Paritätischer Armutsbericht: Armut verharrt auf hohem Niveau
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Die Armut in Deutschland verharrt laut dem neuen Armutsbericht auf einem hohen Niveau. Im Jahr 2022 lebten 16,8 Prozent der Bevölkerung oder 14,2 Millionen Menschen in Armut, was einem Rückgang um 0,1 Prozentpunkte entspricht. Fast zwei Drittel der erwachsenen Armen gehen dem Bericht des Paritätischen Gesamtverbands zufolge entweder einer Arbeit nach oder sind in Rente oder Pension. Ein Fünftel der Armen sind Kinder.
"Die Befunde sind durchwachsen, aber einen Grund zur Entwarnung gibt es nicht", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. So scheine der Trend stetig wachsender Armut auf Bundesebene zwar auf den ersten Blick gestoppt, aber noch lange nicht gedreht. Dies deuteten auch erste Zahlen für das Jahr 2023 an.
Insgesamt seien 2022 14,2 Millionen Menschen von Armut betroffen gewesen und damit fast 1 Million Menschen mehr als vor Pandemie, Energie- und Preiskrise im Jahr 2019 und 2,7 Millionen mehr als 2006, als der Anstieg der Armut begann.
Insbesondere Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind dem Bericht zufolge von Armut betroffen.
Kinderarmut ist demnach auf einen Rekordwert gestiegen. Mehr als jedes fünfte Kind sei mittlerweile von Armut betroffen (21,8 Prozent). Unter Alleinerziehenden lag die Armutsquote bei 43,2 Prozent.
Aufsteiger Berlin - Verlierer Hamburg
Im Vergleich der Bundesländer zeigen sich große regionale Unterschiede. Spitzenreiter war Bremen mit einer Armutsquote von 29,1 Prozent, so der Armutsbericht. Die niedrigste Armutsquote von 12,6 Prozent verzeichnete Bayern.
Den größten Rückgang bei der Armut verzeichnet Berlin, wo die Armutsquote von 20,1 auf 17,4 Prozent im Jahr 2022 sank. Hamburg hingegen sei Verlierer bei der Entwicklung gewesen. Hier stieg die Armutsquote um 2 Prozentpunkte auf 19,5 Prozent. Schneider betonte, dass Deutschland bei der Armut regional auseinander drifte.
Der Paritätische forderte die Politik zum Kampf gegen die Armut auf. Nötig seien die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, der Ausbau der Kinderbetreuung, die Schaffung einer Kindergrundsicherung, die vor Armut schützt, und eine solidarische Pflegeversicherung als Vollversicherung. Außerdem forderte Schneider eine höhere Erbschaft- und Vermögenssteuer.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/hab
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