Kommentar
15:21 Uhr, 09.10.2004

Ölpreis bestimmt das Börsengeschehen

Das Geschehen an den internationalen Aktienmärkten wurde im September wiederum maßgeblich von der Ölpreisentwicklung bestimmt. Trotz neuer Rekordstände des "Schwarzen Goldes" tendierten die Börsen unter Schwankungen letztendlich behauptet. Auch die in jüngster Zeit deutlich unter Abgabedruck stehenden technologieorientierten Marktsegmente zeigten Erholungstendenzen.

Deutschland/Europa

Europäische Börsen bleiben längerfristig interessant: Der Ölpreis mit seinen neuen Rekordständen bestimmte im Berichtszeitraum auch das Geschehen an den europäischen Börsen. Allerdings drückten sich die Belastungen in vergleichsweise moderaten Kursrückschlägen aus, sodass an den hiesigen Märkten - anders als in den USA - zumeist eine positive Monatsbilanz gezogen werden konnte. Von konjunktureller Seite kamen einige ermutigende Signale, doch änderte sich an dem insgesamt verhaltenen Wirtschaftsverlauf nichts. Auf Unternehmensebene war das Augenmerk unter anderem auf den Bereich der Rückversicherer gerichtet, die angesichts der Hurrikanschäden in den USA um ihre Ertragsziele bangen müssen. Mit Blick auf Deutschland notierte der DAX, welcher zwischenzeitlich bis in die Nähe der 4.000er Marke vorgerückt war, zuletzt bei 3.893 Punkten und damit knapp drei Prozent über dem Endstand des Vormonats. Der TecDAX konnte sogar ein Plus von gut sechs Prozent erzielen.

Der Verlauf der US-Konjunktur wird weiterhin für die europäischen Aktienmärkte richtungsweisend sein. Da jenseits des Atlantiks mit einer abnehmenden Wachstumsdynamik und insofern anhaltender Nervosität an Wall Street zu rechnen ist, sind auch an den hiesigen Börsen Unsicherheiten und demzufolge vergleichsweise hohe Kursschwankungen zu erwarten. Zudem wird die Entwicklung des Ölpreises ein wichtiger Einflussfaktor bleiben. Da allerdings Europa mit Zeitverzögerung zu den USA eine konjunkturelle Erholung erleben wird, bleiben die Märkte unterstützt. Zudem dürften die Restrukturierungserfolge europäischer Unternehmen Impulse liefern. Auch unter Bewertungsaspekten erscheinen europäische Aktien interessant, sodass wir generell Anlagen in Europa übergewichten, in den USA hingegen untergewichten würden.

Osteuropa

Freundlich bis fest: Die osteuropäischen Aktienmärkte tendierten im September in überwiegend fester Verfassung. Lediglich das Geschehen an der ungarischen Börse war zwischenzeitlich von heftigen Kursrückschlägen geprägt, was auf die vorübergehende Schwäche des Indexschwergewichts OTP Bank zurückzuführen war. Angesichts einer von der Regierung geplanten Steuererhöhung im Bankensektor geriet dieser Titel unter Abgabedruck. Allerdings konnte das Institut mit Hinweisen unter anderem auf verstärkte Kostensenkungsmaßnahmen die Situation schnell wieder bereinigen. OTP Bank gehört auch weiterhin zu unseren Anlagefavoriten. Unter den Konjunkturnachrichten ragten in Ungarn vor allem die Wachstumsangaben für das zweite Quartal heraus, die mit einem BIP-Anstieg von vier Prozent - wie in Polen mit +6 Prozent - über den Erwartungen lagen. Begrüßt wurden zudem Reformankündigungen etwa im Bereich der Einkommensteuer. Statt der hier bislang gültigen drei unterschiedlichen Einkommenssteuersätze wird es in Zukunft nur noch zwei geben, was für die privaten Haushalte eine Steuerersparnis von umgerechnet rund 400 Mio. Euro bedeuten würde. Auch die sich nun konkretisierenden Pläne zur Reduzierung der Beamtenzahl stießen am Markt auf Zustimmung. Mit Verständnis wurde zudem die Anhebung der Plangröße für das diesjährige Haushaltsdefizit quittiert, die mit 5 bis 5,5 Prozent des BIP (zuvor 4,6%) wesentlich realistischer erscheint. Da sich in den kommenden Jahren der Defizitabbau entgegen vorherigen Schätzungen beschleunigen soll, erscheint der für 2010 geplante Beitritt Ungarns zur Eurozone nicht gefährdet.

