Kommentar
10:24 Uhr, 12.10.2004

Rekordhoch beim Ölpreis belastet den Markt

Erneut markierte der Ölpreis neue Höchststände und die am Freitag bekannt gegebenen Arbeitsmarktdaten fielen überraschend schwach aus. Da verwundert es nicht, dass sich der US-Aktienmarkt mit Verlusten ins Wochenende verabschiedete. Ungeachtet einer Rallye zur Wochenmitte, in der sich ein gewisser Optimismus der Anleger mit Blick auf die Zahlen zum dritten Quartal widerspiegelte, litten die Märkte an vier aufeinander folgenden Tagen vor allem unter immer neuen Rekordpreisen beim Öl. Bezogen auf die Woche gaben Dow Jones um 1,3% und Nasdaq um 1,1% nach. Anleger hatten zudem mit 150.000 neuen Jobs außerhalb der Landwirtschaft gerechnet, heraus kamen lediglich 96.000, die damit den Zweifeln an der Stärke des Arbeitsmarktes und dem Tempo des Wirtschaftswachstums in den USA neue Nahrung gaben.

Die zweite Woche in Folge verzeichneten die japanischen Aktienmärkte Zugewinne, wobei der Nikkei 225 ein Plus von 3,3% und der Topix von 2,04% erzielte. Überlagert wurde die Angst vor dem hohen Ölpreis vom Optimismus hinsichtlich der Gewinnentwicklung in der Energiebranche, denn 32 der 33 im Topix vertretenen Energiekonzerne legten zu. Das an der Tokioter Börse neu eingeführte Electric Power Development ist der größte Börsengang in Japan seit 1998 - und der Kurs schnellte um 7,8% nach oben.

Kursgewinne verzeichneten die europäischen Aktienmärkte, angeführt von Energiewerten wie BP, Statoil und der österreichischen OMV, deren Kurs einen Sprung um 11% nach oben machte. Ungeachtet schwacher Konjunkturdaten wie rückläufiger Industrieaufträge und Industrieproduktion, die beide gegenüber dem Vormonat nachgaben, stieg der DAX um 0,5%. Wie allseits erwartet, ließ die EZB ihren Leitzins bei 2%. Begleitet wurde der Zinsbeschluss jedoch von einem gemäßigteren Statement. In Großbritannien verbesserte sich der FTSE um 0,8%. Auch ihm verhalfen Energiewerte, aber auch Banken wie Lloyds TSB und Barclays sowie Gerüchte um einen möglichen Einstieg von Citigroup in das britische Retail Banking zu Zugewinnen. Die Bank von England ließ derweil den Leitzins unverändert bei 4,75%.

Der Optimismus unter den Anlegern in der Region Asien-Pazifik hielt nach Äußerungen des Chefs der chinesischen Zentralbank an, demzufolge die Kreditbeschränkungen zur Abkühlung der Wirtschaft ihre Wirkung zeigen. Der südkoreanische Kospi-Index schoss um 4,2% nach oben.

In Lateinamerika musste ein Teil der jüngsten Zugewinne wieder abgegeben werden, denn der argentinische Merval- und der mexikanische Bolsa-Index schlossen im Minus.

An den europäischen Emerging Markets erzielten russische Aktien Kursgewinne. An die Spitze setzten sich Öl- und Gaserzeuger, einschließlich Yukos. Moody's hob zudem seinen Ausblick für das Länderrating Russlands von stabil auf positiv an. Der wichtigste russische Index, der RTS-Index, verbesserte sich im Wochenverlauf um 6,8%.

Am Freitag gerieten die Renditen von US-Treasuries wegen der schwachen Arbeitsmarktdaten an den Staatsanleihemärkten ins Trudeln. In Erwartung eines positiven Berichts waren die Renditen zuvor deutlich gestiegen. Japanische Staatsanleihen mussten den herbsten Wochenverlust seit vier Monaten einstecken, denn Anleger zeigten dem Rentenmarkt die kalte Schulter und wandten sich stattdessen dem Aktienmarkt zu.

