Kommentar
15:00 Uhr, 19.10.2008

„Margin Call“ für Oligarchen und Hedgefonds!

Am 16. und 17. Oktober wurde im parlamentarischen Schnellverfahren in 5 Tagen das Rettungsprogramm im Volumen von 500 Mrd. € per Gesetz manifestiert, womit Deutschland schon wesentlich weiter und schneller ist als die USA mit dem 700 Mrd. USD Rettungspaket. In Deutschland handelt es sich allerdings überwiegend um Staatsbürgschaften mit einem Volumen von 400 Mrd. €, während die Amerikaner jetzt Ramschanleihen über den Staat aufkaufen wollen. Im „worst case“ würde der Steuerzahler in Deutschland mit 6000 € belastet werden.

Auch andere Länder in Europa und außerhalb von Europa entwickeln jetzt ähnliche Staatsprogramme, um ihr Bankensystem zu retten. Sogar die Schweiz stellte der UBS 3,9 Mrd. € zur Verfügung, damit diese ihren Kreditverpflichtungen nachkommen kann. Jetzt beginnt die spannende Frage, welche Banken in Europa noch Staatskredite in Anspruch nehmen. Einer der ersten Kandidaten soll die ING Bank sein, die 20 Mrd. € von der niederländischen Regierung bekommen soll. Alle Banken, die zuvor kreditfinanziert ein „zu großes Rad gedreht“ haben, werden nun Probleme bekommen und wohlmöglich teilverstaatlicht werden.

Es gibt auch große Sorge, dass nach dem Staatsbankrott von Island auch andere kleine Länder, wo Banken dominieren, den Staatsbankrott anmelden müssen. So kommt jetzt auch die Schweiz ins Gerede, wo bei 7 Mio. Einwohnern ein Bankeinlagenvolumen von 3,5 Billionen SFR aufgebaut werden konnte, wobei das meiste Geld aus dem Ausland kam. In der Schweiz sollen sich angeblich ein Drittel aller Vermögen der Welt befinden.

Amerikanische und russische Geheimdienste ermitteln nun, wie sie an diese Pfründe herankommen können, da die Staatsfinanzen im eigenen Land knapp werden. Alleine aus Russland werden über 100 Mrd. € an nicht versteuertem Fluchtkapital, das in der Schweiz und in Liechtenstein geparkt wird, seitens der russischen Regierung vermutet. Die Schweiz hat nun die UBS mit einem Notkredit von 6 Mrd. SFr vor dem Kollaps gerettet. Aber auch die Credit Suisse steht auf wackligen Beinen. Bei der Credit Suisse musste schon der Staatsfonds von Katar mit einem Kapital von 10 Mrd. SFr aushelfen, was wohl aber nicht ausreicht. Andere Schweizer Banken sollen aber gesund sein. Aus der Schweiz und Liechtenstein wurden umgekehrt erhebliche Gelder aus der Ukraine und Russland abgezogen, was den Crash an den Börsen Kiew und Moskau einleitete bzw. verstärkte. Daher waren die Kursverluste in der Ukraine und Russland in den letzten Monatenn die höchsten auf der Welt. Man darf gespannt sein, wo jetzt das viele Geld hinwandert und wo es wieder reinvestiert wird.

Der UBS laufen in jedem Fall die Großkunden weg. Alleine im 3. Quartal wurden Gelder im Volumen von 84 Mrd. SFr abgezogen. UBS ist aber immer noch der größte Vermögensverwalter der Welt. Trotz hoher Verluste zahlte die UBS ihren Top-Managern 10 Mrd. Franken an Boni wegen „guter Leistungen“ aus. Ein Skandal – ähnlich wie bei AIG und Lehman Brothers In den USA sollen nach den Angaben der britischen Zeitung „The Guardian“ in diesem Jahr noch fast 70 Mrd. USD an Boni im US-Bankensystem ausgezahlt, obwohl die Banken enorme Verluste machen - davon 11,4 Mrd. USD bei Goldmanns Sachs, 6,5 Mrd. USD bei JP Morgan, 3,5 Mrd. USD bei Merrill Lynch uns selbst für Lehman Brothers wurden 6,1 Mrd. USD für Boni reserviert. Wenn die „Pferde jetzt nicht saufen“, wird ein neues Welt-Finanz-System entstehen und wohlmöglich ein Welt-Konjunktur-Programm zur Vermeidung einer Weltwirtschafts-Depression folgen. Schon gleich nach der US-Präsidentschaftswahlen sollen neue Welt-Gipfel mit den Schwelleländern im Boot in den USA stattfinden, um eine Weltwirtschafts-Rezession zu verhindern. Die größte Herausforderung für die USA wird die Bewältigung der kommenden Konsumentenkreditkrise werden,