Mit einem Anstieg im RTS-Index von rund acht Prozent setzten sich im Berichtsmonat die Erholungsbewegungen am russischen Aktienmarkt vehement fort. Zwar blieb das Umfeld mit Terroranschlägen und Yukos-Affäre weiterhin schwierig, doch war das Augenmerk der Anleger auf positive Makrodaten und hohe Rohstoffpreise gerichtet, die für eine Fortsetzung des Wachstumsprozesses sprechen. Gerade ausländische Institutionelle kehrten wieder an die russische Börse zurück, um ihr teilweise untergewichtetes Engagement aufzustocken. Auch ausländische Direktinvestitionen versiegten nicht. So wurde zum Monatsende bekannt, dass der drittgrößte US-Ölkonzerns Conoco Phillips die 7,6 prozentige Beteiligung der russischen Regierung an Lukoil mit Optionen auf einen weiteren Ausbau erwerben wird.

Russland und Ungarn bleiben Anlagefavoriten: Dem russischen Aktienmarkt stehen wir trotz Yukos-Affäre und der im Ausland zunehmenden Diskussionen um den von Putin eingeschlagenen politischen Weg nach wie vor positiv gegenüber. Zwar ist das Yukos-Problem bei weitem noch nicht gelöst und auch die Restrukturierungen im Bankensektor dürften zwischenzeitlich für Unruhe sorgen, doch gibt es erste Anzeichen, dass sich der Markt von den Geschehnissen erholt. Hierzu gehört die Belebung im Segment der Mid und Small Caps, welche ermutigend ist. Die dort ausgewiesenen jüngsten Quartalsergebnisse lagen zumeist über den Erwartungen, was unter anderem auch unserem UniEM Osteuropa zugute kam. Darüber hinaus wird die russische Börse weiterhin von robusten Wirtschaftsdaten gestützt, wobei die Schätzungen für das BIP-Wachstum 2004 bei rund 6,5 Prozent liegen. Angesichts des hohen, für die russische Wirtschaft sehr vorteilhaften Ölpreises dürften die Prognosen noch weiter nach oben revidiert werden, wobei die Spanne bis 8 Prozent reicht. Das erfreuliche konjunkturelle Umfeld spiegelt sich auch in der vergleichsweise festen Verfassung des russischen Aktienmarktes in diesem Jahr wider. Trotz Yukos-Belastungen und Terroranschlägen konnte der RTS-Index in Euro gerechnet einen Zuwachs von rund 13 Prozent verbuchen (DAX: -1,8%). Dies bestärkt uns in unserer Ansicht, dass die fundamental positiven Rahmenbedingungen sowie die angestrebten Reformprogramme für Wirtschaft und Unternehmen eine Anlage am russischen Aktienmarkt gerade unter längerfristigen Aspekten weiterhin attraktiv machen. Vorsicht wäre allerdings geboten, wenn - wovon wir nicht ausgehen - die größte Produktionsstätte von Yukos zu einem sehr niedrigen Preis an ein Staatsunternehmen verkauft würde.

Neben Russland favorisieren wir den ungarischen Aktienmarkt. Mit einem KGV von unter zehn auf Basis der Gewinnschätzungen für 2005 ist der Markt niedrig bewertet. Darüber hinaus schreitet in Ungarn die Konjunkturerholung voran, was zusammen mit anhaltenden Reformen das Börsengeschehen ebenfalls stimulieren dürfte. In Polen hat der wirtschaftliche Aufschwung deutlich an Kraft gewonnen. Allerdings gehen wir davon aus, dass hier ein Großteil der positiven Nachrichten bereits vom Markt eingepreist ist, sodass wir nur noch begrenztes Aufwärtspotenzial sehen. Außerdem ist die polnische Börse gemessen an einem KGV von etwa 12 auf Gewinnbasis 2005 recht hoch bewertet. Als kurzfristige Belastung könnte sich zudem die für Ende Oktober anstehende Teilprivatisierung von PKO, der größten Bank Polens, erweisen. Die Aktienplatzierung hat einen für den polnischen Markt bedeutenden Umfang von rund 5-6 Mrd. Zloty, was Investoren dazu veranlasst, bereits im Vorfeld Barmittel anzusammeln.

