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09:00 Uhr, 31.12.2007

Osteuropa nicht mehr so ungetrübt wie früher

Im Zuge der Kreditkrise sind zuletzt auch die Börsen in Osteuropa aus der Erfolgsspur geraten. Kaum einer der dortigen Aktienmärkte konnte zwischenzeitlichen Korrekturen entgehen. In der Spitze summierten sich die Verluste wie im Falle der Ex-Jugoslawischen Börsen auf Abschläge zwischen 20 und 50 Prozent. Selbst Slowenien als bester Markt musste noch Kursrückgänge hinnehmen.

Die Korrektur war zwischenzeitlich so scharf ausgefallen, dass erste Indizes, wie etwa der ungarische Bux, sogar verglichen mit dem Jahresanfang auf Euro-Basis auf Verlusten saßen. Das ist schon bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie stark die Kurse im Jahresverlauf phasenweise schon im Plus lagen. Auch im Vergleich mit anderen Schwellenländerregionen fällt die Bilanz derzeit eher dürftig aus. In den vergangenen zwölf Monaten steht für den MSCI Osteuropa zwar noch immer ein Plus von 15,57 Prozent zu Buche. Gemessen am MSCI Asien, der gleichzeitig um gut 33 Prozent zulegte und dem MSCI Lateinamerika, der fast 39 Prozent gewonnen hat, hinkt das aber hinterher.

Bisher wurden Kurskorrekturen immer wieder ausgebügelt

Erstaunlich ist das Ausmaß der jüngsten Kursverluste auch deshalb, weil viele Experten lange Zeit immer wieder betont haben, dass die osteuropäischen Volkswirtschaften durch die von Amerika ausgehende Kreditkrise nicht zu sehr negativ beeinflusst werden dürften. Mittlerweile melden sich zwar erste Stimmen zu Wort, die deswegen auch in Osteuropa im kommenden Jahr konjunkturelle Bremsspuren erwarten. Aber nach wie vor überwiegt der Optimismus. So rechnet beispielsweise das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsforschung für die zehn osteuropäischen EU-Staaten für 2007 im Schnitt mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt von sechs Prozent nach 6,5 Prozent im Vorjahr und für 2008 mit einem Plus von 5,5 Prozent.

Stimmt diese Prognose, haben einige Börsen sicherlich eine Chance, die zwischenzeitlich erlittenen Kurseinbußen mittelfristig wieder aufzuholen. Zur Erinnerung: In den vergangenen beiden Jahren hat die Märkte schon so manche Korrektur ereilt, die letztlich in Form neuer Kursrekorde sogar wieder mehr als nur ausgebügelt wurde. Auch dieses Mal ist eine komplette Trendwende nach oben nicht völlig ausgeschlossen. Und weil die Hausse der vergangenen Jahre bei einem Verlauf nach dem typischen traditionellen Muster eines Bullenmarktes noch eine letzte Phase vor sich haben würde, erscheint dieses Szenario nicht ausgeschlossen.

Volkswirtschaftliche Ungleichgewichte machen ebenso Sorgen...

Nicht übersehen werden dürfen aber auch die Hindernisse, die bei diesem Versuch im Wege stehen. Zu nennen sind dabei verschiedene hausgemachte Probleme. So stöhnen die Volkswirtschaften im Baltikum und in den jüngsten EU-Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien unter konjunkturellen Überhitzungsgefahren. Druck geht hier unter anderen von hohen Leistungsbilanzdefiziten aus und steigenden Inflationsraten. Teilweise ist wegen diesen Rahmenbedingungen schon von Währungsabwertungsgefahren die Rede.

Lange Zeit wurden die mit den bestehenden volkswirtschaftlichen Ungleichgewichten verbundenen Gefahren wegen der tollen Wachstumsraten vernachlässigt. Doch das hat sich mit der erhöhten Risikoaversion der Anleger geändert. Wie kritisch die Lage ist, zeigt sich auch an einer der angehängten Grafiken. Denn daraus lässt sich ablesen, dass Osteuropa bei vielen volkswirtschaftlichen Kennzahlen schlechter abschneidet als Asien im Jahr 1996. Und da kam es damals auch dadurch bedingt bekanntlich zu einer handfesten Krise.

