pfp Advisory: „Dann sollen sie doch billige Autos bauen“
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Fondsmanager Roger Peeters appelliert an die Politik, die Verantwortung für den Industriestandort Deutschland ernst zu nehmen.
27. Oktober 2025. FRANKFURT (pfp Adisory). Der bekannte und Marie Antoinette zugeschriebene Spruch "Qu’ils mangent de la brioche", ins Deutsche etwas unsauber mit „Dann sollen sie doch Kuchen essen“ übersetzt, gehört zu den populärsten Aussagen im Umfeld der Französischen Revolution. Und dies, obwohl es sich sehr wahrscheinlich um „fake news“ handelt. Marie Antoinette war zu der Zeit, in der sich der Ausspruch ereignet haben soll, ein Kind in Österreich gewesen, und überhaupt gibt es keinen Beleg, dass sie den Ausspruch jemals getätigt hat.
Gleichwohl hält sich dieser zumindest so nicht getroffene Ausspruch wohl auch deshalb so gut im „Gedächtnis der Menschheit“, weil er einfach passt in eine Zeit, in der die Herrschenden aus dem Adel jenseits aller moralischen und ethischen Aspekte in dieser von extremer Ungleichheit geprägten Periode schlicht nicht verstanden haben, wie groß die Not im Volk tatsächlich war. Am Ende bezahlten die Herrschenden dies schlussendlich teuer nicht nur mit dem Verlust der Macht, sondern in zahllosen Fällen auch mit dem Verlust des eigenen Kopfs unter dem Fallbeil der Guillotine.
Heutzutage leben wir alle Gott sei Dank und zum Nutzen aller in wesentlich friedvolleren Zeiten. Vor Herrschenden, die immer wieder eine grobe Unkenntnis über reale Sachverhalte in der Gesellschaft haben, sind wir gleichwohl nicht gefeit. Und da schließt sich der Kreis, denn seit einigen Jahren liest und hört man in der Diskussion über die angeblich mangelnde Verbreitung von EVs, also elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen, immer wieder vollkommen absurde Äußerungen und Forderungen von Politikern, dass die deutschen Hersteller die Schuld hätten, schließlich würden diese es nicht hinbekommen, ausreichend günstige Modelle anzubieten. Die vermeintlich einfache Lösung demnach: „Bietet doch einfach günstigere Modelle an!"
Derartige Aussagen lösen in mir schon deshalb massive Störgefühle aus, weil dadurch klar illustriert wird, wie weit sich gewisse Kreise von ökonomischen Basics entfernt haben. Natürlich ist die Feststellung richtig, dass in Deutschland produzierte Waren, wozu zum Glück immer noch auch Autos zählen, vergleichsweise teuer sind und damit im Wettbewerb etwa zu asiatischen Herstellern mitunter im Hintertreffen sind. Von einem Politiker erwarte ich aber dann natürlich, dass er die Ursachen erkennt und da konstruktiv (!) eingreift, wo er es kann.
Und da gibt es (nicht nur bei Autos) mittlerweile eine sehr lange Liste, was sich an den Standortrahmenbedingungen verbessern lassen kann, und fast immer könnte die Politik hier einwirken, schon alleine gemäß dem Verursacherprinzip. Ich höre aber nicht das logische „wir wollen Energiepreise, Lohnnebenkosten und Steuern senken und die massive Bürokratie zurückfahren“. Die genannten und ähnliche Ansätze wären aber gewichtige Hebel, um zu ermöglichen, dass die Firmen günstiger produzieren können und im Wettbewerb bestehen. Solange aber eine einfache Produktionsverlagerung ins Ausland vom ersten Tag an mit signifikant sinkenden Kosten und Abgaben einhergeht, passiert genau das Drama, das wir seit Ende der 2010er Jahre sehen und das sich weiter eher verstärkt als dass es abnimmt.
Zwar ist dieses Problem aus Kapitalmarkt-Sicht keins, weil Anleger keine Verantwortung für den Standort haben und dann ggf. von der Verlagerung profitieren. Für den Bürger des Landes sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Folgen einer verfehlten Standortpolitik jedoch gravierend. Die Deindustrialisierung ist täglich zu beobachtende Realität, die von allen Betroffenen wirklich ernst genommen werden soll. In den eingangs zitierten historischen Satz eingebaut sollte es das Motto gerade der Volksvertreter sein, für reichlich Brot und Kuchen zu sorgen. Dies geht nun mal am besten, wenn man den unternehmerischen Kräften die gleichen, wenn nicht sogar bessere Rahmenbedingungen, bietet als es andere Regionen machen.
Von Roger Peeters, 27. Oktober 2025, © pfp Advisory
Über den Autor
Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (<ISIN LU1865032954>), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (ISIN LU2332977128). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
