Probleme sind dafür da, dass sie gelöst werden: Die Jahresend-Rallye kommt
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Heutzutage lautet die entscheidende fundamentale Frage: Was macht China? Laut Einkaufsmanagerindex liegt die Industriestimmung weiter unter der Expansion anzeigenden Schwelle von 50. Immerhin signalisierte er zuletzt eine deutliche Stabilisierungstendenz. Im Einklang zeigen sich auch die Gewinne chinesischer Industrieunternehmen im Vorjahresvergleich erholt. Offensichtlich scheinen die geplanten finanz- und geldpolitischen Maßnahmen gemäß neuem chinesischen Fünfjahres-Plan zur Verhinderung einer markanten Wachstumsabschwächung erste Wirkung zu zeigen.
Damit ist auch eine Entspannung an den chinesischen Finanzmärkten verbunden. Die ab Juni 2015 drastisch eingebrochenen Wertpapierkredite haben sich seit Oktober wieder erholt. Hiervon konnte auch der chinesische Aktienleitindex Shanghai Composite profitieren. Offensichtich hat die Planwirtschaft der KP die Marktwirtschaft erfolgreich stabilisiert. Damit hat ein markantes Handicap für die westlichen, insbesondere exportorientierten Aktienmärkte, z.B. in Deutschland, an Bedeutung eingebüßt.
Wenn die US-Leitzinswende wider Erwarten kommt, ist eine schlüssige Verbalerläuterung entscheidend
Die Stimmung in der US-Industrie trübt sich weiter ein und ist laut ISM Index auf den niedrigsten Stand seit Ende 2012 gefallen. Doch zeigt sich der US-Dienstleistungssektor robust.
Allerdings zeigt sich die Preissteigerungsrate in den USA als Durchschnitt aus Verbraucher- und Produzenteninflation weiter kritisch. Die Gefahr mangelnder Preisüberwälzungsspielräume auf Unternehmensseite und einer abwartenden „Geiz ist Geil“-Mentalität der Konsumenten bleibt ein konjunkturelles Problem, das auch die Wertentwicklung des US-amerikanischen Aktienmarkts negativ beeindrucken kann. Bereits jetzt hat der S&P 500 im Vorjahresvergleich deutlich an Dynamik eingebüßt. Für die Aktien afinen Amerikaner ist der Vermögenseffekt auf die Konsumneigung nicht zu unterschätzen.
GRAFIK DER WOCHE
US-Preissteigerungsrate als Durchschnitt aus Verbraucher- und Produzentenpreisinflation und US-Aktienmarkt (S&P 500)
Die Fed muss auf ihrer nächsten Sitzung, nach einem langatmigen, verunsichernden Zins-Ping Pong - ich erhöhe die Zinsen, ich erhöhe sie nicht - endlich Farbe bekennen. Es gibt aus nationaler Perspektive zwar kaum einen Grund, die Zinswende durchzuführen. Sollte die Fed dennoch eine Zinserhöhung im Dezember vornehmen, geschieht dies primär, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhalten. Denn seit Amtsantritt spricht Frau Yellen von der Leitzinswende. Bei tatsächlicher Leitzinserhöhung wird sie allerdings sehr deutlich machen müssen, dass hiermit kein dynamischer Zinserhöhungszyklus eingeleitet wird. Ansonsten würde sie weltweite Bedenken vor Deflationsrisiken und die Kapitalflucht aus den Schwellenländern befeuern. Nicht zuletzt gewinnt sie mit so einer Klarstellung endlich wieder die Hoheit über den Aktien-Stammtischen zurück.
Mario Draghi verteilt schon Anfang Dezember Weihnachtsgeschenke
Setzt man die vom ifo Institut ermittelte Einschätzung der Geschäftslage und der -erwartungen des Verarbeitenden Gewerbes der Eurozone für das IV. Quartal 2015 zueinander in Beziehung, befindet sich die Industrie zwar weiterhin knapp im Boom. Doch muss auch festgestellt werden, dass die Erwartungskomponente nachgegeben hat.