Die USA will jetzt auch 250 Mrd. USD für die Teilverstaatlichung von Banken zur Verfügung stellen und damit den britischen Weg einschlagen. In Großbritannien wurde drei Großbanken, darunter auch die Royal Bank of Scotland (RBS) teilverstaatlicht. Der Staat hält dort nun 60% an Vorzugsaktien und die RBS erhielt über 60 Mrd. € als Kapitalspritze. Nun drohen auch einigen deutschen Banken die Teilverstaatlichung und damit mehr staatliche Kontrolle. Dabei waren es Deutschland gerade die unter staatlichem Einfluss stehenden Banken wie die Landesbanken und IKB, die Mrd-Verluste und fast eine Insolvenz hinnehmen mussten. Einer der ersten Kandidaten wird wohl die Hypo Real Estate werden und dann werden sich die deutschen Landesbanken (also der Staat!) an dem Staatskreditprogramm beteiligen. Das waren aber auch schon vorher die Pleitekandidaten, die jetzt künstlich am Leben erhalten werden.

Ob alles diese Maßnahmen ausreichen, um nun wieder den seit der Insolvenz von Lehman Brothers ausgetrockneten Interbankenmarkt wieder zu beleben wird, bliebt abzuwarten. Auch die Diskussion um Boni zeigt schon Wirkungen. So verrichtete der Deutsche Bank Chef Josef Ackerman in diesem Jahr auf seine Boni, die 80% seines Gehaltes ausmachen. Er will das Geld verdienten Mitarbeitern zur Verfügung stellen. Ackermann war einer derjenigen „Experten“ (und Berater von Angela Merkel), der die Finanzkrise schon im Frühjahr für beendet erklärte. Ich war schon damals einer ganz anderen Auffassung wie Sie im Newsletter EAST STOCK TRENDS und meinen Kolumnen nachlesen können. Ich hatte rechtzeitig vor einem möglich Crash an den Weltbörsen im September/Oktober schon vor Monaten gewarnt und empfohlen vorsichtshalber auch an den Ostbörsen in Cash zu gehen, was sich im Nachhinein als richtig herausgestellt hatte. Ich glaube nach wie vor, dass die Situation mit dem Rettungsprogrammen noch nicht bereinigt ist und dass die Situation weit schlimmer ist, als die meisten zu erkennen geben. Man denke nur an die Goodwill-Abschreibungen im Volumen von 150 Mrd. € für deutsche Unternehmen, die im nächsten Jahr die Bilanzen belasten werden.

Nun drohen Bankmanagern, die das Geld vom Staat in Anspruch nehmen, Gehälter von nur noch 500.000 € neben einer verstärkten Staatsaufsicht. Die Verstaatlichungswelle im Bankensektor dürfte damit weltweit weitergehen, wobei die Initiatoren auf den Erfolg des schwedischen Modells in den 90-er Jahre hoffen. Damals kamen der Staat und damit der Steuerzahler mit einer schwarzen Null heraus. Wenn es aber zu einer zu starken Beanspruchung der Steuerzahler kommen sollte und die Weltwirtschaft zu stark in die Rezession gleiten sollte, droht sogar eine Währungsreform. Die Bretton Woods-Experten bereiten schon einen Entwurf vor. So gibt es schon jetzt verschieden Konzepte, die de facto auf eine Währungsreform hinauslaufen. In jedem Fall soll der Währungshüter IWF in Zukunft mehr Macht und Kontrollfunktionen bekommen, An den Weltbörsen wurden in der letzten Woche neben dem Rettungsprogramm auch das Thema Rezession in 2008 eingepreist. Bei sehr hoher Volatilität und Kurseinbrüchen von über 7% am Donnerstag schloss die Wall Street am Freitag mit einem Plus von 4% im Wochenverlauf, obwohl die Kurs am Freitag selbst mit 1,41% ins Minus gerieten. Am vergangen Montag kam es nach dem US- und EU-Rettungsprogramm zu einem Kursanstieg im zweistelligen Prozentbereich. Die Nerven bei den Bankmanagern und Anlegern werden auf eine große Belastungsprobe gestellt, da mit den jetzt beschlossenen Rettungsprogrammen der Super-Gau noch nicht gänzlich vermieden ist.

