Fundamentale Nachricht
12:14 Uhr, 30.03.2020

Neue Ära des US-Dollars

Ariel Bezalel, Head of Strategy, Fixed Income, und Fondsmanager Harry Richards bei Jupiter Asset Management geben einen aktuellen Überblick über die jüngsten Marktentwicklungen und erläutern, wo sie inmitten der Turbulenzen fehlbepreiste Anlagechancen an den Kreditmärkten sehen.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,10629 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

- Dank ihrer konservativen Ausrichtung hat die flexible Anleihenstrategie von Jupiter die jüngsten Kursausschläge an den Märkten besser überstanden als andere und eine bessere Performance als der Durchschnitt ihrer Peergroup erzielt.

- Die Angst vor einer Wirtschaftskrise durch das Coronavirus hat zu einem Rückgang der Staatsanleiherenditen und einer Ausweitung der Credit Spreads geführt.

- Die fiskalpolitische Reaktion auf diese Krise ist positiv für die Kreditmärkte, vor allem in den USA, wo die Regierung ein zwei Billionen US-Dollar schweres Hilfspaket angekündigt hat.

- Wir haben opportunistische Zukäufe bonitätsstarker Unternehmensanleihen getätigt, die wir nach der jüngsten Spreadausweitung und vor dem Hintergrund der fiskalpolitischen Unterstützung für attraktiv bewertet halten.

- Wir sind weiterhin bullish für Staatsanleihen, da wir mit einem weiteren Renditerückgang rechnen, vor allem in den USA, wo die US-Notenbank Fed Wertpapierankäufe in unbegrenztem Ausmaß angekündigt hat.

- Wir stehen am Beginn einer neuen Ära, in der der US-Dollar die gefragteste globale Währung sein wird.

- Wenn die Erholung einsetzt, wird sie unserer Ansicht nach eher schleppend verlaufen. Einen V-förmigen Aufschwung halten wir für unwahrscheinlich.

„Sichere Hafen“-Anlagen stabilisieren sich, aber anhaltende Volatilität wahrscheinlich

Die Kursausschläge an den Anleihemärkten sind unverändert hoch. Die Investoren haben die zu erwartenden wirtschaftlichen Verwerfungen durch die notwendigen staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus noch nicht komplett verarbeitet.

In der vergangenen Woche kam es zu einem undifferenzierten Ausverkauf, der vermeintlich sichere Staatsanleihen genauso in Mitleidenschaft gezogen hat wie Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen. Einen bedeutenden Anteil an diesem Ausverkauf hatten Zwangsverkäufe von Investoren, die ihre liquidesten Vermögenswerte verkaufen mussten, um sich die notwendige Liquidität zu sichern.

Dadurch standen US-Staatsanleihen (Treasuries) in der vergangenen Woche massiv unter Druck. Eine komplett unerwartete Entwicklung war dies allerdings nicht – ähnliche Kursbewegungen gab es auch schon während der globalen Finanzkrise. Damals erwiesen sich die Kursverluste von Staatsanleihen nachträglich als lediglich vorübergehendes Phänomen. Als das Chaos im Handel nachließ, besannen sich die Investoren auch wieder auf die Fundamentaldaten und die Treasury-Renditen gingen wieder zurück. Diese Dynamik ist auch jetzt wieder zu beobachten: Nach der „Liquidierungsphase“ gibt es am US-Staatsanleihenmarkt aktuell bereits wieder Hinweise auf eine Stabilisierung.

Wir erwarten, dass es bei „Sichere-Hafen“-Anlagen wie Staatsanleihen schon bald wieder zu einer Stabilisierung kommen wird und diese sich im Trend wieder überdurchschnittlich entwickeln werden. Investoren sollten sich aber auch auf eine anhaltende Volatilität einstellen. Was die Unternehmensanleihemärkte angeht, werden viele Unternehmen die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus sehr negativ zu spüren bekommen, und das Risiko von Herabstufungen wird zunehmen, wenn mehr Unternehmen von der sich ausweitenden Konjunkturabschwächung betroffen sind. Deshalb sind Unternehmensanleihen zuletzt genauso stark verkauft worden wie Aktien.

Gigantische geld- und fiskalpolitische Hilfsprogramme machen Mut

In den letzten sieben Tagen haben Regierungen und Notenbanken in aller Welt umfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft und Märkte angekündigt. Die Bank of England hat die Leitzinsen von 0,25 Prozent auf 0,1 Prozent gesenkt. Die Reserve Bank of Australia hat die Zinsen von 0,5 Prozent auf 0,25 Prozent herabgesetzt und sowohl quantitative Lockerungsmaßnahmen als auch eine aktive Steuerung der Zinsstrukturkurve angekündigt. Die Europäische Zentralbank wiederum hat neue Anleihekäufe im Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

Die größte Nachricht war aber das Konjunkturpaket der US-Regierung mit einem Volumen von zwei Billionen US-Dollar. Parallel dazu hat die Fed angekündigt, unbegrenzt US-Staatsanleihen anzukaufen, und einen finanziellen Rahmen von 300 Milliarden US-Dollar für den Ankauf von Investment-Grade-Unternehmensanleihen und forderungsbesicherten Wertpapieren bereitgestellt. Damit wird die Fed erstmals überhaupt Unternehmensanleihen ankaufen, um den Kreditmarkt zu stützen. Dieser Schritt war unerwartet und wurde an den Märkten sehr positiv aufgenommen.

