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13:41 Uhr, 26.11.2025

Marktstimmung: "So viel Optimismus wie nie"

Rekordstand beim Optimismus der Profis und ebenfalls ziemlich zuversichtliche Private! Ob dies eine weitere Erholung deutscher Bluechips behindern könnte, weiß Joachim Goldberg.

Zusammenfassung

Allzeithoch zwar nicht beim DAX, aber in der Marktstimmung. Die mittelfristig orientierten Profis haben zu 19 Prozent ihre Short-Engagements geschlossen und 18 Prozent sind long gegangen. Das hat den Deutsche Börse Sentiment-Index auf 57 Punkte gehoben, den höchsten Stand seit dem Beginn der Erhebung vor knapp 25 Jahren. Verhaltensökonom Joachim Goldberg vermutet, dass etliche der Bären gute Gewinne gemacht haben. Bei den Privaten sieht es ähnlich aus, wenn auch etwas gedämpfter. 14 Prozent sind nicht mehr short, davon nur 9 Prozent jetzt long in DAX-Aktien. Für Goldberg ist der saisonale Effekt des nahenden Jahreswechsels bei dieser Gruppe kleiner.

Insgesamt wertet er die Stimmung aber noch nicht als euphorisch, da der DAX noch ein ganzes Stück vom Rekordhoch entfernt ist. Seiner Ansicht nach ist die Mehrheit der heutigen Bullen zu höheren Preisen eingestiegen, und zwar zwischen 23.750 und 23.800 DAX-Punkten, und hat jetzt mit Nachkäufen verbilligt. Dort könnte es zu Angebot kommen. Gefahr sieht er an der Unterseite, weil dort keine potentielle Nachfrage mehr von der Short-Seite zu erwarten ist.

26. November 2025. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Eine Handelsspanne beim DAX von 2,8 Prozent seit vergangenem Mittwoch spiegelt sicher nicht die Wechselbäder wider, die manche Börsianer durchlitten haben dürften. Angefangen von den Quartalszahlen um NVIDIA, verbunden mit heftigem Auf und Ab, bis hin zu den innerhalb weniger Tage völlig veränderten Erwartungen hinsichtlich der Leitzinsentwicklung in den USA. Ging man vielerorts vor einer Woche noch davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung unter 30 Prozent läge, preist der Markt mittlerweile eine Zinssenkung von 25 Basispunkten mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 80 Prozent ein. Ganz zu schweigen von dem zum vergangenen Wochenende bekannt gewordenen umstrittenen US-Friedensplan für die Ukraine, der die geopolitischen Diskussionen beherrschte.

Was nun die DAX-Entwicklung der kommenden vier Wochen angeht, haben die institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont eine recht deutliche Meinung. Denn unser Deutsche Börse Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche um 37 Punkte auf einen neuen Stand von +57 Punkte gestiegen. Es handelt sich dabei um den höchsten Optimismus seit Beginn unserer Aufzeichnungen (August 2002). Diese starke Veränderung verdankt sich vor allem ehemaligen Bären. Deren Gruppe hat sich nämlich um 19 Prozentpunkte verringert, wobei sich mehr als 90 Prozent der Wechselwilligen per Saldo direkt zur Bullenseite begeben, ihre Engagements also um 180 Grad von „short“ auf „long“ gedreht haben. Vermutlich teilweise mit ordentlichen Gewinnen im Rücken.

Privatanleger-Optimismus relativ verhalten

Fast schon verhalten könnte man indes die Stimmungsentwicklung bei den Privatanlegern nennen. Aber nur in Relation zu den institutionellen Pendants. Denn absolut betrachtet herrscht auch in diesem Panel ein beachtlicher Optimismus vor: Unser Deutsche Börse Sentiment-Index steigt um 23 Punkte auf einen neuen Stand von +32. Hier haben wir es allerdings nicht mit einem Allzeit- oder gar Jahreshoch zu tun, denn vor zwei Wochen war die Stimmung sogar noch ein bisschen besser.

Am Ende haben sich 40 Prozent der ehemaligen Bären direkt zu den Bullen gewagt, ihre Engagements also um 180° gedreht, während die verbleibende Mehrheit sich zu den neutral gestimmten Investoren gesellt hat. Auch wenn die beiden Untergruppen, Privatanleger und solche, die wir über Social Media befragten, mit ihren Stimmungsniveaus recht nah beieinander liegen, hat sich letztere Gruppe im Gegensatz zu den übrigen Anlegenden fast vollumfänglich direkt von bearish nach bullish bewegt.

Institutionelle mit Rekordoptimismus

Nun gilt bei unserer heutigen Befragung das Interesse vor allen Dingen den institutionellen Investoren, deren rekordhoher Optimismus naturgemäß bedenklich erscheint. Allerdings kann man nicht von Euphorie sprechen, denn der DAX befindet sich zurzeit nicht in der Nähe des Allzeithochs. Aber die Entwicklung der Stimmung während der vergangenen beiden Wochen lässt nichts Gutes erahnen. Nicht nur, weil nun 71 Prozent der Panelteilnehmer bullish sind. Dreiviertel aller Optimisten sind bereits seit Quartalsbeginn dem DAX gegenüber positiv eingestellt, wahrscheinlich zu wesentlich höheren Einstandspreisen als heute, meist fast 1.000 DAX-Zähler höher. Gut möglich, dass manches Engagement durch sogenanntes Hinzumischen in den fallenden Markt „verbilligt“ wurde. Wir vermuten, dass dieser Teil der Positionen zwischen 23.750 und 23.800 DAX-Punkten seinen durchschnittlichen Einstandspreis erreichen wird und somit dort mit erstem Angebot zu rechnen ist. Gut möglich jedoch, dass diese Engagements angesichts der bevorstehenden Vorweihnachtswochen und dem Jahresultimo mancherorts durchgehalten werden.

Die eigentliche Gefahr besteht nach wie vor an der Unterseite, weil das Bärenlager nun mit 14 Prozent fast so leergefegt wirkt wie vor zwei Wochen und auch von den neutral gestimmten Investoren nicht allzu viele übriggeblieben sind. Anders ausgedrückt: Mit großer heimischer Nachfrage wäre dann wohl nicht mehr zu rechnen, um dem DAX bei einem neuerlichen Abverkauf eine wirkliche Stütze zu sein.

von Joachim Goldberg

26. November 2025, © Goldberg & Goldberg für Deutsche Börse

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Sentiment-Index institutioneller Anleger*innen

Bullish Bearish Neutral
Total 71% 14% 15%
ggü. letzter Erhebung +18% -19% +1%

DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 23.500 Punkte (+360 Punkte zur letzten Erhebung)
Deutsche Börse Sentiment-Index institutionell Anlegende: 57 Punkte (+37 Punkte zur letzten Erhebung)

Sentiment-Index privater Anleger*innen

Bullish Bearish Neutral
Total 57% 25% 18%
ggü. letzter Erhebung +9% -14% +5

DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 23.500 Punkte (+360 Punkte zur letzten Erhebung)
Deutsche Börse Sentiment-Index privat Anlegende: 32 Punkte (+23 Punkte zur letzten Erhebung)

Über den Deutsche Börse Sentiment-Index

Der Deutsche Börse Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.