USA

Die US-Aktienmärkte tendierten im September uneinheitlich. Insgesamt belastend wirkte sich vor allem der weiter steigende Ölpreis aus, welcher mit rund 50 USD pro Barrel WTI neue Rekordmarken erreichte. Aber auch teilweise enttäuschende Konjunkturmeldungen und nach unten revidierte Gewinnprognosen auf Unternehmensseite verstimmten. Kaum Einfluss auf das Börsengeschehen hatte hingegen die erneute Leitzinserhöhung der FED, die den Tagesgeldsatz erwartungsgemäß auf 1,75 Prozent anhob. Der Dow-Jones-Industrial-Average notierte zuletzt bei rund 10.080 Punkten, was im Monatsvergleich einem leichten Minus von einem Prozent entsprach. Der technologieorientierte NASDAQ-Index hingegen konnte als Reaktion auf bereits zuvor gesehene deutliche Kursverluste einen Zuwachs ("Schnäppchenjagd") von gut drei Prozent verbuchen.

Der auf 3,3 Prozent nach oben revidierte BIP-Anstieg für das zweite Quartal 2004 hat verdeutlicht, dass sich die US-Konjunktur weiterhin auf einem soliden Wachstumspfad befindet. Gleichwohl bleibt die deutliche Abschwächung gegenüber dem kräftigen Zuwachs des ersten Quartals von 4,5 Prozent bestehen. Insofern dürften die am Markt vorherrschenden Unsicherheiten bezüglich der weiteren Wirtschaftsdynamik nicht so rasch auszuräumen sein. Da auch die Gewinnperspektiven auf Unternehmensseite weniger optimistisch beurteilt werden als noch zu Jahresbeginn, ist in nächster Zeit mit anhaltend hohen Kursschwankungen bei insgesamt begrenztem Aufwärtspotenzial zu rechnen. Alles in allem ein eher verhaltenes Bild, das jedoch auf Einzeltitelebene durchaus attraktive Chancen beinhaltet.

Fernost

Aufwärts: Die fernöstlichen Aktienmärkte präsentierten sich im Berichtsmonat in freundlich bis fester Verfassung. Aufgrund von Nachholpotenzial kam es vor allem an den kleineren Börsen in Thailand, Indonesien und auf den Philippinen zu kräftigen Erholungsbewegungen. Den Spitzenplatz nahm dabei die philippinische Börse ein, welche einen neuen, mehr als vierjährigen Höchststand erreichte. Honoriert wurde hier insbesondere, dass die Regierungspartei mit Ministerpräsidentin Arroyo die Mehrheit im Parlament erringen konnte. Damit nehmen Hoffnungen zu, dass nun endlich effiziente Maßnahmen zur Reduzierung des Haushaltsdefizits ergriffen werden. Die indonesische Börse hingegen profitierte vor allem von niedrigen Bewertungen und hohen Rohstoffpreisen, allerdings auf sehr selektiver Basis. Stock-Picking stand auch bei den Aufwärtsbewegungen in Thailand im Vordergrund. Nach den heftigen Kursverlusten der letzten Monate kam es hier zu kräftigen Erholungsbewegungen. Auch die lange Zeit vernachlässigten chinesischen H-Shares standen im September ganz oben in der Gunst der Anleger. Vor allem attraktiv bewertete Rohstoffaktien, die weiterhin mit erfreulichen Ertragszahlen aufwarten, wurden favorisiert.