Am Freitag fiel der Dow Jones allerdings unter großen Kurschwankungen um 1,41% auf 8852 Indexpunkte während der DAX mit einem Plus von 3,43 % bei 4781 Indexpunkten schloss. Am Vortag brach der Dow Jones über 7% bzw. 700 Indexpunkte ein, was einen Wertverlust von über 1 Billion USD bedeutet. Noch stärker waren die Kursschwankungen in der letzten Woche an der Moskauer Börse, die sich weiterhin im freien Fall befindet. Der RTS-Index brach am 16.Oktober noch einmal um 6,48% auf 667,62 Indexpunkte. Dabei zählte die Moskauer Börse im Mai mit einem Plus von 5% noch zu den Top-Perfomern unter den Weltbörsen. Im Mai befand sich der RTS noch über 2400 Indexpunkte. Seit Mai fielen die Kurse in Moskau um über 70%! Der Wertverlust betrug damit fast 1 Billion USD Dollar, was fast soviel wie das russische BSP ist. An der NYSE betrug der Kursverlust am 15. Oktober sogar über 1 Billion USD an einem Tag.

Der beiden Hauptgründe für den dramatischen Kursverfall vor allem in den letzten Wochen waren die Halbierung des Ölpreises von über 150 auf nunmehr 72/USD/Barrel und der „Margin Call“ (Nachschusspflicht) für viele Oligarchen und Hedgefonds, die russische Aktien zur Besicherung für Kreditaufnahmen im Mrd-Volumen hergeben haben. Die OPEC will am 24. Oktober nach dem dramatischen Kursverfall des ��lpreises nun um Verminderung der Ölfördermengen um ein Million Barrel pro Tag beraten.

Noch wichtiger für die russischen Aktien sind aber die Margin Calls bei Hedgfonds und russischen Großaktionären. Nachdem die Kurse von besicherten Blue Chips unter die Beleihungsgrenzen fielen, warfen Banken und Hedegfonds ohne Rücksicht auf den Kurs ganze Aktienpakete auf den Markt, was nach und nach den Kursdruck erhöhte. Zudem gab es kaum einen, der den Mut hatte, das Material aufgrund der Unsicherheit im Finanzmarkt aufzunehmen. Auf diese Weise verloren russische Oligarchen in der Summe über 230 Mrd. USD. Einige russische Oligaechen wie Oleg Deripaska gerieten in arge Zahlungsnöte, da der Kauf von Anteilen mit durch Aktien besicherten Krediten erworben wurde.

So erwarb Deripaska bzw. sein Aluminiumkonzern RuSal für einen 25%gen Anteil an Norilsk Nickel einen Kredit in Höhe von 4,6 Mrd. USD. Ebenso benötigte die Alfa Group (Altimo) ein Kredit von 2 Mrd. USD von der Deutschen Bank AG, um den Anteil an dem Mobilfunkunternehmen Vimpel Com auf 44% zu erhöhen. Nun haben die Kreditgeber das Recht, die Aktien über den Markt zu verkaufen, falls die Differenz bis zur Beleihungsgrenze nicht in Cash bezahlt wird. Aber auch Oligarchen haben in der Regel nicht einige Mrd. USD flüssig auf dem Konto. Daher musste Deripaska notgedrungen schon seinen Anteil, an dem Automobilzulieferer Magna verkaufen. Den Anteil Strabag SE soll er aber noch haben.

Vor einigen Wochen kündigten russische Oligarchen bzw das Management der jeweiligen Untenehmen großangelegte Aktienrückkaufprogramme an, um den Kurssturz aufzuhalten. Nachdem die Aktien aber um weiter 20-30% im Oktober einbrachen, wurden die Aktienrückkaufprogramme aber nach und nach rückgängig gemacht, weil die Aktienkurse jetzt weit tiefer sind als bei Bekanntgabe vor einigen Wochen. So will der Großaktionär Prohkororv auch gegen das Aktienrückkaufprogramm von Norislk Nickel klagen, da bei Durchführung des Aktienrückkaufprogramms im Volumen von 2 Mrd. USD Insolvenzgefahr besteht. Norilsk Nickel hat den Aktionären angeboten, Aktien zum Kurs von 616 Rubel bzw. 17,6 € pro ADR zurückzukaufen, wobei der Aktienkurs zur Zeit bei 5,4 € liegt.

