Kommentar
15:00 Uhr, 31.07.2024

Neue Krypto-Generation: Wie Bullish und Co. den Markt erobern

Die Zeit der Kleinanleger im Krypto-Sektor ist vorbei. Es sind nun die professionellen und institutionellen Player, die bestimmen, wo es lang geht. Krypto-Börsen und Broker sind sich dessen bewusst und stellen sich auf die neue Kundenklientel ein. Wie sich ein Markt neu formiert und welche Auswirkungen das auf die bestehenden Player hat. BTC-ECHO

Es entsteht eine neue Generation an Krypto-Börsen und Brokern. Sie sind weniger bekannt und werben nicht im TV oder im Fußballstadion, wie man es von einigen Playern gewohnt ist, die vor allem Retailanleger ansprechen. Es geht dabei um Krypto-Akteure wie Bullish aus New York oder die Deutsche Börse Digital Exchange aus Frankfurt, deren Fokus institutionelle Anleger sind.

Doch auch ursprüngliche Retail-Anbieter wie beispielsweise Bitpanda oder Kraken versuchen immer stärker, mit eigenen Entitäten die begehrte Kundengruppe zu gewinnen. Das Rennen um professionelle und institutionelle Anleger hat längst begonnen. Zum ersten Mal in der Krypto-Geschichte, zum ersten Mal in einem Krypto-Zyklus, findet ein nennenswerter Wettbewerb um Marktanteile in einem noch kaum erschlossenen Marktsegment statt.

Legitimationswelle bringt neue Kunden hervor

Bislang waren nur institutionelle Investoren im Krypto-Sektor engagiert, die über ausreichend Autonomie und Pioniergeist verfügen. Kleine Hedgefonds, Family-Offices und vermögende Einzelanleger (sogenannte HNWIs) sind hier primär zu nennen. Durch die neue Legitimationswelle im Sektor – hervorgebracht durch Krypto-ETFs von BlackRock und Co., MiCA in der EU oder der Tokenisierung von Real World Assets – ist eine neue Anlegerbasis entstanden.

Inzwischen hat auch der minder digital-affine Vorstand einer Regionalbank oder eines Asset Managers verstanden, dass es Krypto-Angebote für die eigenen Kunden bedarf, um Mittelabflüsse zu vermeiden. Der Bedarf an strukturierten Produkten, Indizes, Derivaten wie Futures etc. wächst. Denn während es den meisten Kleinanlegern reicht, via Spothandel Kryptowährungen zu traden, sieht dies bei der institutionellen Kundenklientel anders aus.

Diese brauchen maßgeschneiderte Produkte, mit denen Handelsstrategien darstellbar sind. Ihnen geht es nicht um eine große Auswahl an Hype-Coins, sondern darum, möglichst kosteneffizient, reguliert und sicher große Orderaufträge in einem hochliquiden Markt mit Blue-Chip-Werten abzuwickeln. Dazu zählt die Short-Absicherung für die Bitcoin-Position genauso wie der persönliche Kundenbetreuer, dessen Nummer man im Handy eingespeichert hat.

Bullish: Das Produktangebot spricht eine klare (An-)Sprache

Die Bedürfnisse dieser Kundengruppe zeigen sich am offensichtlichsten bei der Krypto-Börse Bullish aus den USA. Milliardenschwer und eher unbekannt, reißt sie, ohne größeres Marketing, immer mehr an Krypto-Handelsvolumina an sich. Über eine Milliarde US-Dollar setzt Bullish täglich an Kryptowährungen um. Damit gehört die Insti-Krypto-Börse zur Champions League und kann sich problemlos mit den anderen Top-Playern des Sektors messen. Anstatt hunderter Kryptowährungen finden sich allerdings nur die allergrößten im Produktsortiment.

Dafür gibt es diverse Stablecoin-Handelspaare, überwiegend mit dem bei Instis beliebten Stablecoin USDC von Circle. Die US-Dollar-Stablecoins von Tether und Paypal Stablecoins sind zwar auch vertreten, allerdings für deutlich weniger Handelspaare. Neben diversen BTC/Stablecoin-Handelspaaren, sind auch Futures-Kontrakte, sogenannte Perps, im Angebot. Gleichzeitig findet man im Produktangebot Indizes, die Bullish gemeinsam mit dem akquirierten Medienhaus CoinDesk aufgesetzt hat.