Weiterhin positive Einschätzung: Die Stimmungslage an den fernöstlichen Aktienmärkten hat sich weiter entspannt. Gerade auch die indische Börse konnte wieder Fuß fassen und in letzter Zeit deutlich aufwärts tendieren. Der im zweiten Quartal über den Erwartungen liegende BIP-Anstieg von annualisiert 7,4 Prozent unterstreicht, dass sich das Land auch unter der neuen Regierung auf makroökonomisch sehr erfolgreicher Spur befindet. Gleiches gilt für China, das trotz der eingeleiteten Maßnahmen zur Konjunkturberuhigung weiterhin zu den boomenden Nationen Asiens gehört und unseres Erachtens der Wachstumsmotor für Fernost bleiben wird. Insgesamt zeigt ein Blick auf die BIP-Schätzungen für die Region, dass per saldo robuste Wachstumsraten zu erwarten sind. Zusammen mit recht erfreulichen Unternehmensergebnissen, ansprechenden Dividenden und befriedigenden Bewertungsrelationen sind unserer Meinung nach Rahmenbedingungen gegeben, die eine Anlage an den fernöstlichen Börsen weiterhin attraktiv machen.

Japan

Kurseinbußen: Der japanische Aktienmarkt musste im September über weite Strecken Kurseinbußen hinnehmen und bei einem Schlussstand im Nikkei-Index von rund 10.824 Punkten letztendlich einen Verlust von gut zwei Prozent ausweisen. Belastend wirkten sich insbesondere weiter steigende Ölpreise sowie Befürchtungen hinsichtlich einer Wachstumsverlangsamung in Japan aus. Vor allem ein im zweiten Quartal enttäuschend geringer BIP-Anstieg von annualisiert 1,3 Prozent (erste Ergebnisse lagen bei 1,7 Prozent) sowie überraschend schwache Auftragseingänge im Maschinenbau verunsicherten Investoren. Aber auch deutlich hinter den Erwartungen liegende Einzelhandelsumsätze, welche die immer noch zögerliche Binnennachfrage dokumentieren, trugen zu der Stimmungsverschlechterung bei. Der zuletzt veröffentlichte Produktionszuwachs im Verarbeitenden Gewerbe konnte zwar die Konjunktursorgen etwas dämpfen, letztendlich jedoch das Gesamtbild nicht vollständig aufhellen, zumal auch die makroökonomischen Signale aus den USA gemischt ausfielen.

Längerfristig weiteres Kurspotenzial vorhanden: Trotz zuletzt teilweise unbefriedigender Konjunkturzahlen schreitet die wirtschaftliche Erholung in Japan voran. Allerdings wird der Wachstumsprozess im zweiten Halbjahr des laufenden Fiskaljahres hinter dem BIP-Anstieg der ersten sechs Monate zurückbleiben, worauf auch die nachlassende Exporttätigkeit hindeutet. Wir sind der Meinung, dass ein Großteil dieser Negativnachrichten in den jüngsten Kurskorrekturen eingepreist wurde, sodass weiteres Abwärtspotenzial begrenzt erscheint. Auch der unerwartet erfreuliche Tankan-Bericht dürfte dem Markt Unterstützung bieten, obwohl damit zu rechnen ist, dass der nächste Quartalsreport der Bank of Japan weniger positiv ausfallen wird. Insgesamt gehen wir davon aus, dass sich Marktteilnehmer mit dem "neuen" Konjunkturbild mittlerweile abgefunden haben und nun eine eher abwartende Haltung einnehmen. Historisch hohe Ölpreisnotierungen, die von Unternehmensseite in Zukunft kaum noch überwälzt werden können, sowie jetzt anstehende Gewinnprognosen für das zweite Fiskalhalbjahr (endet am 31.03.05) dürften die Kaufneigung zunächst noch eindämmen. Für den weiteren Verlauf sind wir allerdings durchaus konstruktiv gestimmt. Mit einer Erholung der Binnennachfrage sollten sich die Wachstumstendenzen verfestigen und zu einer nachhaltigen Besserung des makroökonomischen Szenarios führen. Darüber hinaus dürften die sich anbahnenden Restrukturierungen im Bankenbereich für zusätzliche Kursfantasie sorgen. In Japan bevorzugen wir weiterhin Werte, die von der Binnenkonjunktur sowie dem Export nach Asien profitieren. Dabei favorisieren wir vor allem die Bereiche Handel (Mitsui Corp.), Finanzen (Sumitomo Mitsui Finance Group), Immobilien (Mitsubishi Estate) und Investitionsgüter (Hitachi Construction). Werte aus den Sektoren Versorger und Technologie würden wir hingegen untergewichten.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 113,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende März 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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