Kommentar
09:18 Uhr, 10.06.2009

Optionsscheine bieten hervorragende Möglichkeiten! - Ich mag sie, weil ...

Auch wenn die Optionsscheine von den Hebelzertifikaten in den vergangenen Jahren überrollt wurden, sie sind nicht verschwunden. Dies auch nicht ohne Grund, denn Optionsscheine bieten interessante Einsatzmöglichkeiten welche den Hebelzertifikaten überlegen sein können. So nahm auch die Beliebtheit zuletzt wieder zu, was teilweise an einer Veränderung der Volatilität insgesamt liegt.

Um aber mit dem Handel der Optionsscheine eine Chance auf Erfolg zu besitzen ist es hier besonders wichtig, deren Konstruktion und Verhalten zu verstehen. Es ist nicht unbedingt nötig, den fairen Wert selbst ausrechnen zu können, allerdings geht es nicht ohne das Verständnis der wahrscheinlichen Preisentwicklung des Optionsscheines auf Grundlage der Entwicklung des Basiswertes.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle auf eine Leserfrage eingehen die sich wie folgt dargestellt hat:

Warum steigen Call-Optionsscheine z.B. auf den DAX – (gleichgültig, ob mit kurzer oder längerer Laufzeit) – hier mit kurzer Laufzeit von z.B. 15 Tagen bis 4 Wochen — unverhältnismäßig schneller als die entsprechenden PUT- Optionsscheine im Gegenzug fallen?
Beispiel: CAll auf DAX = CM1FEY: 29.05.09 = Tief = 0,039 € / 0,049 €
02.06.09 = Hoch = 0,23 € / 0,24 €
Laufzeit: 15.06.09 / Kursziel: 5450,- €

PUT auf DAX = CM7JMK: 29.05.09 = Hoch = 0,18 € / 0,19 €
02.06.09 = Tief = 0,12 € / 0,13 €
Laufzeit: 15.07.09 / Kursziel: 4000,- €

Die Frage lässt sich im Grunde ganz einfach beantworten. Die Optionsscheine sind nicht miteinander vergleichbar. Beide lagen zum Zeitpunkt der ersten Betrachtung am 29.05.2009 bei einem DAX-Stand von 4.930 Punkten aus dem Geld, hatten also keinen inneren Wert und beide hatten eine kurze Restlaufzeit. Warum also legte der Call 19 Cent zu während der Put nur um 6 Cent zurück fiel?

Die Betrachtung der Kenndaten zeigt, dass der Call einen Basispreis von 5.450 Punkten besitzt, der Put einen Basispreis von 4.000 Punkten. Der Call hat eine Restlaufzeit von 19 Handelstagen, der Put hat noch 47 Tage Zeit bis zum Fälligkeitstag. Zusammenfassend muss also der Call, bis er einen inneren Wert aufweisen kann, in 19 Tagen 520 Punkte zurücklegen. Der Put hat 47 Tage Zeit um 930 Punkte zurückzulegen. Für den Call macht das einen nötigen Gewinn von etwas über 27 Punkten je Tag, beim Put sind es hingegen nicht ganz 20 Punkte. Die Chance, 20 Punkte am Tag zurückzulegen ist deutlich höher als es bei 27 Punkten der Fall ist, was die grundsätzlich höhere Preisstellung des Puts teilweise erklärt. Darüber hinaus ist die Geschwindigkeit bei Abwärtsbewegungen im Allgemeinen höher als bei einer Rallye, vor allem wenn diese schon einige Monate andauert.

Zum Zeitpunkt der zweiten Betrachtung stand der DAX nun bei 5.156 Punkten. Das bedeutet, der Call hat zu diesem Zeitpunkt noch 15 Tage um 294 Punkte zurückzulegen. Der Put benötigt im Gegenzug nun 43 Tage und 1.156 Punkte um einen inneren Wert bilden zu können. Knapp 20 Punkte am Tag bedeutet dies für den Call und knapp 27 Punkte für den Put. Zwischen den beiden betrachteten Handelstagen liegt das Wochenende mit zwei Handelsfreien Tagen. Diese werden in der Preisberechnung berücksichtigt, sollen aber zur besseren Veranschaulichung noch herausgerechnet werden um die beispielhafte Berechnung noch deutlicher zu machen. Weiter vereinfacht ergäben sich also ausgehend von 17 Tagen im Call 17 Punkte am Tag, im Put wären knapp 26 Punkte nötig. Die Möglichkeit für den Call, einen inneren Wert zu erreichen ist deutlich günstiger als die für den Put, was auch ohne Betrachtung der unterschiedlichen Volatilitäten für beide Handelsrichtungen einen höheren Preis für den Call rechtfertigt.

