Kommentar
21:24 Uhr, 18.09.2006

Rätselraten bei den Euro-Bullen

Ein neues Rekordhoch des US-Handelsbilanzdefizites (68 Mrd. USD) im Juli sorgte nur für ein kurzes Niesen des Greenback. Und das obwohl der Wert deutlich über den Prognosen der Analysten lag (65,5 Mrd. USD). Hohe Importe (insbesondere bedingt durch hohe Ölpreise) und erstmals seit 5 Monaten fallende Exporte machten der Bilanz zu schaffen. Wie immer wenn man sich an den Märkten eine erwartete Reaktion nicht einstellt, werden Theorien zur Erklärung geschmiedet. Der neueste Meinungswechsel eines Teils der Analystenschar: Die FED könnte vielleicht auf ihrer nächsten Sitzung doch noch ein weiteres Mal an der Zinsschraube drehen statt eine Pause einzulegen oder gar Zinssenkungen zu erwägen. Dies würde die Zinsdifferenz zum Euro-Raum wieder erhöhen und damit den Dollar stärken. Derzeit deutlich sinkende Rohstoffpreise, die tendenziell inflationsdämmend wirken, machen dieses Szenario aber nicht sonderlich wahrscheinlich.

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Wechseln wir den Blick von den allmächtigen USA und ihrem Dollar in die zukünftig ökonomisch wichtigste Region der Welt, Südost-Asien. Indiens Regierung will die Landeswährung Rupie bis 2011 vollständig konvertierbar machen. Dieses an sich über 10 Jahre alte Vorhaben starb im Gefolge der heftigen Asienkrise 1997/98, als die Wechselkurse der „freien“ Währungen der indischen Nachbarn dramatisch fielen. Inzwischen ist die Gegend ökonomisch nicht nur mehr als stabilisiert, sondern der Wachstumsmotor der Weltkonjunktur. Damit dies auch so bleibt, sollen sich die Rahmenbedingungen weiter verbessern. Während für Handelszwecke die Rupie bereits konvertierbar ist, werden Kapitalab-und Zuflüsse eng beschränkt. Diesen letzten Punkt hat Indien mit China gemeinsam, der kommunistische Nachbar der Inder hält allerdings noch nicht sehr viel von freier Konvertierbarkeit.

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Die selbst auferlegten Bedingungen für eine freie Rupie 2011 klingen hart, aber angesichts des nicht nachlassenden Booms machbar. So soll das derzeit noch bestehende Haushaltsdefizit in einen –überschuss in Höhe von ein Prozent des BIP verwandelt werden. Mit einem Schuldenberg von ca. 80% des BIP ist Indien relativ hoch verschuldet. Für den Eintritt in die Euro-Zone würde es also derzeit nicht reichen (Grenze 60%). Aber wer will schon in den Euro - die Rupie hat nach Freigabe, möglicherweise sogar einmal in einer Art Verbund mit dem chinesischen Yuan, das Zeug dazu, den US-Dollar und Euro langfristig als wichtigste Währung abzulösen.

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Die Bevölkerungsdynamik der größten Demokratie der Welt ist beeindruckend: Mit aktuell 1,1 Mrd. Menschen liegt Indien zwar noch hinter China (1,3 Mrd.), aber die unterschiedliche Geburtenentwicklung dürfte in den nächsten 20 Jahren zu einer Nivellierung des Unterschiedes führen. Gemeinsam werden die beiden Staaten dann rund 3,2 Mrd. Menschen Platz bieten – und den dann größten zusammenhängenden Wirtschaftsraum bilden, mit den dann wichtigsten Währungen der Welt.

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Editorial aus dem kostenlosen Godmode FOREX Report Börsenbrief

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Autor: Daniel Kühn

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