Nachricht
11:41 Uhr, 20.09.2024

Rechnungshof kritisiert Verwendung von Rückflüssen im Budget - Zeitung

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Der Bundesrechnungshof (BRH) hat einem Zeitungsbericht zufolge erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geplanten Verwendung von Rückflüssen aus Notlagenkrediten im Bundeshaushalt 2025. "Die Verwendung von Rückflüssen aus Notlagenkrediten zur Finanzierung allgemeiner Haushaltsausgaben würde den fortbestehenden zwingenden Zusammenhang zwischen Kreditaufnahmen und Notlage auflösen", heißt es demnach in einem BRH-Bericht für den Haushaltsausschuss des Bundestags, wie die Rheinische Post berichtete. "Dies ist mit dem Sinn und Zweck des von der Schuldenregel vorgesehenen Ausnahmeinstrumentes nicht vereinbar."

Die Rückflüsse aus Notlagenkrediten in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro dürften deshalb nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwendet werden. "Sie sind nach Auffassung des Bundesrechnungshofes vielmehr zur Tilgung der Notlagenkredite heranzuziehen. Es droht damit eine weitere Finanzierungslücke", so der BRH. Bei den vom Rechnungshof monierten Beträgen gehe es um Einnahmen aus Rückzahlungen von Corona-Soforthilfen von 300 Millionen Euro, Einnahmen aus der Abwicklung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energiekrise von 2,9 Milliarden Euro sowie Einnahmen aus der Stabilisierung des Gasunternehmens Securing Energy for Europe GmbH (Sefe) von 300 Millionen Euro, die im Entwurf des Bundeshaushalts 2025 als reguläre Einnahmen verbucht würden.

Das Bundesfinanzministerium verteidigte laut den Angaben in der Antwort auf eine schriftliche Frage des CDU-Bundestagsabgeordneten Mathias Middelberg dagegen die geplante Verwendung der Rückzahlungen als Einnahmen im Bundeshaushalt. So bezweifle es, ob es sich im Falle der Corona-Soforthilfen "tatsächlich um eine 'Rückzahlung' handelt, also um eine Rückführung genau der damals ausgezahlten Mittel, oder ob die Mittel bereits den Zuständigkeitsbereich des Bundes verlassen hatten und der Notlagenmaßnahme außerhalb des direkten Einflussbereiches des Bundes zugeführt wurden".

Middelberg kritisierte, das Finanzministerium verteidige die Verbuchung von Einnahmen aus Corona-Notlagenkrediten im Haushalt 2025 mit "allein formalistischen" Argumenten. "Materiell handelt es sich aber klar erkennbar um einen Rückfluss von Geldern, die ursprünglich unter Berufung auf die 'Notlage Corona' unter Aussetzung der Schuldenbremse als Kredite aufgenommen wurden." Dies moniere auch der Bundesrechnungshof und namhafte Finanzverfassungsrechtler. "Finanzminister Christian Lindner sollte deren Hinweise auf 'hohe verfassungsrechtliche Risiken' sehr ernst nehmen", sagte Middelberg der Zeitung. "Wir wollen ausdrücklich keine neue Verfassungsklage. Sollte der Finanzminister diese verfassungswidrigen Buchungsvorschläge aber ins Werk setzen, wäre das ein veritabler Klagegrund."

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/apo

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.