Im Vergleich zur globalen Finanzkrise unterscheidet sich die Antwort der Politik auf diese Krise vor allem dadurch, dass neben Liquiditätsinjektionen der Notenbanken weltweit auch zunehmend groß angelegte fiskalpolitische Maßnahmen bekanntgegeben werden. Insgesamt werden enorme Mengen an Liquidität in die Weltwirtschaft gepumpt. Die Notenbanken signalisieren, dass sie sich um einen möglichen Anstieg der Staatsanleiherenditen sorgen. Auch ist es ermutigend zu sehen, dass die Regierungen und Zentralbanken die Lehren des Jahres 2008 gelernt haben und tun, was auch immer nötig ist, um die Funktionsfähigkeit des Bankensystems sicherzustellen.

Das alles ist letztlich gut für Staats- und Unternehmensanleihen, obwohl nochmals darauf hingewiesen werden sollte, dass an diesen Märkten weiter mit einer hohen Volatilität gerechnet werden muss. Daher ist durchaus möglich, dass die Fed auch Aktien ankaufen wird – etwas, das die Bank of Japan schon länger macht. Wir vertreten seit langem die Ansicht, dass die entwickelten Märkte letztlich die gleiche Entwicklung nehmen werden wie Japan.

Gefragter denn je: der US-Dollar

An den Devisenmärkten hat es dramatische Bewegungen gegeben, wobei vor allem der US-Dollar stark aufgewertet und alle anderen bedeutenden Währungen überflügelt hat. Wir sehen die Welt am Beginn einer Phase einer hohen US-Dollar-Nachfrage, was auch an der Dollar-Knappheit in Offshore-Märkten liegt. Das dürfte eine erhebliche Belastung für die Weltwirtschaft darstellen und vor allem die Emerging Markets treffen, deren auf US-Dollar lautende Schulden auf insgesamt rund 12 Billionen US-Dollar geschätzt werden – an diesem kritischen Punkt für die Weltwirtschaft fließen einfach nicht genug US-Dollar in andere Märkte. Eine Reihe von Volkswirtschaften im Mittleren Osten dürfte unter dem starken Rückgang der Ölpreise leiden, da dies die Dollareinnahmen der Region verringert und somit einige Währungsbindungen an den US-Dollar – insbesondere des Oman – bedrohen könnte.

Wie ist unsere flexible Anleihestrategie positioniert?

Die Strategie ist mit einer sehr defensiven Ausrichtung ins Jahr 2020 gestartet, da wir uns bereits zum Jahreswechsel Sorgen über die fragile Verfassung der Weltwirtschaft machten. Dadurch haben wir die jüngste, sehr volatile Phase relativ gut überstanden. Unsere Strategie liegt zwar in der Betrachtung seit Jahresanfang ebenfalls im Minus, hat sich aber besser geschlagen als der Durchschnitt ihrer Peergroup. Belastet wurde die Fondsperformance insbesondere durch das Engagement in Hochzinsanleihen (vor allem aus dem Energiesektor), wobei unsere Absicherungen über Credit Default Swaps („CDS“) und eine Short-Position im omanischen Rial die Verluste etwas abfedern konnten.

Im Folgenden geben wir einen Überblick über unsere Positionierung und unsere wichtigsten Portfolioanpassungen:

- Bullish, aber aktiv in US-amerikanischen, australischen und neuseeländischen Staatsanleihen. Wir gehen davon aus, dass die Zinsen noch sehr viel länger auf ihrem niedrigen Niveau verharren werden – im Fall der USA also noch länger bei null liegen werden. Allerdings haben wir auch das Risiko eines mittelfristigen „Bear Steepening“ im Blick – das Risiko, dass die langfristigen Zinsen schneller steigen als die kurzfristigen Zinsen und die Zinsstrukturkurve dadurch steiler wird. Daher haben wir einige Gewinne aus US-Staatsanleihen mit langen Laufzeiten im Portfolio realisiert. Wir bleiben aber insgesamt bullish: US-Treasuries sind in der Strategie mit rund 26 Prozent gewichtet, während die Allokation in australische und neuseeländische Staatsanleihen etwa 14 Prozent beträgt. Die deflationären Kräfte werden bis auf weiteres überwiegen. Nach dem Einbruch der „Breakeven-Rates“ – der Inflationserwartungen, die auf Basis des Renditevergleichs von inflationsindexierten Anleihen und konventionellen US-Staatsanleihen berechnet werden – haben wir das jüngste Marktumfeld als guten Zeitpunkt für den Aufbau einer Position in US Treasury Inflation Protected Securities (TIPS) (inflationsgeschützten Anleihen) genutzt.

