Paradigmenwechsel in der Medienwirtschaft: Medienpolitik definiert neue Grenzen
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Externe Quelle: Deutsche Bank Reserach
Autor: Stefan Heng
Die Innovationen bei den Informations- und Kommunikationstechnologien verändern das Verhalten der Medienkonsumenten grundsätzlich. Das Zeitbudget verschiebt sich zugunsten des Internet. Damit wandern auch Werbung, Kleinanzeigen und Stellenmärkte in das Internet ab. Dies setzt die Einnahmeseite der traditionellen Medienhäuser stark unter Druck.
Die Öffentlich-Rechtlichen reagieren auf den Paradigmenwechsel in der gesamten Medienwirtschaft und wollen sich nun nicht mehr eng auf das ureigene Rundfunksegment beschränken. Stattdessen treten sie im Internet in den Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Medienhäusern aus dem Rundfunk-, aber auch aus dem Print-Segment. Im Internet locken die Öffentlich-Rechtlichen nun mit zusätzlichen Angeboten, wie Podcasts (abonnierbare Audio-Dateien zu ausgestrahlten Beiträgen), Videocasts (abonnierbare Video-Dateien zu ausgestrahlten Beiträgen), Mediatheken (archivierte TV- und Radiosendungen) oder schriftlichen Berichten. Mit diesen zusätzlichen Angeboten wollen die Öffentlich-Rechtlichen zum einen ihre angestammten Konsumenten enger binden, zum anderen aber auch neue Konsumenten gewinnen.
Die privatwirtschaftlichen Medienhäuser kritisieren die zusätzlichen Angebote der Öffentlich-Rechtlichen. Sie verweisen zum einen darauf, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihre selbst auferlegte Budgetbeschränkung für das Internet-Engagement regelmäßig missachten. Zum anderen betonen sie, dass die zusätzlichen öffentlich-rechtlichen Internet-Angebote in Art und Umfang weit über den eigentlichen Sendeauftrag hinausgingen. Tatsächlich kann von einer Unterversorgung mit vielfältigen und hochwertigen Informationen im Internet keine Rede sein. Insbesondere die Vertreter der Print-Medien befürchten daher, dass die Öffentlich-Rechtlichen mit ihrem enormen Budget und dem umfassenden Korrespondentennetz die privatwirtschaftlichen Engagements im Internet dauerhaft zunichte machen.
Der Streit um Qualität und Ausrichtung der Medien wird zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und den privatwirtschaftlichen Medienhäusern äußerst emotional geführt. Im Eifer des Gefechts entsprechen etliche Argumente nicht der Komplexität der modernen Medienwirtschaft. So ist es im Sinne des veränderten Medienverhaltens der Konsumenten tatsächlich berechtigt, dass die Öffentlich-Rechtlichen die innovativen Technologien in ihrem Geschäftsmodell integrieren. Durchaus berechtigt ist allerdings auch die Forderung der privatwirtschaftlichen Medienhäuser nach einer sinnvollen Grenze des öffentlich-rechtlichen Engagements. Speziell verlangen sie, dass die veranschlagten Kosten und die zu erwartende Auswirkung auf den Markt bei jedem einzelnen Engagement zunächst genau durchgerechnet werden. Dadurch soll zum einen der soziale Nutzen des Engagements zum anderen aber auch die Verdrängungswirkung auf privatwirtschaftliche Investitionen transparent werden. Die EU-Medienkommissarin Viviane Reding springt den privatwirtschaftlichen Medienhäusern zur Seite und formuliert: „Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum nun mit den vom Gebührenzahler eingezogenen Geldern privaten Verlagen im Internet unlauterer Wettbewerb gemacht werden soll“.
Nicht nur zur Rechtfertigung gegenüber den Gebührenzahlern und Medienpolitikern, sondern auch aus eigenem Interesse heraus sollten sich die Öffentlich-Rechtlichen auf das Alleinstellungsmerkmal ihres Programmauftrags besinnen. Bei dieser Rückbesinnung dürfte der Public-Value-Test, der nun im Rundfunkänderungsstaatsvertrag verankert werden soll, helfen. Über die beiden Kriterien gesellschaftlicher Nutzen und Verdrängungswirkung macht der Test bei jedem Engagement die Grenze zwischen öffentlich-rechtlichem Programmauftrag und privatwirtschaftlichem Mediensegment von neuem bewusst.
Auch wenn es in der praktischen Umsetzung eine Grauzone geben wird, ist der Public-Value-Test zweifelsohne ein wichtiger Schritt hin zu einer zukunftsweisenden Medienpolitik. Auf diesem Weg werden die Öffentlich-Rechtlichen innerhalb sinnvoll definierter Grenzen auch Abstriche bei ihrem grundsätzlich lobenswerten Willen zur Innovation akzeptieren müssen.
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