Kommentar
16:27 Uhr, 06.11.2014

Nichts für Zaghafte aber doch ein guter Monatsanfang

Im Oktober gingen die Aktienmärkte auf Achterbahnfahrt und notierten am Monatsende etwa dort, wo sie schon am Monatsanfang gestanden hatten. In Euro kletterten die Kurse um 1,5%, wozu eine kräftige Rallye in der Schlusswoche beitrug. Zunächst brachen die Kurse ein, weil die Anleger nach einem pessimistischen IWF-Bericht und diversen enttäuschenden Daten Befürchtungen in Bezug auf den Wachstumsausblick für die Weltwirtschaft hegten. Auch die Berichtssaison wurde mit beträchtlicher Skepsis zur Kenntnis genommen. Und die Anleger hatten sich zu Monatsbeginn bullish positioniert.

Letztendlich erwiesen sich die Befürchtungen größtenteils als unbegründet. Die makroökonomischen Daten waren besser als erwartet, wie die Überraschungsindikatoren für Wirtschaftsdaten zeigen. Der deutliche Rückgang der Ölpreise (-25% im bisherigen Jahresverlauf) wirkt ähnlich wie eine Steuersenkung und dürfte die Weltwirtschaft beleben.

Überraschungsindikatoren für Wirtschaftsdaten

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Quelle: Datastream, INGIM (November 2014)

Auch die Gewinne übertrafen die Erwartungen. In den USA schnitten drei Viertel der Unternehmen besser als erwartet ab. Im Durchschnitt verzeichneten die Unternehmen, die ihre Zahlen bisher veröffentlicht haben, einen Anstieg des Gewinns pro Aktie um 9,7%. Die Schätzungen für das gesamte dritte Quartal wurden von 4,8% zu Beginn der Berichtssaison auf 8% Ende Oktober angehoben. Nicht nur die Gewinne pro Aktie, sondern auch die Umsätze fielen besser als erwartet aus; 54% der Unternehmen übertrafen die Umsatzprognosen. Dies spricht insofern für die Qualität der Gewinne, als diese nicht nur auf Kostensenkungen und Aktienrückkäufe zurückzuführen sind. Von ebenso großer Bedeutung ist die Tatsache, dass die Unternehmensprognosen auf das höchste Niveau seit Dezember 2010 angehoben wurden. Auch in Europa entwickelt sich die Berichtssaison günstig; die Gewinne übertreffen die Erwartungen um 2,3%.

In Europa sollte sich das Gewinnwachstum dank des stärkeren USD, der niedrigen Ölpreise und der niedrigen Zinsen beschleunigen, da dies zu höheren Unternehmensmargen führen sollte. Europäische Unternehmen verfügen über eine hohe operative Leverage, was sie für Veränderungen des Umsatzwachstums anfällig macht. Wir rechnen gleichzeitig mit einer Abflachung des US-Gewinnwachstums. Die Margen haben ein Rekordniveau erreicht, und der starke USD könnte die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen allmählich dämpfen und die Gewinne durch negative Wechselkurseffekte verringern.

Angesichts der Divergenz der Wachstumsraten zwischen den USA und dem Rest der Welt scheinen die Chancen auf höhere Gewinne für auf die US-Binnenwirtschaft ausgerichtete US-Unternehmen sowie für europäische bzw. japanische Exportunternehmen am größten zu sein.

Wir haben unsere Gewinnprognosen aktualisiert und mit den IBES-Bottom-Up-Prognosen verglichen. Als Risikofaktor für den Aktienmarkt ist eine Verlangsamung des US-Gewinnwachstums anzusehen. In den USA hängen die Aktienkurse vor allem von der Gewinnentwicklung ab. Die US-Gewinne dürften durch höhere effektive Steuersätze (striktere Vorschriften bei der Besteuerung von im Ausland ansässigen Unternehmen) und geringere Vorteile durch ein niedriges Zinsniveau in Mitleiden-schaft gezogen werden. Dieses Risiko dürfte sich 2015 erhöhen. Bei den Bewertungen sehen wir wenig Spielraum, zumal die Federal Reserve ihre Politik allmählich strafft. Dies könnte zu höherer Volatilität führen.

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Quelle: INGIM (November 2014)

Der Oscar für die größte Überraschung im Oktober geht jedoch an die Bank of Japan. Dass die BoJ ankündigte, das Volumen der Käufe von japanischen Staatsanleihen im Rahmen der QQE von 60 – 70 auf 80 Billionen JPY zu erhöhen und das 7-10-jährige Segment einzubeziehen, das Volumen des ETF-Programms auf 3 Billionen JPY zu verdreifachen und das Volumen des REIT-Programms auf 90 Milliarden JPY zu erhöhen, überraschte die Anleger nicht so sehr inhaltlich als in Bezug auf den Zeitpunkt. Zugleich wurde neue Investitionsstrategie des GPIF (AuM: 130 Billionen JPY) bekanntgegeben. Der Fonds wird von inländischen Anleihen in inländische Aktien sowie ausländische Anleihen und Aktien umschichten.

Mit diesen Maßnahmen kompensiert die BoJ den letzten Tapering-Schritt der US-Federal Reserve im Umfang von 15 Milliarden USD weitgehend. Die Maßnahmen der EZB verblassen dagegen, sollten aber nicht außer Acht gelassen werden. Durch eine QE mit Papieren aus dem privaten Sektor und ein weiteres TLTRO im Dezember wird die EZB-Bilanz verlängert. In unserem Basisszenario gehen wir von einer umfassenden QE der EZB aus. Da im Rat jedoch keine Einigkeit herrscht, ist unklar, wann es tatsächlich so weit ist. Die Auffassung, dass keine QE mit Staatsanleihen durchgeführt werden solle, wird häufig mit der Sorge, es könne zu „Moral Hazard“ kommen, sowie mit Unbehagen darüber, dass die EZB Kreditrisiken übernehmen könne, begründet. Letztendlich dürfte die EZB durch eine Eintrübung des wirtschaftlichen Umfelds zum Handeln gezwungen werden. Die Wirtschaft im Euroraum ist bereits wegen anhaltender struktureller Ungleichgewichte anfällig, die ihre Widerstandsfähigkeit gegen Schocks verringern. Anders ausgedrückt: Die globale Geldpolitik bleibt bei sich moderat verbessernden Makrodaten und höher als erwarteten Gewinnen locker.

Auf den ersten Blick kann ein solches Umfeld nicht negativ für Aktien sein. Unseres Erachtens sind die Bedingungen für einen Aktienkursanstieg weiterhin gegeben, der allerdings nicht so eindeutig ausfallen und sich stärker auf einzelne Papiere konzentrieren könnte. Dabei hängt viel von den divergierenden wirtschaftlichen und geldpolitischen Trends ab. Wir rechnen mit mehr Volatilität und Nervosität rund um die Veröffentlichung wichtiger Wirtschaftsdaten und Zentralbanksitzungen.

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