Zur Bekämpfung der nach wie vor akuten Deflationierungsgefahr - im Oktober lag die Inflationsrate bei null Prozent - wird die EZB auf ihrer Sitzung am 3. Dezember eine noch unkonventionellere Geldpolitik verkünden und vermutlich die Verlängerung der Aufkäufe von Staatsanleihen über September 2016 hinaus bei gleichzeitig großzügiger Erhöhung der monatlichen Kaufvolumina und den verstärkten Ankauf von Unternehmensanleihen beschließen. Eine abermalige Senkung des Einlagenzinssatzes für Banken ist ebenso zu erwarten. Insofern bleibt die Liquiditätshausse der EZB angesichts der weiterhin unattraktiven Zinsanlagen eine markante Triebfeder für die Aktienmärkte.
Aktuelle Marktlage und Anlegerstimmung: Fundamentale Verbesserung unverkennbar
Deutschen Aktien kommen die stabilisierenden Konjunkturmaßnahmen Chinas - die auch auf die Anrainerstaaten positiv ausstrahlen - zugute. Daneben profitiert die deutsche Exportindustrie von der Euro-Abwertungspolitik der EZB. Käme es zu einer US-Zinserhöhung würde der Euro sogar in die Zange genommen und weiter abwerten.
Auch die günstigen Rohstoffpreise sorgen für Margenverbesserungen. Niederschlag finden diese Entwicklungen in einer im Trend verbesserten Gewinnentwicklung seit Anfang 2014. Nach einem vor allem vom China-Schock ausgehenden Kursverfall im Sommer berücksichtigt die Kursentwicklung deutscher Aktien diese fundamentale Aufhellung wieder stärker.
Im internationalen Vergleich zeigt sich das Gewinnwachstum in Deutschland als auch In Europa robuster. Diese fundamentale Stärke dürfte zu einer Outperformance europäischer Aktien führen.
Geldpolitisch, aber auch immer mehr fundamental gerechtfertigt, wird sich die Jahresend-Rallye an den Aktienmärkten im volatilen Trend fortsetzen. Mit einem neuen Allzeithoch im DAX ist vorerst zwar nicht zu rechnen. Ein Jahresendstand deutlich über 11.000 Punkten ist jedoch zu erwarten.
Als Handicap müssen sicherlich die Entwicklungen bei Volkswagen betrachtet werden. Nach dem Abgasskandal bei VW-Fahrzeugen wirft die US-Umweltbehörde jetzt auch Audi und Porsche - das sind die Kronjuwelen des Konzerns - vor, bei den Dieselabgaswerten manipuliert zu haben. Und jetzt gibt auch noch der Wolfsburger Konzern zu, dass die Verbrauchswerte von VW-Fahrzeugen tatsächlich höher ausfallen als werksseitig angegeben. Schnellstmögliche Aufklärung und sofortige personelle Konsequenzen bei erwiesenem Fehlverhalten sind das Gebot der Stunde. Auf keinen Fall darf es bei VW zu einem strukturellen Problem kommen, wonach Manipulationsvorwürfe kein Ende nehmen. Insofern darf bei der Aufdeckung kein Stein auf dem anderen bleiben. Vergleichbare Fälle bei anderen Unternehmen zeigen, dass Börse und Kunden Fehltritte verzeihen, wenn eine saubere Aufklärungsarbeit im Sinne von „Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende“ erfolgt. Gerichtliche Auseinandersetzungen und Konzernentscheidungen in puncto Kapitalerhöhung, Dividendenkürzung bzw. -ausfall und schmerzliche Bereinigungen im Unternehmensportfolio werden VW zwar noch lange begleiten. Wenn aber ein Zustand erreicht ist, der es erlaubt, operativ wieder ordentlich zu arbeiten, hat der Heilungsprozess begonnen.
