"Pattern-Rebreaks" sind seit Ende des Bärenmarkts in Mode
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Die Gesetze der technischen Analyse befinden sich in einem ständigen dynamischen Fluß. Aufgabe des technischen Analysten und Traders ist es, Änderungen im Verhalten der Marktteilnehmer und damit Änderungen der Funktionsweise und Aussagekraft im Bereich charttechnischer Kursmuster schnell zu erkennen und profitabel anzuwenden. Es gibt Marktphasen, in denen sich Aktien auffällig gut an Trendlinien orientieren und an ihnen immer und immer wieder abprallen, es gibt Marktphasen, in denen Trendlinien quasi per Gesetz gebrochen und anschließend wieder zurückerorbert werden und es gibt Marktphasen, in denen Trendlinienbrüche von Marktteilnehmern zu SELL Off artigen Verkäufen genutzt werden. Wie werden Marktteilnehmer auf bestimmte charttechnische Strukturen psychisch konditioniert? Dies gilt es schnell zu erkennen. Das gleiche gilt für Kursmuster (Formationen und Pattern). Wichtig neben Morphologie (Struktur) eines Kursmusters ist die Einordnung desselben in den Gesamtkontext dominanter charttechnischer Strukturen. Je schneller beispielsweise eine Kopf-Schulter-Formation entsteht, je weniger Kerzen im Kerzenchart für die Entstehung benötigt werden, desto bärischer ist dieses Kursmuster einzuordnen. Eine „schnelle“ Kopf-Schulter-Formation im Hoch eines V-Tops, ist beispielsweise ein besonders gut handelbares formationstechnisches Setup, weil hochvalide. Wir wenden uns im folgenden Artikel einer Besonderheit in der Anordnung von Kursmustern zu, die sich seit Ende des Bärenmarkts Oktober 2002 bzw. März 2003 ergeben hat. „Pattern Rebreaks“, „Pattern Morphing“, so die Begrifflichkeit, die wir dafür verwenden.
Regeln: Werfen Sie einen Blick auf den skizzierten Kursverlauf des Schemas. Zunächst entsteht eine bärische Wendeformation, beispielsweise eine klassische Kopf-Schulter-Formation. Deren SELL Triggerlinie (Nackenlinie) wird unterschritten. Damit wird ein Verkaufssignal ausgelöst. Klassischerweise ist eine Kopf-Schulter-Formation am Ende eines Aufwärtstrends angeordnet und beendet ihn zumindest temporär. Letztenendes lassen sich die Wirkmechanismen hinter Kursmustern nach der DOW Theorie erklären. Es geht um die Anordnung der Zwischentiefs und Zwischenhochs. Bei der Kopf-Schulter-Formation ergibt sich nach Zwischenhoch 2, das dem Kopf der Formation entspricht, ein „equal low“ als erstes Warnzeichen, dann ein „lower high“ als zweites. Das Unterschreiten des Niveaus des „equal lows“ ist gleichbedeutend mit dem Verkaufssignal. . „Pattern Rebreaks“ kommen dadurch zustande, dass Kursmuster entgegengesetzter Aussagekraft direkt hintereinander angeordnet sind. In dem Schema ist der Kopf-Schulter-Formation direkt ein Doppelboden nachgeschaltet. Die Wirkung der Kopf-Schulter-Trendwendeformation wird durch die bulllische Wirkung des Doppelbodens konterkariert. Idealerweise wird die SELL Triggerlinie der bärischen Formation direkt zur BUY Triggerlinie des bullischen Mursters umfunktioniert. Im Beispielschema wird aus der SELL Triggerlinie der Kopf-Schulter-Formation (rot markiert) die BUY Triggerlinie eines Doppelbodens (grün markiert). Die Rückkehr, das „Rebreak“ über diese Triggerlinie stellt seit Anfang 2003 in der Regel ein starkes Kaufsignal dar. Solche „Rebreaks“ entfalten in der Regel eine enorme Impulsivität. Diese Impulsivität ist auch ein Zeichen für den vorliegenden übergeordneten Trend des Marktes. Die in dem Beispiel beschriebene Kette, ausgelöstes bärisches Muster, anschließend ausgelöstes bullisches Muster sowie die enormen Anstiege in Folge, sind ein Zeichen dafür, dass sich die breiten Märkte in einem neuen Bullenmarkt bewegen. Darüber dürfte unter technischen Analysten mittlerweile Konsens bestehen.
