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09:19 Uhr, 16.02.2001

Niceletter 07-2001

Amazon.com: die Zeit verrinnt immer schneller

Dass wir gegenüber Amazon.com seit Bestehen dieser Börsenbriefe skeptisch eingestellt sind, wissen die meisten Leser, die uns schon länger folgen. Letztmals rieten wir in NICE*Letter 3/00 bei einem Kurs von 64,13 USD zum Ausstieg. Nachdem wir uns nun mit den 2000er Zahlen und mit dem 2001er Ausblick des Managements näher befassten, müssen wir unsere Einstellung sogar nochmals betonen. Im laufenden Quartal soll sich der Kassenbestand auf nur noch 650 Mio. USD belaufen. Zwar rechnet das Management mit einem Kassenbestand von 900 Mio. USD zum Ende des Jahres - aber wie das zustande kommen soll, ist uns ein Rätsel. Die Cashburn-Rate liegt derzeit bei 200 bis 300 Mio. USD. Die Tendenz soll abnehmend sein, weswegen das Management bis zum Jahresende hofft, die Gewinnzone zu erreichen. Allerdings ist zugleich auch die Wachstumsrate der ausgelieferten Bücher abnehmend. Das heisst, für jeden neuen Kunden müssen jetzt noch mehr Marketing-Dollars ausgegeben werden. Neuester Umsatzhoffnungsbringer: Amazon.com will nun Verlagen gegen eine Gebühr von bis zu 10.000 USD pro Tipp die Möglichkeit geben, den 30 Mio. Amazon-Kunden Bücher per Email zu empfehlen. Eine Idee, von der wir nicht viel halten. Denn dadurch wird die bisherige redaktionelle Unabhängigkeit, die einen der Erfolgspfeiler von Amazon.com ausmachte, mehr als aufgeweicht. In den Bilanzen entdeckten wir überdies Posten, die demnächst mit Sicherheit auch die US-Staranalysten beschäftigten dürften. Amazon.com liess sich nämlich in früheren Boomzeiten Lieferungen an andere dot-com-Unternehmen mit deren Aktien bezahlen. Nach dem Kursverfall sind diese Aktien manchmal das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt wurden. Hier steht massiver Wertberichtigungsbedarf an.

Unsere Meinung: Das avisierte Erreichen der Gewinnschwelle bei Amazon.com bleibt für uns weiterhin mit sehr vielen Fragezeichen versehen. Bedenklich ist aus unserer Sicht vor allem der erhebliche Abschreibungsbedarf. Da auch die Wachstumsraten im Online-Buchhandel allgemein rückläufig sind, gilt selbst auf dem reduzierten Niveau weiterhin - verkaufen.

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