Pfingsten - Das Fest der Ölpreise und Staupartys
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Sind Sie über Pfingsten auch im Auto unterwegs? Bestimmt, denn anhand der Stausmeldungen könnte man meinen, dass kaum jemand mehr zu Hause hockt. Auf meine Seite verirrt sich an diesem Wochenende sowieso keiner, also warum schreibe ich das hier eigentlich? Na ja. Ich bin zu Hause geblieben. Ich hatte keine Lust auf schreiende Kinder in der Gluthitze der Pfingstsonne und genervte Muttis, die sich dankbar dem Benzinfrust des Ehemanns ausgesetzt haben. Klimaanlagen zu benutzen ist sowieso tabu, wegen der Erderwärmung und der schwitzenden Eisbären und überhaupt. Überall werden in diesen Stunden Staupartys auf den Autobahnen abgefeiert. Man bekommt auf glühendem Asphalt schnell Kontakt mit verschwitzten und genervten Haltern überhitzter Lenkräder und hat auch schnell ein gemeinsames Thema - die gestiegenen Kraftstoffpreise.
Einen Vorteil hat der Rekordpreis von Benzin und Diesel schon - man kommt sich schnell näher. Zudem bringt kollektives Dampfablassen ein Gemeinschaftsgefühl, dass es sonst nur im Stadion gibt. Ist D a m p f a b l a s s e n umweltpolitisch betrachtet überhaupt noch vertretbar? Doch gerade zu Pfingsten rückt man wieder etwas näher zusammen kurz vor dem Brenner. Die Kraftstoffpreise bergen so etwas wie einen gesellschaftlichen Kuschelfaktor.
Nicht nur die Sonne strahlt am Himmel, auch die Stimmung unseres Finanzministers muss doch inzwischen überkochen. Schließlich klingelt es bei ihm mit fast einem Euro pro Liter in der Kasse. Auch die Amerikaner zahlen so viel wie noch nie. Es sind inzwischen umgerechnete 0,58 Euro pro Liter. Und eines muss man den Grünen zugestehen, eine präzise Prognose der Kraftstoffpreise. Die einzige Prognose, die je stimmte. Benzin wird bald 5 Mark kosten. Stimmt! Vielleicht schon zum Weihnachtsfest. Gratulation. Und erinnern Sie sich noch an das Lied dieses Ich-will- Spass-Markus“? Ich meine diesen Sänger (Sänger?) aus den 80er Jahren? Er trällerte: "Und kost` Benzin 3 Markt 10 – scheiss egal – es wird schon geh`n – Ich geb` Gas! Ich will Spaß! Ich geb` Gas!" - und behielt recht.
Apropos Spaß: Die Börsen machen doch wieder richtig Spaß. Schließlich ist die Finanzkrise vorbei und alles ist wieder gut. Sollte sie hier und da wieder auflodern, kippt man einfach etwas Benzin als Löschmittel nach. Das wirkt unmittelbar. Super gemacht! Die wirtschaftlichen Daten deuten zwar darauf hin, dass es in allen Bereichen weiter abwärts geht, doch die Frühlingssonne brannte offenbar einigen zu heftig aufs Haupt. Zumindest verkünden diejenigen, die das ganze Desaster ignorierte, einfach das Ende. Irrtum ausgeschlossen. Die Börse steigt wieder und auch die Preise der restlichen Anlageklassen. Das viele aus dem Nichts geschaffene Geld muss ja irgendwo seine Wirkung entfalten.
Der eine nennt es Bankenrettung, der andere Inflation mit der Garantie auf weiter steigende Preise. Und während sich die Teuerung in ihrer statistischen Zwangsjacke etwas aufplustert, sieht es im Alltag etwas anders aus. Eine Hühnersuppe in der Bahn von Hamburg nach Frankfurt „genossen“, ist inzwischen auf 7,90 EUR geklettert (16 Mark). In einem Hamburger Hotel verlangte der Kellner in dieser Woche für einen Espresso und ein Wasser 9,20 EUR (18 Mark). Manchmal wandelt man eben von einem gefühlten Hitzschlag zum nächsten. Ich hätte in Hühnersuppen investieren sollen. Die liefen besser als der DAX.
Hätte man vor einem Jahr in einen 20-Liter-Kanister Diesel „investiert“, die Rendite wäre stattlich. Umgerechnet hätte man damit 6 Euro gewonnen, also nicht mal eine Mehdornsche Hühnersuppe. Ein Autofahrer, der täglich 30 Kilometer zu seiner Arbeitsstätte fährt und wieder zurück, bringt es auf wöchentliche 300 Kilometer. In einem Monat ist er 1200 Kilometer unterwegs. Bei einem Dieselpreis von 1,50 EUR und einem angenehmen Verbrauch von 6 Litern, wandern pro Monat 72 Liter in den Tank und 108 Euro in die Kasse des Tankwarts. Herr Steinbrück nimmt ihm davon moderate 70 EUR ab. Vor einem Jahr, als Diesel noch für 1,20 EUR zapfbar war, musste Otto Normalautofahrer nur 86 EUR aufbringen – also 24 Euro weniger pro Monat.
Na also! Man verzichtet einfach auf drei überteuerte Hühnersuppen aus der Bahn. Wer will da wegen einem Euro mehr am Tag meckern? Na also! Jetzt aber – ab ins Auto und ab in den Stau. Und überhaupt, vielleicht hält sich das wunderschöne Wetter etwas länger, wenn ganz Deutschland ein paar Tage auf den Beinen, ähmmmm.... auf den Reifen ist.
Frank Meyer ist Moderator bei n-tv
www.frank-meyer.tv
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.