- Die Credit Spread-Duration ist gestiegen. Wir haben die High-Yield- und Investment-Grade-CDS-Absicherung (zuvor rund 10 Prozent der Strategie) abgebaut und eine CDS-Position von einem Prozent in Staatsanleihen der Schwellenländer zurückbehalten. Dadurch hat sich die Spread-Duration der Strategie von 2,5 auf 3,3 Jahre erhöht.

Außerdem haben wir mit dem vorsichtigen Ausbau unseres Engagements in Unternehmensanleihen begonnen und Anlagechancen in hochwertigen, defensiven Titeln kurzer Laufzeiten genutzt, die sich durch Zwangsverkäufe eröffnet haben. Außerdem haben wir Positionen in Senior Secured Notes mit längerer Duration in defensiven Sektoren wie Telekommunikation sowie unser Exposure im Bankensektor zu attraktiven zweistelligen Renditen ausgebaut. Darüber hinaus liegt der Anteil von AT-1-Anleihen an der Strategie jetzt bei rund 4 Prozent, während das High-Yield-Exposure etwa 33 Prozent beträgt. Wir legen den Fokus weiter auf die führenden Banken in Europa und den USA.

An den Kreditmärkten ist eine vorsichtige Haltung sicher von Vorteil. Trotz der geld- und fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen hat das Ausfallrisiko vieler Unternehmen deutlich zugenommen, da viele das Warten auf staatliche Nothilfe nicht überleben könnten. Viele stark verschuldete Unternehmen haben es jetzt ganz einfach mit einem erheblich wachstumsschwächeren Umfeld zu tun. Daher meiden wir sehr konjunkturabhängige Sektoren wie Fluggesellschaften, Automobilhersteller und die Freizeitbranche, bei denen das Risiko aktuell stark erhöht ist und die Perspektiven sehr unklar sind. Wir halten weiter Titel globaler Proteinkonsumenten, die nach wie vor vom starken Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage nach Schweinefleisch in China profitieren.

- Long-Exposure im US-Dollar. Wir erwarten, dass der US-Dollar weiter aufwerten wird, und haben diese Einschätzung in unserem Portfolio auf unterschiedliche Weise abgebildet. Zum einen sind wir long im US-Dollar gegenüber dem chinesischen Yuan. Unserer Ansicht nach hat sich die chinesische Währung bemerkenswert gut gehalten und wird, den Vorgaben der anderen asiatischen und EM-Währungen folgend, abwerten müssen. Außerdem erwarten wir, dass Chinas Wirtschaft weiter zu kämpfen haben wird und zu wenig Dollar-Reserven hat. Zweitens setzen wir an Stelle einer Long-Position im US-Dollar gegenüber anderen traditionellen EM-Währungen auf eine Long-Position im US-Dollar gegenüber einigen der Währungen, die an den Dollar gekoppelt sind, wie zum Beispiel dem Hongkong-Dollar und dem omanischen Rial, da diese unserer Ansicht nach attraktivere risikobereinigte Erträge bieten.

- Minimales Exposure in Staatsanleihen der Schwellenländer. Wir waren schon lange vor der aktuellen Krise der Ansicht, dass EM-Staatsanleihen sehr hoch bewertet sind. Trotzdem haben wir ein gewisses Exposure in auf US-Dollar lautenden EM-Staatsanleihen mit kurzer Duration, zum Beispiel aus Ägypten und der Ukraine. Beide Länder profitieren von hohen staatlichen Liquiditätsreserven, einer geringen Abhängigkeit von Öl-/Rohstoffexporten und bei Bedarf von multilateraler Finanzierungsunterstützung. Die USD-Renditen 1-jähriger Anleihen liegen bei knapp 10 Prozent.

Ausblick

Wir achten sehr genau auf Hinweise, dass der Markt die negativen Folgen des Coronavirus maximal eingepreist hat. Dazu werden die Infektionsraten in Europa und den USA vermutlich erst ihren Höhepunkt erreichen müssen. Und davon scheinen wir aktuell noch relativ weit entfernt zu sein. In China zum Beispiel wurde der Höhepunkt der Infektionen erst nach ungefähr einem Monat erreicht – und das bei deutlich strengeren Lockdown-Maßnahmen, als sie in den westlichen Staaten zu erwarten sind. Positiv zu vermerken ist, dass die chinesische Wirtschaft als wichtigster globaler Wachstumsmotor gerade wieder anläuft. Allerdings rechnen wir mit einer lediglich schleppenden Erholung und nicht mit einem V-förmigen Aufschwung.

Vor diesem Hintergrund behalten wir die Entwicklungen in diesen turbulenten Märkten weiter genau im Blick. Trotz unserer vorsichtigen Haltung betrachten wir diese Krise aber letztlich auch als Chance, gute künftige Anlageergebnisse für unsere Kunden zu erzielen, indem wir jetzt in Titel finanziell gut aufgestellter Emittenten investieren, die aktuell fehlbepreist sind. Bislang haben wir unsere Zukäufe auf Senior Secured Notes und Titel mit sehr kurzen Laufzeiten, aber attraktiven Renditen von Unternehmen mit einem unserer Ansicht nach vertretbaren Schuldenprofil beschränkt.

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