Beispiele mit Formulierung von Regelzusätzen:
Beispiel 1: S&P 500 Index im Wochenchartintervall (log) seit 1998. 1998 bis 2002 bildete sich eine gigantische Kopf-Schulter-Formation aus. Sie wurde durch die Ausbildung einer bullischen Zwitterformation, - sie trägt Anzeichen eines Tripple Bottoms, aber auch solche einer inversen Kopf-Schulter -, direkt im Anschluß 2002 bis 2003 wieder ausgehebelt. Wichtige Zusatzregel: Die Chronologie der Muster ist entscheidend, nicht die Dimension. Der deutlich kleinere Tripple Bottom konterkariert die riesige vorgeschaltete Kopf-Schulter-Formation.
Beispiel 2: DAX im Tageschartintervall (log) seit Anfang 2005. Ein relativ aktuelles Beispiel. Einem Tripple Top Februar bis April folgen 2 Doppelbodenformationen, wobei die BUY Triggerlinie (Nackenlinie) des zweiten relativ angeordneten Doppelbodens identisch der SELL Triggerlinie des Tripple Tops ist. An der enormen Dynamik, die das „Rebreak“ auslöste, sehen Sie, in was für einem Markt wir uns bewegen. Der Bullenmarkt ist bislang intakt. Die BUY Triggerlinie des ersten Doppelbodens ist in diesem Beispiel nicht identisch mit der SELL Triggerlinie des Tripple Tops. Die Triggerlinie des zweitangeordneten Musters sticht die Triggerlinie des ersten aber aus!
Beispiel 3: DAX Future im 60 Minutenchartintervall (log) 04.05-23.05.05. Einer Kopf-Schulter-Formation folgt ein breitbasiger Doppelboden, wobei letzterer durch seinen Entstehungsprozess aus einem relativen „Rounding Top“ als hochgradig einzustufen ist. Auch hier leitet das „Rebreak“ einen starken Folge-Anstieg ein.
Beispiel 4: Nasdaq Future im adjustierten Endloskontrakt September 2002 bis Juni 2003. Das Beispiel zeigt den „Nicht-Idealfall“ auf. Einer Kopf-Schulter-Wendeformation folgt hier ein Doppelboden, der „mitten in“ den Bereich der leicht schräg nach oben verlaufenden SELL Triggerlinie gesetzt ist. Wir sprechen von einer „verwaschenen Rebreak“ Situation. Sie ist ein Zeichen dafür, dass der Markt Stopps nach unten und oben „abgrast“. „Rebreak“ direkt kaufen, ohne die Ausbildung eines bullischen Musters abzuwarten? Die Folge wäre im vorliegenden Fall jene, dass man durch den anschließenden erneuten Rückfall unter die Triggerlinie zur Ausbildung von Tief 2 des Doppelbodens 1 wieder ausgestoppt worden wäre. Re-Entry wäre dann der Ausbruch über die BUY Triggerlinie des fertig ausgebildeten Doppelbodens 1 gewesen. Pauschal läßt sich die Zusatzregel formulieren, dass man sich bei einem Rückfall nach einem „Triggerlinien-Rebreak“ sofort ausstoppen lassen sollte. Erfolgt ein Rückfall wie in Beispiel 2 im DAX, wurde zuvor aber ein bullisches Muster ausgebildet, gilt die Triggerlinie dieses bullischen Musters als tendenzielle Stopplossmarke.
Bevorzugte Märkte, Zeitfenster, Chartintervalle, Schlußfolgerung: Uns ist kein Markt bekannt, in dem das beschriebene Phänomen, „Pattern-Rebreaks“, in den vergangenen Monaten nicht gehäuft vorgekommen ist; und zwar in allen Zeitfenstern und allen Chartintervallen. Es funktioniert bei Aktien genauso gut wie bei Commodities und Currencies. Bei „Pattern Rebreaks“ handelt es sich um charttechnische Fallensituationen, also um Situationen, in denen ein schlagartiger Sentimentwechsel eintritt. Seit Ende des Bärenmarkts sind „Pattern Rebreaks“ in Mode. Selbst im bisherigen Verlauf 2005 wimmelt es nur so von diesen Phänomen. Anhand der Dynamik, die sich nach einem „Rebreak“ entwickelt, läßt sich ablesen, wie gut die Marktteilnehmer noch darauf psychisch konditioniert sind. Es ist absehbar, dass Marktphasen kommen werden, in denen „Rebreaks“ wieder verkauft werden, weil „alle“ auf das „Rebreak“ als profitables Long Setup gesetzt haben, kein Shortseller mehr aus seinen Shorts „gesqueezt“ wird.
Autor: Harald Weygand - Chefredakteur und Headtrader von GodmodeTrader.de
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