Kommentar
12:46 Uhr, 26.02.2013

Mamma mia - bitte nicht!

Die italienische Hälfte in mir ist gerade mal wieder zutiefst beschämt. Kaum ist in der Eurokrise ansatzweise so etwas wie Ruhe eingekehrt, kommt es in Italien zu einem absolut irritierenden Wahlergebnis. Wie konnten ein offensichtlicher Krimineller (Silvio Berlusconi) und ein Komiker ohne politische Inhalte (Beppe Grillo) gemeinsam über die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigen? Sind die Italiener kollektiv wahnsinnig geworden? Musste Berlusconi nicht Mario Monti Platz machen, weil das Land kurz vor der Pleite stand? Rechtfertigt Politikverdrossenheit eine derartige Gaga-Wahl?

Die derzeitige Patt-Situation – im Abgeordnetenhaus hat das Linksbündnis die Mehrheit, aber über den Senat kann Berlusconi blockieren – verlangt eigentlich nach sofortigen Neuwahlen. Oder soll man darauf setzen, dass der Medienzar, der zuletzt wieder mit außerordentlich spaßigen Bemerkungen im Rampenlicht stand („Ich umgebe mich lieber mit schönen jungen Frauen als alten, stinkenden Männern“) die Interessen des Volkes über seine eigenen stellt?
Andererseits kann man auch nicht so lange Neuwahlen veranstalten, bis das gewünschte Ergebnis herauskommt. Wenn die Italiener von Kasperles regiert werden wollen, ist das leider auch ihr gutes Recht.

Der Rest Europas und vor allem Deutschland und Frankreich sollten aber sehr klar machen, was sie davon halten. Sowohl Berlusconi als auch Grillo kokettieren öffentlich mit einem Austritt aus der Währungsunion. Dann könnte Italien wieder so herumwursteln wie die vielen Jahrzehnte vor dem Euro und ständig die eigene Währung abwerten. Kurzfristig hilft das zwar immer; letztlich handelt es sich aber nur um eine chronische Flucht vor zwingend notwendigen Maßnahmen, um die eigene Produktivität zu erhöhen und so die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. auszubauen.

Die Italiener wären gut beraten, den harten Weg der Reformen zu wählen. Für Grillos und Berlusconis ist kein Platz in einem Staat der Eurozone.

Ihr
Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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