Entscheidend für die Frage, warum der Call stärker zulegen kann als der Put fällt, ist aber, dass sich ersterer in einen Bereich bewegt in dem es überhaupt wieder möglich wird einen inneren Wert zu erreichen. Für den Put bedeutet der Anstieg im DAX vereinfacht den Unterschied zwischen fast ausgeschlossen einen inneren Wert zu erreichen gegenüber nahezu vollständig ausgeschlossen. Für den Call hingegen geht es von nahezu ausgeschlossen in Richtung durchaus vorstellbar, einen inneren Wert zu erreichen. Vereinfacht betrachtet. Für die Preisstellung beim Put macht es deshalb keinen so gravierenden Unterschied, ob das Ereignis nur noch ein wenig unwahrscheinlicher wird. Im Falle des Calls ist die Entwicklung hingegen gravierend, da die Preisbildung hier von einem Szenario des nahezu sicheren wertlosen Verfalls wieder in Richtung eines realistischer werdenden inneren Wertes zum Fälligkeitstag geht.

Die nachfolgenden Grafiken stellen dies auch bildlich etwas anschaulicher dar. Zunächst der Vergleich zwischen dem betrachteten Call und dem betrachteten Put zum Ausgangszeitpunkt am 29.05.2009:

Zu erkennen ist in beiden Grafiken eine parabolische Kurve. Diese stellt den Wert des Optionsscheines dar für verschiedene Kurse des DAX unter der Annahme, dass Laufzeit und Volatilität unverändert bleiben.

Beim Call steigt diese parabolische Kurve bei höherem DAX-Stand immer stärker an, der Anstiegswinkel einer Tangente würde sich vergrößern. Je näher der DAX dem Basispreis, in diesem Fall 5.450 Punkte, kommt, umso wahrscheinlicher wird ein innerer Wert zum Laufzeitende. Der starke Anstieg vom 29.05.2009 auf den 02.06.2009 hat hier aufgrund der nur noch kurzen Restlaufzeit zu einer enormen Erhöhung der Wahrscheinlichkeiten dafür geführt, so dass der Call zunehmend schnell an Wert gewinnen konnte.

Der Put hingegen liegt in der anderen Richtung der parabolischen Entwicklung. Diese flacht sich in Richtung des unwahrscheinlicheren Ereignisses immer weiter ab, deren Tangente tendiert gegen Null. Vergleicht man nun die Entwicklung von Call und Put bei gleicher Veränderung des DAX, dann muss der Call stärker an Wert gewinnen als der Put verliert.

Neben diesem Vergleich, der Entfernung der Optionsscheine aus dem Geld, kommt aber auch noch die gravierend unterschiedliche Laufzeit ins Spiel. Absolut entscheidend ist die Tatsache, dass der Put im ursprünglichen Beispiel weit mehr als doppelt so viel Restlaufzeit hatte als der Call. Wie sich diese auswirkt zeigt der Vergleich der beiden nachfolgenden Grafiken. Dargestellt ist auch hier wieder das Auszahlungsprofil des betrachteten Calls, welches einem identischen Call bei längerer Restlaufzeit gegenüber gestellt wird.

Es zeigt sich, dass das parabolische Auszahlungsprofil des Calls mit der kurzen Restlaufzeit deutlich schneller ansteigt als das mit der langen Restlaufzeit. Der Steigungswinkel bei kurzer Restlaufzeit ist deutlich höher, was auch zu einer stärkeren Entwicklung des kürzer laufenden Calls führt wenn der DAX in die dafür richtige Richtung läuft.

Diese beiden Punkte in denen sich die Optionsscheine der ursprünglichen Frage unterscheiden, bedingen die deutlich schnellere Entwicklung des Calls. Dessen muss man sich als Anleger bewusst sein. Vor allem wenn es darum geht, eine Marktneutrale Position mit einem Call und Put gleichzeitig zu eröffnen, dann müssen die beiden Papiere vergleichbare Basisgrößen im Bezug zum Index aufweisen. Andernfalls ist eine Anpassung der Stückzahlen erforderlich.

Marko Strehk -Technischer Analyst und Trader bei Godmode-Trader.de

Headtrader des Godmode CFD Tradingservices: http://www.godmode-trader.de/premium/cfdtrader/

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Über den Experten

Marko Strehk
Marko Strehk
Technischer Analyst und Trader

Marko Strehk blickt auf intensive langjährige Erfahrungen mit verschiedenen Strategien des auf Charttechnik basierenden Tradings zurück. Als versierter Allrounder handelt Strehk Aktien und Indizes im kurz- und mittelfristigen Zeitfenster mit bestechender Präzision. Überragende Fähigkeiten in Trend- und Kursmusteranalysen, bei der Anwendung von Risiko- und Moneymanagementstrategien sowie ein umfassendes theoretisches Wissen zu unterschiedlichen Tradingmethoden und Tradinginstrumenten wie beispielsweise Hebelzertifikate, Optionsscheine, CFDs und Anlagezertifikate zeichnen ihn aus. Auf GodmodeTrader.de betreut Strehk als Headtrader die Produktpakete „Aktien Premium Trader“ und „CFD Trader Services“.

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