der dortige Notenbankchef, mit seiner Nullzinspolitik eine immer schnellere Abwertung des USD riskiert? Womöglich liegt dort der Hund begraben: Die Saudis und die OPEC wollen immer mehr Dollars für ihr Öl und daraus resultiert schlussendlich eine große Investmentchance für das Jahr 2013: Wenn immer Brent unter 100 USD tauchen wird, lohnt sich der Long-Einstieg, denn wir können sicher sein, dass die Saudis und die OPEC weniger Öl liefern werden, wenn sie zu wenige Dollars um Austausch dafür bekommen.

Abwertungsdruck für den Dollar bedeutet Aufwertungsdruck für alle anderen Währungen der Welt, und da jeder außer den Amerikanern auf diesem Wege auf dem Weltmarkt ziemliche Nöte haben würde, seine Produkte zu exportieren, trat die Welt im Herbst des Jahres 2012 in eine neue Phase ein, in der es jedem exportorientieren Land und der für die Währung der jeweiligen Region zuständigen Zentralbank implizit darum geht, die jeweilige Währung möglichst schnell abzuwerten. Wer jedoch einen Hinweis für diesen Währungskrieg in den Wechselkursen am Devisenmarkt finden möchte, etwa beim Wechselkurs des EUR zum USD, der wird vermutlich nicht fündig werden, da beide Währungen synchron zueinander abwerten – der Wechselkurs EUR/USD bleibt also womöglich auch im Jahr 2013 relativ stabil. Das einzige, was sich ändert, und daran kann man auch erkennen, dass die Währungen abwerten, sind die Goldpreise: Sie sind eine Art natürliches Gegengewicht gegenüber einer selbst im offiziellen Sprachduktus der Zentralbanker mittlerweile als unendlich bezeichneten Ausweitbarkeit der Papiergeldmengen. Dass am Ende eines solchen Jahres der Goldpreis, gerechnet in EUR, lediglich um 10% und nicht viel stärker gestiegen ist veranlasst mich nicht, aber viele, nach zwölf Jahren ununterbrochener Rally an ein Ende des Bullenmarktes beim Gold zu glauben. Aus charttechnischer Sicht, und die technische Analyse stellt für mich ein probates Mittel dar, um das richtige Timing für den Beginn eventueller Verwerfungen an verschiedenen Märkten zu finden, spricht nichts für ein Ende des Bullenmarktes beim Gold. Der Chart bildete im Sommer einen Boden aus, und die Kursbewegungen seither deuten auf einen nachhaltigen Ausbruch (Wochenschlusskurs!) über die Widerstandsmarke von 1804,40 USD/Unze hin, ab dem schließlich schnelle Kursgewinne bis über 2000 USD/Unze zu erwarten wären.

Es herrscht Anlagenotstand. Finanzielle Repression wird vermutlich eines der großen Themen des Jahres 2013. Die Nominalzinsen tendieren gegen Null, was man für die Inflationsentwicklung nicht unbedingt erwarten kann. Daher sind die Realzinsen, also die Nominalzinsen abzüglich der Inflation negativ. Schließlich könnte sich ein Teil der so veranlagten Investoren dennoch sagen: Das ist immer noch besser, als am Aktienmarkt wieder 30 oder 40% zu verlieren, wenn der DAX jetzt wieder bei 8000 Punkten deutlich nach unten abprallt – dass er dazu fähig ist bewies er ja im Verlauf einer ganzen Dekade mehrmals. Spätestens wenn der Index aber, getrieben von der hohen Liquidität und dem Mangel an Anlagealternativen auf ein neues Rekordhoch bei 8200 Punkten springt, dürften viele auf den Wagen aufspringen. Das könnte schlussendlich auch die Industriemetalle wieder beflügeln, auch wenn sie sich zuletzt wegen den doch schwachen Konjunkturdaten und der Angst vor einer harten Landung der chinesischen Volkswirtschaft doch als Underperformer erwiesen haben. Schließlich ist der DAX auch ein Indikator für die konjunkturelle Entwicklung in sechs bis neun Monaten. Aus dem Jahr 2013 könnte damit eines werden, das abhängig vom Erfolg der von allen Notenbanken der Welt unternommenen geldpolitischen Experimente werden wird.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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