Kommentar
07:26 Uhr, 29.11.2018

Nicht nur Aktien betroffen: Auch in diesem Segment werden Anleger Geld verlieren

Der nächste Abschwung kommt bestimmt, nicht nur der an der Börse, sondern auch der in der Wirtschaft. Anleger sind darauf schlecht vorbereitet. Der Grund dafür ist die hohe Verschuldung der Unternehmen, wie der erste Finanzstabilitätsbericht der Fed zeigt.

Seit der Finanzkrise hat sich viel getan, vor allem bei den Banken. In Europa ist die Bankenkrise immer noch nicht ganz überwunden. In den USA sieht die Lage besser aus. Banken haben ihre Bilanzen bereinigt und haben sich auf die Vergabe von Krediten an Schuldner mit guter Bonität konzentriert.

Das bedeutete auch, dass Banken an Unternehmen weniger Kredit vergeben haben. Es kam aber nicht zu einer Kreditklemme. Das lag daran, dass Unternehmen eine Alternative hatten. Viele haben einfach Anleihen ausgegeben. Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung stieg der Anteil von weniger als 20 % auf fast 27 % (Grafik 1).

Vor der Finanzkrise wuchsen vor allem die Kredite. Nach der Finanzkrise wurden Unternehmen vorsichtiger. Noch immer ist das ausstehende Kreditvolumen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung gering und ist vergleichbar mit den 60er Jahren.

Unternehmen haben sich weiter kräftig verschuldet, nur eben nicht bei den Banken. Stattdessen haben sie Schulden auf dem Kapitalmarkt aufgenommen. Wer einen Anleihefonds oder -ETF hat, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Gläubiger von US-Firmen. Irgendwo müssen die vielen Anleihen ja hin...

Das Niedrigzinsumfeld hat Unternehmensanleihen besonders attraktiv aussehen lassen. Anstatt magerer 1,5 % Zinsen auf Staatsanleihen gab es immerhin 3 % oder 4 %. Dabei haben Anleger, die diesen Schuldenrausch gesponsert haben, eines vollkommen aus dem Blick verloren.

Die Gesamtverschuldung der Unternehmen ist enorm hoch und erreicht fast die Höhe der Wirtschaftsleistung (Grafik 2). Gleichzeitig ist die Ertragskraft der Unternehmen aber nicht wesentlich gestiegen. 100 % Verschuldung wird von einer Ertragskraft von 11 % nach Steuern oder ungefähr 16 % vor Steuern getragen. So schlecht war das Verhältnis noch nie.

Der nächste Abschwung kommt nun bestimmt, möglicherweise stecken wir schon mitten drin. Das bedeutet, dass viele Unternehmen weniger einnehmen und unterm Strich verdienen werden. Die Schuldentragfähigkeit ist mit einem großen Fragezeichen versehen.

Zu allem Überfluss konzentrieren sich die Erträge der US-Unternehmen bei einigen wenigen, großen Firmen. S&P 500 Unternehmen erwirtschaften mehr als 50 % der Gewinne der gesamten US-Unternehmenslandschaft. Die Schulden sind jedoch nicht nur dort konzentriert, sie verteilen sich über alle Firmen.

Es ist praktisch ausgeschlossen, dass es im nächsten Abschwung zu keiner Kreditkrise kommt. Die Schulden sind einfach zu hoch und die Ertragskraft ist zu gering. Diesmal tragen aber nicht die Banken die Schulden und Kreditausfälle, sondern Anleger.

Wer zuerst seine Anleihen loswird, hat Glück gehabt. Wer zu lange wartet, bleibt irgendwann auf hohen Verlusten sitzen. Irgendjemand muss die Verluste ja tragen. Banken werden dies nur unterdurchschnittlich tun. Sie haben sich aus dem Markt zwar nicht zurückgezogen, sind aber weitaus weniger stark exponiert als damals.

Anleger werden viel Geld verlieren, nicht nur über den Aktienmarkt, sondern auch über den Anleihemarkt. Das wird die Konsumkraft auf Jahre beeinträchtigen. Beginnt der Abschwung erst einmal, wird er sich in die Länge ziehen.

Autor: Clemens Schmale

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