Der Oligarch Prokhorov beteiligte sich zuvor mit 500 Mio. USD an dem größten russischen Invstmentbank Renaissance Capital. Vor 6 Monaten wurde der Wert dieses 50%-igen Anteils noch auf 5 Mrd. USD geschätzt. Ich vermute, dass nun das große Broker- und Bankensterben in Russland beginnt. Um eine „Bankenrun“ zu vermeiden, wird wohl die Sberbank und die VTB Bank eine Reihe von Banken und Brokern übernehmen, wobei der wahre Gewinner des Verteilungskampfes der Kreml sein wird. Der Staat holt sich damit das sehr günstig zurück, was unter der Jelzin-Zeit unkontrolliert unter Oligarchen aufgeteilt wurde.

Zudem will der Präsident Medwedew Untersuchungen zur Korruptionsbekämpfung einleiten und dabei feststellen, wie russische Beamte zu Traumvillen in Südfrankreich und Südspanien gekommen sind. Die Säuberungs- und Konsolidierungswelle könnte zwischenzeitlich zu weiteren Irritationen am Aktienmarkt führen, ist mittelfristig aber zu begrüßen. Die meisten der über 1000 Banken sind aufgrund der zu geringen Eigenkapitalausstattung ohnehin nicht nach westlichen Maßstäben überlebensfähig und die Milliarden aus dem Ölsektor versiegen allmählich.

Schon jetzt gibt es ein ganze Reihe von unterbewerteten russischen Aktien, die aber erst dann wieder nachhaltig steigen werden, wenn die „Margin Calls“ für Oligarchen und Hedgefonds aufhören und zudem die Weltbörsen die wahrscheinliche Rezession in 2009 eingepreist haben und nicht weiter so dramatisch fallen wie in den letzten beiden Monaten. Das Erholungspotential ist bei einem KGV von 3-4 enorm, wobei jetzt KGV nicht mehr die Bedeutung wie zuvor haben. Wichtiger ist der Verschuldungsrad und die Cash Flow-Situation des Unternehmens. Zudem sollte der Analyst und Anleger jetzt darauf achten, welche Aktienpakte von Großaktionären zu welchen Konditionen besichert sind. Die Transparenz ist darüber sehr gering. Daher handelt es sich auch bei Aktienkäufen im Moment noch um eine unkalkulierbare „Black Box“. Auch ist noch nicht klar, welche Folgewirkungen die Finanzkrise auf die Realwirtschaft haben wird. Hierauf sollten Anleger und Analysten jetzt den Blick werfen, um nicht wieder auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. Wer zu früh versucht, dass fallende Messer aufzufangen, schneidet sich in den Finger. Wenn der Dow Jones unter 8500 Index fallen sollte, werden auch die anderen Weltbörsen die Talfahrt fortsetzten. Bei unter 8000 Indexpunkten droht sogar eine weitere Tsunami-Welle. Beim DAX muss zunächst die 4500-er Marke halten. Unter 4300 Indexpunkte dürfte es auch beim DAX eine weitere Tsunami-Welle geben. Es ist also noch unklar, ob das schon die letzte Kapitulationsphase war oder ob wir diese noch vor uns haben. Es wird jetzt zunächst alles davon abhängen, ob und wann die „Pferde saufen“ wollen. Daher bleibt Cash King!

Mutige Anleger gehen dennoch mit 10-20% des Geldes schon jetzt im Trading-Bereich auf „Schnäppchenjagd“ und daher mit gestaffelten Abstauberlimits in den Markt und eifern Warren Buffet nach, dessen Leitspruch ist: „Verkaufe, wenn die Gier überwiegt und werde gierig, wenn die Angst überwiegt!“ Daher ist mein Motto auch bei meinem Ostbörsen-Seminar „Go East“ am 12. November 2008 um 17.30 Uhr in Frankfurt M. „In der Krise liegt die Chance“. Bis dahin dürfte aber noch einiges passieren. Welche Aktien Sie jetzt kaufen oder verkaufen sollen, können Sie der täglich aktualisierten Ostbörsen-Hotline 09001-8614001 (1,86 €/Min.) entnehmen.

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