Kommentar
13:00 Uhr, 23.01.2012

Ölembargo gegen den Iran! Droht bald ein Krieg?

Heute haben die EU-Außenminister ein Ölembargo gegen den Iran beschlossen. Darüber hinaus wurden die Konten der iranischen Zentralbank in der EU eingefroren.
Man kann wohl davon ausgehen, dass die Mehrheit der Bürger Europas mit dieser Entscheidung konform geht. Aber warum eigentlich?

Sie können mir eines glauben: Ich habe null, null Sympathien für den Iran. Oder für irgendein anderes Land der Region. Und genauso geht’s mir mit China. Damit meine ich nicht die Menschen, die dort leben, sondern das System. Es ist hochgradig unfrei. Ich will mit autoritären Staaten nichts zu tun haben.

Darum geht es aber in dem „Atomstreit“ nicht. Es geht darum, dass ein Club von Atomwaffenbesitzern andere Länder daran hindern will, ebenfalls den Status einer Atommacht zu erlangen – mit allen nötigen Mitteln. Zu diesem Zwecke wurde der Atomwaffensperrvertrag ins Leben gerufen, der 1970 in Kraft trat. Die fünf „offiziellen“ Atommächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China haben den Vertrag aus der Taufe gehoben und sich darin verpflichtet, keine Atomwaffen oder entsprechende Technologie weiterzuverbreiten. 190 Staaten haben ihn unterzeichnet und sich darin verpflichtet, auf die Entwicklung von Kernwaffen zu verzichten. 4 Staaten haben nicht unterschrieben: Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea. Das sind die „inoffiziellen“ Atommächte.

Iran hat also den Vertrag unterzeichnet. Dieser gesteht jedem Land das „unveräußerliche Recht“ auf ein ziviles Atomprogramm zu. Darüber hinaus ist durchaus bemerkenswert, dass jeder Staat den Vertrag mit einer Drei-Monats-Frist kündigen darf.
Der Iran besteht darauf, dass sein Atomprogramm rein friedlichen Mitteln dient. Aber selbst wenn nicht, wäre es vertragskonform, wenn das Land austräte und ganz offiziell Atomwaffen entwickeln würde. Dies stünde im Einklang mit internationalem Recht.

Mit welchem Recht dagegen meinen z.B. die ehemaligen Großmächte Frankreich und Großbritannien, dass sie einen höheren Anspruch auf Atomwaffen besitzen als der Iran? Wie kann es sein, dass das kleine Israel auf schätzungsweise 100 bis 200 Atombomben sitzt, und dabei auch noch von den USA protegiert wird? In diesem Zusammenhang ist es vielleicht auch erwähnenswert, dass die USA der einzige Staat sind, der je Atomwaffen eingesetzt hat!

Sie werden sich jetzt bestimmt denken: Ja aber der Iran, der ist ein Schurkenstaat!
Glauben Sie ich will, dass der Iran oder sonst wer Atomwaffen herstellt? Sicher nicht! Aber wir brauchen gar nicht über internationales Recht debattieren, wenn dieses so offensichtlich missachtet wird. Internationales Recht ist seit dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen das, was die USA darunter verstehen.

Es kann nur einen überzeugenden Weg in der Atomwaffenfrage geben: Jeder souveräne Staat muss das gleiche Recht bekommen, und das kann letztlich nur bedeuten, dass jeder darauf verzichten muss. Dann kann dieser Verzicht auch überzeugend international durchgesetzt werden, was am Ende auch beinhaltet, dass sogar die USA internationale Kontrolleure ins Land lassen müssen.

Abgesehen von dieser Grundsatzfrage könnte es durchaus sein, dass der Iran tatsächlich keine Atomwaffen entwickeln möchte. Das Land hat aber vielleicht auch keine Lust, sich weiter ständig kontrollieren zu lassen. Es handelt sich um einen souveränen Staat! Die Gefahr ist hoch, dass ähnlich wie im Irakkrieg 2003 letztlich ohne Beweise ein Militärschlag geführt wird. Die USA unterstützen damit weiter massiv die weltweite Abneigung gegen ihre Politik. Und die EU dackelt hinterher und macht uns womöglich zum Schauplatz von Racheakten.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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