Von der Wall Street für die Wall Street

Bonusprogramme, Leuchtreklamen, Launchpads und Lotterien, wie man sie von KuCoin, Binance oder Crypto.com kennt, sucht man auf Bullish vergebens. Nicht nur aus Imagegründen, sondern weil derartige Marketing-Aktionen schlichtweg irrelevant beziehungsweise unpassend für einen institutionellen Wall-Street-Trader sind.

Um das Profil von Bullish zu verstehen, muss man einen Blick auf deren CEO, Tom Farley, werfen. Als ehemaliger Präsident der New York Stock Exchange ist er ein Wall-Street-Repräsentant, wie er im Buche steht. Mit seinem Background beziehungsweise Netzwerk baut er mit dem Geld der Instis eine Börsenplattform für die Instis. Zu den Geldgebern gehören unter anderem Peter Thiel, Founders Fund, Galaxy Digital und Nomura. Entsprechend groß ist die finanzielle Schlagkraft.

Zumal Bullish ursprünglich von Block.one initiiert wurde, dem Unternehmen, das auch hinter dem EOS-Protokoll steht. Bullish kann damit auf Finanzressourcen zurückgreifen, die in den zweistelligen Milliardenbereich hineinreichen.

Bitpanda Wealth, Kraken Institutional, DBDX: Alle wollen dabei sein

Dass die Erschließung eines professionellen Krypto-Marktes gigantische Chance bietet, ist kein Geheimwissen unter den hiesigen Krypto-Börsen und Brokern. Ganz gleich, ob beispielsweise Bitpanda Wealth, Kraken Institutional, Coinbase Institutional, Deutsche Börse Digital Exchange (DBDX), Börse Stuttgart Digital Exchange oder Bitcoin Suisse: sie alle versuchen, sich im Insti-Sektor zu positionieren und gründen dazu teils eigene Entitäten.

Auch wenn sich ihre Schwerpunkte und Angebote unterscheiden, eint sie das gemeinsame Marktverständnis, dass das große Geld nur bei den tiefen Taschen zu holen ist. So treten manche Akteure nicht nur als Handelspartner, sondern auch als Infrastrukturdienstleister oder Whitelabelanbieter auf. Möglichkeiten der Positionierung gibt es viele, genauso wie es sehr viele unterschiedliche institutionelle Kundengruppen gibt.

Auf die Plätze, fertig, los!

Der vom Hype getriebene Kleinanleger, der für 2.000 Euro Dogecoin kauft, finanziert aktuell noch einen nennenswerten Teil der Börsen- und Brokereinnahmen. Auch wenn keiner der Player auf diese Einnahmen verzichten möchte, fährt man immer öfter zweigleisig, sofern man wie Bullish oder DBDX keine reine Ausrichtung auf institutionelle Anleger besitzt.

Es wird ein sehr spannender Wettstreit in den kommenden Monaten entstehen. Wer wird sich wie im Insti-Geschäft positionieren? Welcher Player wird in welcher Region besonders stark sein? Wer erkämpft wie viele Marktanteile? Wer gewinnt, welche namhaften Kunden? Können sich europäische Dienstleister im internationalen Wettbewerb behaupten?

Noch ist vieles offen. MiCA tritt erst im Januar 2025 vollständig in Kraft. Doch fest steht, dass nur die Player vorne mitspielen werden, die bereits heute gut positioniert und vorbereitet sind.

Source: BTC-ECHO

BTC-ECHO

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

BTC-ECHO
BTC-ECHO

BTC-ECHO ist das reichweitenstärkste Online-Medium der deutschsprachigen Krypto-Szene. Seit der Gründung 2014 besteht die Mission darin, mit tagesaktueller Berichterstattung und Analysen umfassend und unabhängig über die relevanten Trends und Entwicklungen im Bereich Kryptowährungen zu informieren und aufzuklären.

Neben Online-Journalismus zählen regelmäßig erscheinende Podcasts und Reports, sowie das Community-orientierte Vergleichsportal BTC-ECHO Reviews und die E-Learning-Plattform BTC-ECHO Academy zu den erfolgreichsten Projekten des Unternehmens.

Mehr über BTC-ECHO
Mehr Experten