Kollateralschäden auf die deutsche Industriegüterkultur oder auf „Made in Germany“ sind zwar nicht zu befürchten, wenn deutsche Gründlichkeit bei der Aufklärung an den Tag gelegt wird. Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit die automotive deutsche Nahrungskette, auch mit Blick auf die Zulieferer, beeinträchtigt wird.
Die Volatilität bleibt grundsätzlich weiter deutlich geringer als in früheren Krisenzeiten. Gegen die Inflation an Krisen scheint die Geldpolitik ein wirksames Gegenmittel zu besitzen. Gemäß aktueller Schwankungsbreite des VDAX-New Volatilitätsindex liegt die theoretische Schwankungsbreite beim DAX für die nächsten 30 Handelstage zwischen 11.578 und 10.156 Punkten.
Der vergleichsweise hohe Anteil der Optimisten am US-Aktienmarkt, der auf den höchsten Wert seit Jahresbeginn gestiegen ist und damit deutlich über der oberen Begrenzung der ersten Standardabweichung liegt, liefert als Kontraindikator allerdings Argumente für zwischenzeitliche Aktienkonsolidierungen in den USA.
Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50: Aufwärtstrend weiter intakt
Charttechnisch dürfte sich im DAX die Korrektur ausweiten, wenn der Index das Tief bei 10.692 Punkten durchbricht. Darunter wartet die erste Unterstützung bei 10.652, gefolgt von einer Kurslücke zwischen 10.587 und 10.508 Punkten. Im Fall einer heftigen Korrektur besteht ein solider Auffangbereich bei rund 10.208 Punkten. Auf der Oberseite wartet die erste Barriere in der Kurslücke zwischen 11.154 und 11.278 Punkten. Hier liegt auch der Widerstand am seit April bestehenden Abwärtstrend bei aktuell 11.188 Punkten. Darüber verlaufen Hürden bei 11.600 und 11.800 Punkten.
Gelingt dem Euro Stoxx 50 der Ausbruch über die Barriere bei 3.473 Punkten, tritt der seit April bestehende mittelfristige Abwärtstrend bei derzeit 3.586 in den Vordergrund, der die Widerstandszone zwischen 3.580 und 3.602 Punkten verstärkt. Darüber besteht die nächste nennenswerte Barriere bei etwa 3.700 Punkten. Fällt der Index dagegen unter den seit September bestehenden Aufwärtstrend bei zurzeit 3.370, wartet eine Unterstützung zwischen 3.325 und 3.290. Weitere Haltelinien verlaufen bei 3.200 und 3.160 Punkten.
Der Wochenausblick für die KW 46
Auf Unternehmensebene zeigt sich Continental im Rahmen der Berichtsaison für das abgelaufene III. Quartal 2015 trotz der Abschwächung in den Schwellenländern robust. Es wird sogar spekuliert, ob der solide Ausblick ein weiteres Mal angehoben wird. Bei Siemens liegt der Fokus der Anleger auf dem vermutlich stabilen Ausblick für das neue Geschäftsjahr, nachdem sich die Auftragslage zuletzt wieder freundlicher zeigte.
Auf Makroebene dämpft die Industrieproduktion in China mit 5,8 nach 5,7 Prozent zum Vorjahr die hard landing-Ängste etwas. In den USA deuten stabile Einzelhandelsumsätze und ein wieder freundlicheres Konsumentenvertrauen auf die Widerstandsfähigkeit des für die US-Wirtschaft wichtigen Konsums hin.
In der Eurozone fallen die BIP-Zahlen für das III. Quartal 2015 stabil aus. Auch das deutsche Wirtschaftswachstum dürfte dem China-Effekt getrotzt haben. So dürfte sich das Investorenvertrauen in die Eurozone laut Finanzdatenanbieter Sentix auch aufgrund der offensiven Liquiditätsrhetorik der EZB wieder etwas aufgehellt haben.
Es bestehen gute Chancen, dass der DAX in der nächsten Woche die Marke von 11.000 Punkten knackt.
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