... wie zunehmende politische Spannungen

Auch politisch gibt es in der Region zunehmende Sorgen. Bemerkbar machen sich diese in den Ex-Jugoslawischen Staaten. Die noch immer ungelöste Frage des künftigen Kosovo-Status lässt teilweise schon Ängste vor neuen gewalttätigen Auseinandersetzungen aufkeimen. Und wenn man bei solchen Bedenken als Anleger bei Aktien mit optisch hohen Bewertungen auch noch auf stolzen Kursgewinnen sitzt, dann ist der Schritt hin zu Gewinnmitnahmen oft verständlicherweise nicht weit.
Die aufgezählten Probleme werden die Märkte so lange belasten, bis sie gelöst sind, was sich im Einzelfall durchaus noch hinziehen kann. Außerdem ist wegen der genannten Schwierigkeiten davon auszugehen, dass die Performance so oder so nicht mehr so üppig ausfallen wird wie in den Vorjahren. Nachhaltig neu positionieren sollten sich Anleger deshalb erst dann wieder, wenn die negativen Nachrichten abebben und vor allem die angeschlagenen Charts eine nachhaltige Bodenbildung erkennen lassen.

Der russische Aktienmarkt gehört zu den aussichtsreichsten Börsen für 2008

Was die Aussichten einzelner Märkte angeht, so sind wir im breit gefassten Osteuropa derzeit am zuversichtlichsten gestimmt für die russische Börse. Dort sorgt der hohe Ölpreis für den nötigen Schmierstoff um die Konjunktur am Laufen zu halten und der Ausbau der vielerorten noch immer maroden Infrastruktur fungiert wie ein großes Anschubprogramm. Außerdem hat sich die politische Lage inzwischen aufgeklärt. So wie sich die Lage derzeit gestaltet, behält der bisherige Präsident Putin die Zügel auch künftig in der Hand. Voraussichtlich wird er zwar den Posten des Ministerpräsidenten übernehmen, aber auch von da aus wird er viel Einfluss nehmen können, zumal sein Wunschkandidat und Zögling, der Aufsichtsratsvorsitzende von Gazprom, Dmitrij Medwedew, aller Voraussicht der nächste Präsident sein wird. Von den Börsianern wurden diese Personalrochaden mit überwiegender Mehrheit positiv aufgenommen. Nicht zuletzt deshalb, weil diese Konstellation eine gewisse Konstanz verspricht. Für die russische Börse spricht zudem, dass sie im internationalen Vergleich nicht teuer ist. Wen diese Argumente überzeugen, der kann entweder über einen Fonds oder über ein Zertifikat, das einen der russischen Aktienindizes nachbildet, auf die dortige Börse wetten.

Bei allen Prognosen für das Jahr 2008 weisen wir aber darauf hin, dass es in diesem Jahr wegen vieler unwägbarer Variablen sehr schwierig ist, verlässchliche Vorhersagen mit einer relativ hohen Trefferwahrscheinlichkeit abzugeben. Auch generell halten wir wenig von langfristigen Prognosen dieser Art, weil sie durch unvorhersehbare Ereignisse allzu leicht über den Haufen geworfen werden können. Wir sehen solche Vorhersagen eher als temporäre Bestandsaufnahmen, die sich unter veränderten Rahmenbedingungen auch schnell wieder ändern können. Sollte sich an dem zuvor geschriebenen etwas ändern, werden wir Sie an dieser Stelle aber auf dem Laufenden halten. Und außerhalb der Ostbörsen gefallen und als Anlageregion Afrika ganz gut, doch das liegt außerhalb unserer Univdersums sowie die Märkte im Nahen Osten, weil diese von den sprudelnden Ölquellen profitieren und nach der vorangegangenen Korrektur wieder größtenteils vernünftig bewertet sind. Aber dazu in einer der späteren Ausgaben mehr.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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