Kommentar
11:53 Uhr, 17.03.2004

Risikoscheu kehrt an die Märkte zurück

Im letzten Monat blieben die US-Aktienmärkte deutlich hinter dem Ergebnis von US-Anleihen zurück. Während US-Treasuries 2% zulegen konnten, büßten der S&P 500 2,5% und der NASDAQ-Index 4,3% ein. Im gleichen Zeitraum setzten sich Energiewerte, konjunkturunabhängige Konsumgüter und Versorger an die Spitze. Anlass zur Sorge gibt vor allem der unzureichende Beschäftigungsaufbau, der sich inzwischen offenbar auch bei den Stimmungsbarometern der Verbraucher bemerkbar macht. So schwächten sich die Umfrage der Universität von Michigan zum Verbrauchervertrauen und auch die etwas stärker schwankenden, wöchentlichen ABC-Umfragen ab. Der Hauptgrund waren die nachlassenden Erwartungen der Verbraucher. Gleichwohl stiegen die Einzelhandelsumsätze im Februar um 0,6% und die Zahlen aus den Vormonaten wurden nach oben revidiert. Für die erste Jahreshälfte 2004 angekündigte Steuervergünstigungen dürften die Stimmung der Verbraucher stützen, bis sich das erhoffte Beschäftigungswachstum einstellt.

Der japanische Aktienmarkt musste in der letzten Woche den Großteil des gewonnenen Bodens wieder abgeben. Auslöser waren die Angst vor einer US-Erholung ohne Beschäftigungsaufbau und die Terroranschläge in Madrid. Bezogen auf den Binnenmarkt kauften ausländische Anleger in der letzten Woche japanische Aktien im Wert von sage und schreibe 1 Billion Yen, was darauf schließen lässt, dass Treuhandbanken und Privatanleger massiv verkauft haben. Gestützt wurde die positive Stimmung durch die aufkeimende Hoffnung, dass die Erholung dank Besserung der Binnenkonjunktur und Stabilisierung des USD/Yen-Wechselkurses, wenn auch am unteren Ende der erwarteten Bandbreite, anhält. So waren die Investitionen im vierten Quartal nach oben korrigiert worden und die Einzelhandelsumsätze in Tokio stiegen erstmals seit 27 Monaten.

Entsetzt zeigte sich die europäische Völkergemeinschaft von den Gräueltaten und den zahlreichen unschuldigen Opfern, die durch den Terroranschlag in Madrid in der letzten Woche unvermittelt aus dem Leben gerissen wurden. Unser Mitgefühl und unsere Trauer gilt allen Familien, Freunden und Kollegen, die von diesen schrecklichen Anschlägen betroffen sind. Eine der unmittelbarsten Reaktion auf dieses Bombenattentat ist die Wahlschlappe der regierenden Volkspartei bei den Parlamentswahlen in Spanien, aus denen die Sozialisten überraschend siegreich hervorgingen. Die europäischen Aktienmärkte gingen drastisch in den Keller. In Deutschland weitete sich der Handelsüberschuss wegen steigender Exporte und rückläufiger Importe weiter aus, was ein Indiz für einen BIP-Anstieg sein könnte. Gleichwohl haben Unternehmen aus der Eurozone weiter hart zu kämpfen. Volkswagen beispielsweise kündigte den Abbau von 5.000 Stellen an, während sich Alstom weiter gegen die massiv ansteigenden Restrukturierungskosten stemmt.

In der Region Asien-Pazifik scheint sich das Wachstum der chinesischen Wirtschaft weiter zu beschleunigen. Im Februar wuchs die Geldmenge M2 um 19%, die Industrieproduktion stieg gegenüber dem Vorjahr um 23% und der Exportboom hält an. Dies könnte ein Indiz für eine Überhitzung der chinesischen Wirtschaft sein, so dass die People's Bank of China möglicherweise striktere geldpolitische Maßnahmen ergreifen muss, um das Wachstum zu bremsen und einen Kollaps zu vermeiden.

In Lateinamerika überraschte Brasilien erneut mit Inflationszahlen, die unter den Erwartungen lagen und damit den Boden für weitere Zinssenkungen bereiten. Argentinische Aktien machten in der letzten Woche einen Sprung um 8,7% nach oben, nachdem eine Vereinbarung mit dem IWF die Zusage für neue Kredite an Argentinien beschleunigen dürfte.

Renditen setzten in der letzten Woche ihren Abwärtstrend an den weltweiten Staatsanleihemärkten fort und die 10jährige US-Staatsanleihe durchbrach gar ihre jüngste Handelsbandbreite nach unten.

An den Devisenmärkten ist der Euro inzwischen die vierte Woche in Folge gefallen, während das japanische Finanzministerium eine geringfügige Aufwertung des Yen duldete, gleichzeitig aber seine Interventionen fortsetzte, um die Spekulanten in Schach zu halten.

Einen Teil des vor kurzem gut gemachten Bodens musste der Rohölpreis an den Rohstoffmärkten wieder abgeben, denn der US-Kongress erteilte Sonderzuteilungen zu den strategischen Ölreserven eine Absage.

Risikoscheu und Volatilität kehren an die Märkte zurück

Die seit Mitte Januar anhaltende stetige Rotation an den Aktienmärkten zu Gunsten hochwertiger Titel kehrte sich in der letzten Woche angesichts der zunehmenden Risikoscheu, die durch die Bombenattentate in Madrid neue Nahrung erhielt, in Abschläge für sämtliche Bereiche um. Steigende Risikoprämien für Aktien fanden ihren Niederschlag in rückläufigen Kursen über sämtliche großen Anlageregionen, Branchen und Anlagestile hinweg. Am härtesten traf es jedoch die großen liquiden Werte. Bislang ist die Risikoprämie allerdings noch nicht hoch genug, um uns zum Aktienkauf zu bewegen, vor allem da sich unser Leitindikator weiter abschwächt. Zwischenzeitlich haben die Schwankungen am Anleihemarkt zugenommen und Anleger werden derzeit (vor allem in Großbritannien) für das Risiko, Anleihen gegenüber Aktien den Vorzug zu geben, nur mäßig belohnt. Deshalb stocken wir den Barmittelanteil in unseren Portfolios weiter auf und warten auf bessere Bewertungen bei Aktien und/oder Anleihen.

Quelle: Merrill Lynch Investment Managers (MLIM)

Merrill Lynch Investment Managers (MLIM) wurde 1976 gegründet und ist mittlerweile eine der größten Investmentfirmen der Welt. Das verwaltete Vermögen beträgt 471 Mrd. US-Dollar (per 30. Juni 2003). Als das Tochterunternehmen für Vermögensverwaltung von Merrill Lynch verfügt MLIM über eine breite Auswahl an prämierten Anlagefonds und umfassenden Einblick in die Märkte.

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