Renditen in Gipfelnähe
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An den Finanzmärkten wurden die gestrigen Zahlen zum Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland halbwegs gut verdaut. Zwar stiegen die Bundrenditen etwas an, und der DAX gab rund 200 Punkte ab – gemessen an dem Ausmaß des Preisauftriebs erschienen diese Kursbewegungen jedoch verhalten. Insgesamt bekommen wir mehr und mehr den Eindruck, das Potenzial für weitere Renditeanstiege in Bundesanleihen wie auch in US Treasuries sei für den Moment ausgereizt. Das Augenmerk der Anleger dürfte sich nun mehr und mehr auf das Ausmaß der konjunkturellen Folgen des Russland-Ukraine-Konflikts richten, um abzuwägen, ob das in den Märkten eingepreiste Ausmaß an Leitzinsanhebungen gerechtfertigt erscheint.
Die Jahresrate des Verbraucherpreisanstiegs in Deutschland erreichte mit 7,3 % das höchste Niveau seit vierzig Jahren. Beeindruckend war aber auch der Inflationssprung im Monatsvergleich: Um nicht weniger als 2½ Prozent stieg das Preisniveau im März im Vergleich zum Februar. Das ist mit sehr großem Abstand die stärkste Monatsveränderung in unseren bis 1970 zurückreichenden Daten. Im Januar 1993 gab es einmal einen Monatsanstieg um 1,7 %, aber dieser war vor allem die Folge einer Anhebung des Mehrwertsteuersatzes von 14 % auf 15 %.
Und auch wenn die gestern veröffentlichten Zahlen weit über den Erwartungen der Volkswirte lagen, so zogen sie doch keine grundsätzliche Neueinschätzung der geldpolitischen Reaktion seitens der Europäischen Zentralbank nach sich. Im Markt werden weiterhin noch für dieses Kalenderjahr zwei Zinsanhebungen im Ausmaß von insgesamt 50 Basispunkten erwartet. Der maßgebliche Leitzins, der Einlagesatz, würde damit noch vor Jahresende und erstmals seit Mitte 2014 negatives Territorium verlassen. Wir teilen zwar grundsätzlich die Einschätzung bevorstehender Zinsanhebungen, glauben aber, dass die Notenbank mit weniger Dynamik in den Zinsanhebungszyklus einsteigen wird. EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte gestern einmal mehr, wie wichtig es sei, sich bei dem anvisierten geldpolitischen Normalisierungsprozess Optionen offen zu halten, in kleinen Schritten voranzugehen und flexibel zu bleiben („optionality, gradualism and flexibility“).
Mit Blick auf die kommenden zwei Jahre reflektieren die Geldmärkte die Erwartung weiterer Zinsanhebungsschritte bis über die 1 %-Marke hinaus. Wir halten diese Erwartung für zu ambitioniert, wenngleich der Lauf der Dinge ausgehend vom heutigen, durch extreme Unsicherheiten geprägten, Umfeld viele Pfade möglich erscheinen lässt. Gleichzeitig sehen wir nahezu kein Potenzial für die Erwartung eines noch höheren Leitzinses über das derzeit eingepreiste Niveau hinaus. Im Umkehrschluss heißt dies, von den marktbasierten Leitzinserwartungen ist – zumindest in der nahen Zukunft – kein nennenswerter Aufwärtsdruck auf die länger laufenden Bundrenditen mehr zu erwarten. Die 10J Bundrendite hat in den vergangenen Tagen mehrfach versucht, über das Niveau von 0,70 % zu klettern, kam dabei aber über Ansätze nicht hinaus. Diese Renditemarke dürfte unserer Einschätzung nach vorerst eine Art Obergrenze für die 10-jährige Bundesanleihe darstellen.
Auch in den Vereinigten Staaten antizipieren die Geldmärkte mittlerweile einen Leitzinspfad, der nach oben hin vorerst ausgereizt sein dürfte. Zinsanhebungen im Ausmaß von insgesamt 175 Basispunkten alleine dieses Jahr und ein Leitzinsgipfel hart an der 3,00 %-Marke sollten für einige Zeit das Maximale dessen widerspiegeln, was vernünftigerweise an geldpolitischer Straffung erwartet werden kann. Weiter in die Zukunft geschaut antizipieren die Anleger sogar erste Zinssenkungen. Im Bereich von 2,50 % sollten die 10J UST-Renditen daher bis auf Weiteres auf stärkere Widerstände treffen. Seit Montagfrüh sind die UST-Renditen bereits um fast 25 Basispunkte auf aktuell 2,31 % abgesackt.
Auf der Tagesagenda stehen die deutschen und europäischen Arbeitsmarktdaten im Vordergrund. Am frühen Abend wird erwartet, dass US-Präsident Joe Biden Agenturmeldungen bestätigt, wonach die USA in den kommenden Monaten täglich rund eine Million Barrel Rohöl aus ihrer strategischen Reserve in den Markt geben werden. Brent handelt heute früh etwas leichter, notiert bei aktuell 108 USD pro Fass aber weiterhin deutlich oberhalb der 100er-Marke.
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Der Beitrag Renditen in Gipfelnähe erschien zuerst auf onemarkets Blog (HypoVereinsbank - UniCredit Bank AG).