Kommentar
22:00 Uhr, 26.08.2005

Psychologie des Tradens - "Helfen" vielleicht Hirnschäden?

Anfang des Monats sorgte eine Studie eines Forscherteams aus den USA für Aufsehen in der Financial Community. Das Ergebnis der Untersuchungen besagte nämlich, dass Menschen mit emotionalen Störungen unter Umständen die besseren Anlageentscheidungen treffen. Die betroffenen Personen hatten Hirnverletzungen in den Bereichen, die für Gefühle zuständig sind. Somit war auch ihre Fähigkeit deutlich vermindert, Angst oder Gier zu empfinden.

Versuchsaufbau
15 hirngeschädigte Personen mit normalem IQ traten gegen eine Kontrollgruppe an, die keine Schädigungen aufwies. Getestet wurde das Verhalten an einem sehr einfachen Anlagespiel. Jeder Spieler erhielt 20 Dollar Wetteinsatz und konnte bei einem Münzwurf über 20 Runden jeweils einen Dollar auf Kopf oder Zahl wetten. Die Chance richtig zu liegen betrug also 50:50
Wer richtig lag, bekam 2,5 Dollar zurück – wer falsch lag, verlor den einen Dollar Einsatz. Die potentielle Rendite war damit deutlich höher als der mögliche Verlust.

Rationales Verhalten
Was wäre nun von einem rationalen Investor zu erwarten? Eine 50:50-Chance wie bei einem Münzwurf vorausgesetzt, erscheint die einzig sinnvolle Strategie in jeder der 20 Runden den Einsatz zu wagen, wobei unwichtig ist auf welche Seite man setzt. Der mögliche Gewinn ist in jeder Runde 50% höher als der mögliche Verlust. Auf Dauer kann man bei einer solchen Strategie nur gewinnen, da auf lange Sicht Kopf und Zahl in etwa gleich oft auftauchen werden.

Tatsächliches Verhalten
Die emotionsgestörten Teilnehmer investierten in 84% aller Runden, die normalen dagegen nur in 58%. Dabei ist besonders die Reaktion auf das Ergebnis der jeweiligen Vorrunde zu beachten. 59% der normalen Spieler reagierten auf einen Verlust in einen Runde damit, dass sie in der nächsten aussetzten. Bei den gestörten Spielern betrug dieser Anteil nur 15%.

Ergebnis
Wie angesichts dieses Verhaltens nicht anders zu erwarten, war die erzielte Rendite der geschädigten Testgruppe höher als diejenige der normalen Gruppe. Im Schnitt machten sie aus 20 Dollar 25,70 Dollar, die normale Gruppe verfügte am Ende im Schnitt über 22,80 Dollar.

Implikationen für das Trading
Münzwürfe mögen für eine derartige Studie ein geeignetes Spiel sein, allerdings stellt sich die Frage wie das Ergebnis im realen Trading wäre. Bei Betrachtung des Versuchsaufbaus ist am auffälligsten, dass das Chance-Risiko-Verhältnis eindeutig bezifferbar ist. Pro eingesetztem Dollar sind mit 50%iger Wahrscheinlichkeit 2,5 Dollar Rückfluss zu erwarten und mit 50%iger Wahrscheinlichkeit der Verlust diesen einen Dollars. Die erwartete Rendite pro Runde lässt sich damit sogar mathematisch berechnen: R=(0,5*2,5+0,5*0)-1=0,25=25%
Leider hat man es beim Trading nicht mit derart berechenbaren Situationen zu tun. Fraglich ist nun insbesondere, wie ein emotionsgestörter, also rein rationaler Trader das Chance-Risiko-Verhältnis beurteilen würde.

Fundamental oder charttechnisch?
Wie geht der rationale Anleger vor? Soll er sich an fundamentalen Kriterien orientieren? Das scheidet meiner Ansicht nach aus, denn dann hätte er in bestimmten Börsenphasen massive Probleme. Dazu seien die Extremphasen (Baisse) bis März 2003 und davor bis 2000 (Hausse) genannt. Diese Peaks wurden ja eben durch das Verhalten emotionaler, allenfalls teilrationaler Anleger verursacht. Ein fundamental rationaler Anleger würde vermutlich viel zu früh ins fallende Messer greifen (ein KGV von 10 ist ja auch günstig, in der Baisse gab es aber auch KGVs von 5 und darunter!), während er in der Hausse vermutlich viel zu früh aussteigen würde bzw. sogar hohe Bewertungen shorten würde, was zu schmerzlichen Eindeckungen auf noch höherem Niveau führt.

Wer keine Emotionen hat, sollte Chartist werden!
Damit ist völlig klar – nur wenn ein rationaler Anleger nach Chart- und Markttechnik vorgeht, wird er besser sein als der normale Investor. Er kann hier nüchtern Chancen und Risiken anhand des Kursverlaufes analysieren, ohne der Angst oder Gier zu verfallen wie seinen emotionsgeladenen Kollegen. Er kann dann v.a. auch Signale traden, die er als fundamentaler rationeller Investor niemals traden würde.

Kurzum: Der beste rationale Investor ist ein automatisches Handelssystem!
Zum Abschluss möchte ich Ihnen aber noch ein wichtiges Detail der oben zitierten Studie mit auf den Weg geben. Drei Viertel der hirngeschädigten Testgruppe war bereits einmal komplett pleite. Dahinter steckt die Unfähigkeit Angst zu spüren, was zu risikobereitem Verhalten führt. Die Angst, der Gegenpol der Gier, verbaut den emotionalen Anleger also nicht nur Chancen, sondern kann auch als Schutzmechanismus dienen. Und außerdem: Wer keine Emotionen hat, kann sich auch nicht über einen Gewinn freuen. Deshalb ziehe ich es auch weiterhin vor, mit Angst und Gier zu leben.

Quelle: TradersJournal - Daniel Kühn

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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