An den Devisenmärkten notierte der US-Dollar leichter gegenüber dem Yen, denn der enttäuschende Beschäftigungsaufbau in den USA heizte Spekulationen darüber an, die Fed könnte bis zum Jahresende nicht wie bislang erwartet zweimal, sondern nur noch einmal die Zinsschraube anziehen. Seinen scheinbar unaufhaltsamen Anstieg setzte der Ölpreis an den Rohstoffmärkten fort. An vier Tagen in Folge markierte er neue Rekorde und bestimmte damit das Geschehen an den weltweiten Finanzmärkten. Zum Wochenende wurde ein Fass Brentöl bei 49,40 US-Dollar gehandelt. Mit ausschlaggebend waren die durch die Hurrikans verursachten Schäden an den Ölplattformen im Golf von Mexiko, die die Angst vor Versorgungsengpässen schürten. Im Gefolge des hohen Ölpreises zogen auch die Preise für andere Rohstoffe an und der CRB-Index kletterte um 0,8% nach oben.

Bedenken über Nachhaltigkeit der globalen Konjunkturerholung wachsen

In der letzten Woche schienen sich die Aktienmärkte dem oberen Ende ihrer jüngsten Handelsbandbreite zu nähern, ausgebremst wurden sie hierbei allerdings durch schwächer als erwartete Konjunkturindikatoren. Im Vorfeld der beginnenden Berichtssaison zum dritten Quartal in den USA und angesichts eines ganzen Schwungs europäischer TMT-Werte, die demnächst ihre Zahlen präsentieren, wächst die Besorgnis, dass die jüngste Rallye nicht auf soliden Fundamentaldaten aufgebaut sein könnte. So zeichnet sich vor allem bei den Gewinnkorrekturen von US- und anderen Firmen eine Kehrtwende zu mehr Korrekturen nach unten ab. Dies gilt vor allem für US-Branchen wie Verbrauchsgüter, Arzneimittel, Technologie und Finanzen. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob sich dahinter die viel zitierte Verschnaufpause sowie einige unternehmensspezifische Probleme verbergen, oder ob dies die Vorboten eines spürbaren Abwärtstrends der Wirtschaft sind.

Besonders enttäuschend war die Fülle an schwachen Konjunkturdaten der letzten Woche. Für die größte Enttäuschung sorgten die schwachen Arbeitsmarktzahlen (die dem Bureau of Labour Statistics zufolge nicht auf die jüngste Hurrikan-Welle zurückzuführen sind), wobei der Vorratsaufbau in den USA und das Geschäftsklima in Europa nahe legen, dass sich die Minierholung bei den Unternehmen in diesem Herbst ihrem Ende nähert. Inzwischen werden die Konjunkturdaten wohl ein richtiges Wiederanziehen ausweisen müssen, damit sich die Stimmung dreht. Vermutlich wird sich die Aufmerksamkeit auf die für 2005 erwartete Abkühlung sowie darauf richten, ob sich die globale Konjunktur bis unter das Trendwachstum abschwächt. Zwar sind die Argumente für eine handfeste Konjunkturflaute wenig überzeugend, die Gefahr eines länger anhaltenden, unter dem Trend liegenden Wachstums sollte aber nicht so ohne Weiteres von der Hand gewiesen werden.

Quelle: Merill Lynch Investment Managers

Merrill Lynch Investment Managers (MLIM) wurde 1976 gegründet und ist mittlerweile eine der größten Investmentfirmen der Welt. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 500 Mrd. US-Dollar (per 31. Dezember 2003). Als das Tochterunternehmen für Vermögensverwaltung von Merrill Lynch verfügt MLIM über eine breite Auswahl an prämierten Anlagefonds und umfassenden Einblick in die Märkte.

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