Kommentar
10:34 Uhr, 27.03.2012

Rebalancing: Regelmäßige Kontrolle des Portfolios

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Je nach Alter des Investors, der Höhe des anzulegenden Vermögens, dem Anlagehorizont- und -ziel sowie der Risikoneigung unterscheidet sich die Zusammensetzung eines Portfolios (Asset Allocation). Um allerdings über einen längeren Zeitraum die entsprechende Depotstruktur zu gewährleisten, muss das Depot regelmäßig überwacht und gegebenenfalls angepasst werden.

Nichts bleibt so, wie es einmal war, schon gar nicht an den Finanzmärkten. Das zeigten gerade die vergangenen schwankungsintensiven Börsenjahre mit teilweise drastischen Kurskorrekturen. Und selbst am bis vor kurzem als nahezu absolut sicher geltenden Staatsanleihenmarkt kam es zu dramatischen Veränderungen. So manche „sichere“ Anleihe wird heute mit Schrott-Status gehandelt. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig eine regelmäßige Depot-Kontrolle ist. Und so leuchtet auch jedem Anleger die Notwendigkeit einer gelegentlichen Umschichtung seines Portfolios ein.

Rebalancing fördert antizyklisches Verhalten

Steigen einzelne festgelegte Depot-Anteile wie Aktien oder Rohstoffe besonders rasant, wird jedoch bei den wenigsten Anlegern Umschichtungsbedarf gesehen, ganz nach der alten Börsenweisheit: „Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen“. Warum sollte man auch Pferde wechseln, die hervorragend galoppieren? Doch damit läuft der jeweilige Anleger Gefahr in die Risikofalle zu tappen. Denn mit steigenden Kursen von beispielsweise Aktien steigt auch gleichzeitig deren Gewichtung im Gesamtportfolio. Die zu Beginn als optimal ermittelte Portfoliostruktur gerät aus dem Gleichgewicht, das Verlustrisiko steigt aufgrund eines geringer werdenden Rentenanteils.

Gleiches gilt auch umgedreht: Fallen die Kurse drastisch, verlieren viele Anleger die Nerven und verkaufen schnell, um Verluste noch zu begrenzen, häufig dann viel zu spät. Doch was passiert mit der Gesamtportfolio-Struktur? Mit sinkenden Kursen sinkt auch der Anteil der jeweiligen Assetklasse im Gesamtportfolio. Um das zu Beginn ermittelte Risikoprofil wieder herzustellen, müsste jedoch nicht verkauft werden, sondern in der jeweiligen Assetklasse aufgestockt werden. Denn mit niedrigeren Kursen der in der Regel dynamischeren Investments wie Aktien sinkt wiederum die Gewichtung im Gesamtportfolio. Steigen dann wieder die Kurse, partizipiert der Anleger nur unterdurchschnittlich daran, weil der Anleihenanteil entgegen der einstmals festgelegten Depotstruktur inzwischen wesentlich höher ist.

Der Vorteil dieser regelmäßigen Umschichtung ist: der Anleger wird damit gezwungen, antizyklisch zu handeln. Man sichert sich somit also die Gewinne der gut performenden Assetklassen und steckt sie in diejenigen mit niedrigerer Bewertung. Und gerade diese haben häufig die künftig besseren Renditechancen. Für diejenigen, die jedoch lieber zyklisch Gewinne laufen, aber trotzdem ihr Verlustrisiko nicht erhöhen möchten, gibt es natürlich auch die Möglichkeit, die weniger erfolgreichen Investments zu verkaufen und von diesen Erträgen die anderen Assetklassen aufzustocken, oder man schießt neues Geld nach.

Natürlich sollte man dabei auch die jeweilige Marktsituation berücksichtigen. So macht es beispielsweise wenig Sinn, derzeit, nur weil Staatsanleihen so mancher EU-Peripherieländer günstig bewertet sind, wider besseres Wissen in die gleichen Investments zu investieren. Vielmehr sollte man sich in diesem Falle nach Alternativen innerhalb der gleichen Assetklasse umsehen.

Kalender-Rebalancing

Für die zeitliche Abfolge gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Kalender-Rebalancing oder das Intervall-Rebalancing. Bei ersterer Variante handelt es sich um eine regelmäßige Kontrolle entsprechend der Indexanpassungen. Das heißt, nach einer bestimmten Zeitspanne, beispielsweise nach einem halben Jahr, setzt man die Gewichtung wieder auf das zuvor festgelegte Maß zurück. Allerdings ist diese Variante sehr statisch, denn innerhalb dieses festgelegten Zeitraums kann sich die Gewichtung in einer sehr volatilen Marktsituation stark verändern, in einer sehr ruhigen Phase kann die Veränderung dagegen nur sehr geringfügig sein.

Intervall-Rebalancing

Eine Alternative dazu ist das Intervall-Rebalancing. Man setzt dafür einen bestimmten Toleranzkorridor fest, der während der Laufzeit nicht überschritten werden darf. Wird für die eine oder andere Assetklasse der festgelegte Korridor überschritten, wird umgeschichtet. Das Geldanlageportal justETF beispielsweise geht von einem Standard-Toleranzkorridor von +/- fünf Prozent aus, wenn man als Anleger keinen eigenen Korridor festlegt.

Zu oft schadet auch

Eine Studie der FundExplorer GmbH im Auftrag der Clientis Sparkasse Horgen wollte genau wissen, welche Rebalancing-Bandbreiten die Depotrendite am erfolgreichsten für vier unterschiedlich gewichtete Portfolios auf ETF-Basis maximieren. Das reine Aktiendepot umfasste 25 Prozent Schweizer Aktien, der Rest verteilte sich auf Westeuropa (22 Prozent), USA (19 Prozent), Aktien Asien Emerging Markets (17 Prozent), Aktien Asien Developed (9 Prozent), Aktien Osteuropa (5 Prozent) und Aktien Lateinamerika (3 Prozent). Untersuchungszeitraum war der 1.1.2001 bis 1.1.2010. Die optimalste Rendite wurde laut der Studie bei dem reinen Aktiendepot mit einem Toleranzkorridor von 5,5 Prozent und 3 Rebalancings in fünf Jahren erzielt.

Dass ein allzu häufiges Rebalancing gegenüber der Buy- and Hold-Strategie das Nachsehen haben kann, zeigte auch eine Studie des amerikanischen Investmenthauses Alliance Capital Management (ACM) aus dem Jahre 2003. Gerade bei stark steigenden Börsenkursen hängte das statische Portfolio, bei denen man die Gewinne einfach laufen ließ, das mit einem 3-Prozent-Korridor angepasste Portfolio in starkem Maße ab. Erst, als es wieder mit den Kursen nach unten ging, zeigte dann das regelmäßig angepasste Depot seine Stärken und ließ das nicht statische Depot weit hinter sich.

Wichtig beim Rebalancing ist natürlich auch der Einfluss der Gebühren aufs Depot. Eine Rückbesinnung auf die alte Börsenweisheit „Hin und her macht die Taschen leer“ macht durchaus Sinn, gerade bei volumenschwachen Depots. Die Höhe der fälligen Gebühren sollte stets in einem gesunden Verhältnis zum Nutzen der Umschichtung stehen.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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