„Menschen entscheiden selbst über Investitionen in den Energiemix“
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„Die Menschen zu Hause entscheiden selbst über Investitionen in den Energiemix“
Frank Asbeck, Chef der SolarWorld AG, einer der größten Solarenergiekonzerne der Welt, spricht im Interview über die Energiewende – und was der einzelne dazu beitragen kann.
Welche Bedeutung kommt der Achillesferse Speicherproblematik zu?
Die Verstetigung des Solarstromangebots wird in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen. Bereits jetzt kann Solarstrom über moderne Bleibatterien vom Tag in die Nacht gespeichert werden. In Zukunft werden wir verstärkt diejenige Technologie nutzen, die parallel für den Mobilitätssektor entwickelt wird: Lithium-Ionen-Batterien. Bis 2020 wird dieses intelligente System bei nahezu jeder Solarstromanlage zum Einsatz kommen.
Braucht Deutschland 3600 Kilometer Höchstspannungsleitungen oder ist mehr auf dezentrale Versorgung zu setzen?
Der große Vorteil von PV ist, dass immer dort Strom produziert wird, wo er auch gebraucht wird. Laut Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums reichen bereits 1.100 km Überlandleitungen für die Energiewende aus – nur 250 km mehr als bis 2015 ohnehin geplant und gerade mal ein Drittel der von dena [Deutsche Energie-Agentur, A.d.R.]-Chef Stephan Kohler und der Atomlobby monstranzartig vor sich hergetragenen 3.600 km. Voraussetzung ist, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen lassen die Windkraftnutzung im eigenen Land politisch zu, und der Ausbau der dezentralen Erzeugung von Solarstrom wird bundesweit fortgesetzt.
Welche Zukunft haben die Photovoltaik-Marktteilnehmer nach den Vergütungsabsenkungen?
Betrachtet man den Markt unter dem Aspekt, dass Strom nun zu Hause gemacht wird, haben alle Photovoltaik-Marktteilnehmer eine große Zukunft. Denn durch ihre Marktteilnahme entscheiden nicht eine Hand voll Energiemanager, sondern die Menschen zu Hause selbst über Investitionen in den Energiemix. Diese Marktdynamik wirkt umwälzend. Jahrzehnte lang flossen Entscheidungen und Strom immer in eine Richtung, vom Kraftwerkbetreiber zum Verbraucher.
Dr.-Ing. E.h. Frank Asbeck, Jahrgang 1959, ist Vorstandsvorsitzender der SolarWorld AG. Das über alle Wertschöpfungsprozesse hinweg integrierte Unternehmen gehört mit 3400 Mitarbeitern weltweit zu den größten Solarkonzernen und verfügt über 13 Standorte in allen wichtigen Zielmärkten. Asbeck ist Gründungsmitglied der GRÜNEN, Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande, Mitglied des Nachhaltigkeitsbeirats des Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn und Mitglied des Energie- und Klimarates der Landesregierung NRW.
Nun fließen sie in beide Richtungen. Jede Kilowattstunde Strom, die zudem zu Hause produziert und genutzt wird, entlastet das öffentliche Stromnetz und lässt die Energiewende näher rücken. Photovoltaiktechnik kann auch nach der Vergütungsabsenkung überall in Deutschland wirtschaftlich betrieben werden.
Haben Photovoltaik-Hersteller in Deutschland noch eine Chance gegen Billigkonkurrenz?
Den Wettbewerb mit Produkten aus dem asiatischen Raum müssen wir als deutscher Qualitätshersteller von Solarstrommodulen nicht scheuen. Die immer wieder hervorgehobenen Kostenvorteile halten sich in Grenzen. Unterschiede gibt es, wo der arbeitsintensive Prozess ansetzt, also in der Modulproduktion. Wir haben 9 Prozent Arbeitslöhne in unserem Produkt, die Chinesen 4 Prozent. Dazu gewährt Peking günstige staatliche Kredite und subventioniert die Energie, was die Produktion um weitere 5 bis 7 Prozent verbillige. Transportkosten nach Amerika oder Europa schlagen mit 2 Prozent negativ zu Buche, so dass unter dem Strich Module aus China 10 Prozent billiger angeboten werden können. Um diese 10 Prozent müssen wir besser sein, gerne auch mehr. Den Kostenvorteil der Chinesen können wir jedoch problemlos durch unsere hohe Fertigungsqualität, die sich nicht zuletzt auch in unserer 25-jährigen linearen Leistungsgarantie widerspiegelt, kompensieren. Nicht zuletzt sind deutsche Anbieter 6000 Kilometer näher an den Kunden als die Chinesen.
Wann kommt die befürchtete Pleite vieler Mitbewerber?
Die nun einsetzende Konsolidierung werden zehn bis zwölf Anbieter überleben, darunter zwei bis drei deutsche. Solarworld gehört dazu.
Wohin entwickelt sich die Erneuerbare-Energien-Branche?
Der Branche der Erneuerbaren Energien kommt eine Schlüsselfunktion zu – sie ist ein Garant für nachhaltiges Wachstum. In Deutschland bildet sie eine wichtige Basis für die Energiewende. Photovoltaik-Anlagen werden bis 2020 mehr als 10 Prozent zum deutschen Energiemix beitragen.
Dieser Artikel ist in unserer Sonderpublikation Nachhaltigkeit erschienen. Weitere spannende Themen können Sie nach einer kurzen kostenfreien Anmeldung hier herunterladen.
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